Bottrop-Kirchhellen. Im neuen Buch des Heimatvereins geht es um die Geschichte des Flugplatzes Schwarze Heide im Zweiten Weltkrieg. Spannende Fotos und Zeitzeugnisse.

Der Flugplatz Schwarze Heide in den Kriegswirren: Darum dreht es sich im neuen Band der Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen. Autor Hans-Josef Lehrich setzt sich darin schwerpunktmäßig mit der Entstehung und Geschichte der Anlage als militärisch genutztem Feldflugplatz auseinander. Damit reiht sich Band 53 zugleich in eine lange Liste von Werken ein, in denen die Historie ganz unterschiedlicher Orte und Gebäude in Kirchhellen aufgearbeitet und erzählt wird.

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Die Reihe selbst hat schon ein stolze Geschichte, geht sie doch auf den Anfang der 1970er Jahre zurück. Seither erscheinen regelmäßig Ausgaben zur Ortsgeschichte, die durch den Heimatverein in Auftrag gegeben und von dessen Mitgliedern verfasst werden. Sind es zunächst nur Hefte mit ein paar dutzend Seiten, so erscheinen heute oft über 200 Seiten starke Sachbücher. Hans-Josef Lehrich schreibt für den Verein bereits sein zweites Buch in Eigenregie. Zuvor behandelt der 67-Jährige bereits in Band 49 die Geschichte verunglückter Kampfflugzeuge im Raum Kirchhellen während des Zweiten Weltkrieges. Er weiß auch: „Es gibt immer weniger Zeitzeugen, die den Krieg als Jugendliche oder Soldaten miterlebten. Trotzdem gibt es auch lange nach Kriegsende noch Geschehnisse, die nicht oder kaum bekannt sind“, so Lehrich im Vorwort des neuen Bandes.

Facharbeit des Sohnes macht den Autor auf das Thema aufmerksam

Inspiriert wird der Handwerker, der sich intensiv mit Kirchhellens Geschichte auseinandersetzt, durch seinen Sohn, der bereits in der Schule eine Facharbeit zu dem Thema verfasst. Der Amateurhistoriker erkennt das Potenzial der Geschichte und trifft während der Recherche auf Gleichgesinnte, wodurch die Arbeitslast sinkt und die Motivation steigt. „Auch meine Tante, die in jungen Jahren ihren Dienst bei einer Luftnachrichteneinheit auf dem Flugplatz leistete, erleichterte mir den thematischen Einstieg“, so Lehrich. Seit über 20 Jahren forscht er mit wechselnder Intensität zu dem Thema. „Wir haben so viele Informationen zusammengetragen, die nun in Buchform veröffentlicht wurden und es kommen immer noch neue Erkenntnisse dazu. Darum forschen wir weiter“, schreibt er im Vorwort.

Quellen aus der ganzen Welt helfen bei der Aufarbeitung des Themas

Mit drei Kollegen aus Dorsten, Dinslaken und Klosterhardt meistert Lehrich dann auch den mühsamsten Teil der Recherche: Das Auffinden, Zusammentragen und Ersteigern der vielen Fotos und originalen Dokumenten. „Wir arbeiteten mit Archiven auf der ganzen Welt zusammen. Manches fanden wir in regionalen Beständen und Privatbesitz der Anwohner. Der Großteil der Bilder stammt allerdings aus staatlichen Archiven der europäischen Alliierten, die nach der Niederlage des NS-Regimes viele Unterlagen beschlagnahmten. Doch auch aus der Library of Congress mit Sitz in Washington erhielten wir das Fotoalbum des Flugplatzkommandanten von 1944“, sagt Lehrich. Diese zeit- und kostenintensive Arbeit - bis zu 50 Euro pro Bild - verleiht dem Buch anschauliche Lebendigkeit. Durch Momentaufnahmen aus dem Alltag, die die Hälfte des Platzes füllen, wirkt diese Phase der Geschichte des Flugplatzes nahbarer aber auch unwirklicher zugleich.

Auf Ackerland entstand ein Militärflugplatz

Auf dem Gebiet des Flugplatzes Schwarze Heide befindet sich noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Moor. Nach der Trockenlegung, um neues Ackerland zu erschließen, wird es durch das Naziregime zum Flugplatz umfunktioniert. Anfangs zur Segelflugausbildung genutzt, werden zu Kriegsbeginn auch Fliegerstaffeln auf dem Flugplatz stationiert und das Gelände mit Flaktürmen und sogenannten Splitterboxen - kleinen Erdwällen, in denen Flugzeuge geparkt und mit Planen versteckt werden - gegen Luftangriffe gewappnet. Von dort aus werden Angriffe gen Westen geflogen und die Alliierten nach der Landung in der Normandie bekämpft. Mit zunehmendem Gebietsverlust gibt man den Standort auf. Nach Kriegsende befreien deutsche Freiwillige unter Aufsicht den Flugplatz von Sprengmitteln und Munition. Dabei kommen neun Menschen durch eine detonierte Mine um.

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Das Buch zeigt eindrucksvoll, wie sehr die Nationalsozialisten bis in die letzten Winkel einer jeden Region vorgedrungen sind. So hat auch ein Flugplatz, der heute ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Luftfahrtbegeisterte bildet, bekannt für seine Kunstflieger und berühmten Autorennevents, einen Teil in der eigenen Vergangenheit, der es wert ist, genauer betrachtet zu werden. Wie ein Mahnmal wirken die Überreste der Fundamente alter Wehranlagen und Bunker, und doch bildeten sie später die Grundlage für die zivile Nutzung der Anlage.

Gemeinschftsbild vor einer Messerschmidt-Maschine in Kirchhellen. Vorn auf dem Tank: Hans Hoffmann, bis 23. März 1945 Flugzeugwart in Kirchhellen. Er geriet später in Münster in Gefangenschaft.
Gemeinschftsbild vor einer Messerschmidt-Maschine in Kirchhellen. Vorn auf dem Tank: Hans Hoffmann, bis 23. März 1945 Flugzeugwart in Kirchhellen. Er geriet später in Münster in Gefangenschaft. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Finanziert wird die „Schriftreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen“ übrigens durch die Mitgliedsbeiträge. „Unsere Mitglieder unterstützen den Heimatverein mit 15 Euro im Jahr, besonders dankbar sind wir aber auch unseren vielen regionalen Sponsoren, ohne die wir nicht weiter bestehen könnten und die es uns ermöglichen, neben der Buchreihe auch eine Vielzahl an Veranstaltungen zu realisieren“, sagt sagt Peter Pawliczek, erster Vorsitzender des Heimatvereins.

Infos und Preis

„Der Flugplatz Schwarze Heide im 2. Weltkrieg“ -so der Titel des 53. Bandes der Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen.

Erhältlich ist der neue Band u.a. in der Humboldt-Buchhandlung aber auch direkt beim Heimatverein zum Preis von 15 Euro.

Wer dem Verein aber direkt beitritt, bekommt das 228 Seiten umfassende Buch als Willkommensgabe geschenkt. Info: heimatverein-kirchhellen.de.