Bottrop/Wuppertal. Mit dutzenden Männern hat ein 22-Jähriger eine Familie in Bottrop überfallen. Hintergrund ist eine islamische Hochzeit mit einer 16-Jährigen.
Nach einem Überfall auf eine Familie in Bottrop-Boy muss sich ein 22 Jahre alter Angeklagter vor dem Amtsgericht Wuppertal verantworten. Er soll am Abend des 21. August 2020 mit einer Kolonne aus acht Fahrzeugen voller Unterstützender auf der Horster Straße vor dem Haus seiner Gegner vorgefahren sein. Die Gruppe – größtenteils Deutsche mit arabischem Migrationshintergrund – habe Scheiben eingeworfen; es folgte eine Schlägerei, bei der mindestens ein Geschädigter aus Bottrop verletzt wurde, der im Krankenhaus versorgt werden musste.
Hintergrund sollen Spannungen um eine Beziehung des Angeklagten zu einer damals 16-Jährigen aus der Familie der Angegriffenen gewesen sein: Er habe eine Ehe mit ihr führen wollen. Ihr Vater sei dagegen gewesen, wegen ihres Alters.
Überfall auf Bottroper Familie: Alle Beteiligten sind verwandt
Als erste die Polizei gerufen hatte die Betreiberin eines Ladens im Erdgeschoss des betroffenen Hauses: „Ich hab einen Knall gehört und bin gucken gegangen, ob etwas gegen das Schaufenster geflogen war.“ Das Ergebnis: Ein Bügeleisen lag auf dem Gehsteig, anscheinend heruntergeworfen aus einer Wohnung oberhalb. Vor dem Haus stand eine aufgebrachte Gruppe, Gegenstände seien sowohl von oben wie von unten geworfen worden. Die Personen mit den auswärtigen Autos sei „aggressiver“ aufgetreten als ihre Gegner.
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Die Verhandlung führt ein Jugendrichter in Wuppertal, weil der Angeklagte dort lebt und zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt war. Nach derzeitigem Stand sind alle Beteiligten weitläufig verwandt, viele sind Cousins. Die Anklage geht davon aus, dass ein Onkel des 16-Jährigen und weitere Angehörige vor das Haus gingen, und direkt angegriffen wurden. Dabei soll der Angeklagte mit einem Hockey-Schläger und einem Schlagring zugeschlagen haben, auch als der Verletzte schon auf dem Boden lag.
„Da waren 70 Mann und alle bewaffnet“
Dieser Version widersprach der Angeklagte: „Wir waren da, aber es ist nicht so passiert.“ Vielmehr habe ihn ein Gegner mit einem Messer angegriffen: „Der war schon fast an meinem Ohr. Ich habe einmal zugeschlagen.“ Dem gegenüber berichtete ein älterer Bruder der 16-Jährigen: „Das waren 70 Mann und alle bewaffnet! Wir haben gerufen: Was soll das? Wir sind hier nicht in Syrien oder im Libanon!“
Die Angreifer hätten Beleidigungen gerufen. Seine Aussage gab er stehend ab mit Wut in der Stimme. Er zeigte auf den Angeklagten und rief: „Er hat unsere Wohnungstür eingetreten!“ Der Angeklagte habe auch zugeschlagen, als der Onkel am Boden lag. Zwölf Angreifer seien in dieser Situation dabei gewesen. Der Verletzte wird später als Zeuge aussagen.
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Der Bruder fügte hinzu: Der Grund für alles sei „nichts“ gewesen – „Familienchaos“. Der Angeklagte habe die Schwester früher im selben Jahr zu sich geholt. Es habe eine heimliche „islamische Hochzeit“ ohne die Familie gegeben. Später hätten ältere Angehörige die Verbindung akzeptiert, weil sich das Paar geliebt habe.
16-jährige Bottroperin sei von Angeklagtem geschlagen worden
Dann seien neue Spannungen entstanden: Die 16-Jährige habe über Schläge durch den Angeklagten geklagt. Sie sei vorübergehend wieder zu ihren Eltern gegangen; dann aber zu ihm zurückgekehrt. Dass der Streit um Geldzahlung zum Ausgleich gegangen sein könnte, leuchtet einmal kurz auf, wird aber von den Zeugen verneint: „Brautgeld ist bei uns Tradition, aber er musste nichts bezahlen.“
Der Angeklagte sagte, der Auftritt in der Boy sei Vergeltung gewesen für einen Angriff der Bottroper Gruppe vom Morgen des selben Tages: „Mein Vater wurde in seiner Wohnung geschlagen.“
Zur Fortsetzung der Verhandlung am 16. Dezember hat das Gericht weitere Zeugen vorgesehen. Bis dahin sollen Handy-Videos der Beteiligten vorliegen, die die Polizei sichergestellt hat.