Bottrop-Kirchhellen. Der Einzelhandel steckt gerade in der Krise. Fachkräftemangel und hohe Energiekosten zwingen auch große Ketten zu kürzeren Öffnungszeiten.
Ein Phänomen, das durchaus aus der Gastronomie bekannt ist, trifft nun auch den Einzelhandel. Es ist ein wiederkehrendes Bild in der Kirchhellener Innenstadt: Aushänge an vielen Schaufenstern und Eingangstüren informieren die Kundschaft über geänderte - meistens verkürzte - Öffnungszeiten. Es werden Mitarbeiter gesucht und freie Stellen beworben. Oder aufgrund von fehlendem Personal und erhöhten Betriebskosten gleich ganze Filialen zeitweise geschlossen. Einige Betriebe sehen so aber auch eine Möglichkeit, sich neu aufzustellen.
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Die Gründe für die geänderten Zeiten sind je nach Geschäft und Branche unterschiedlich. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen klagt über fehlendes Personal. Der Betreiber eines Fotogeschäftes öffnet pro Woche zwölf Stunden weniger, da ihm mindestens eine Aushilfe fehle. „Ohne einen Mitarbeiter, der mich im Geschäft vertritt, muss ich durchgehend anwesend sein. Dadurch kann Ich Verwaltungsaufgaben erst nach Ladenschluss oder an Ruhetagen erledigen, wenn eigentlich Freizeit und Familie anstehen“, so der Inhaber.
Generell sei es für den Einzelhandel schwer Mitarbeiter zu finden. Das Problem verschärfe sich seit einigen Jahren. Trotz starker online Präsens sei die Sichtbarkeit gegenüber großen Ketten ein Problem. Wer einen Job sucht, schaut erst bei bekannten Marktgrößen, weniger beim lokalen Einzelhandel.
Für Bottrops Bäckereien steigen die Kosten enorm an
Auch die Bäckerei Sporkmann mit zwei Niederlassungen in Kirchhellen ändert die Verkaufszeiten, sucht neue Mitarbeiter und lässt die Filiale an der Hauptstraße sonntags geschlossen. „Grund ist die nur wenige Meter entfernte Schwesterfiliale, die auch sonntags für die Kunden bereitsteht. So eröffnet sich für uns ein großes Potenzial Energie zu sparen. Insgesamt ändert sich also nur die Straßenseite“, so Stefanie Sporkmann.
Auch die Bäckerei Kläsener leidet unter den aktuellen Energiepreisen: Am Eingang der Filiale „Backstubenlädchen“ auf der Hauptstraße informiert ein Schreiben die Kunden, dass diese vorübergehend ganz geschlossen bleibt, um Energie und Ressourcen zu sparen. Die beiden großen Filialen in Kirchhellen bleiben weiter geöffnet. „Wir möchten diesen Weg einschlagen, um unsere Backwaren weiterhin zu einem Preis anzubieten, den alle sich leisten können und wollen“, heißt es auf dem Schreiben. Der Familienbetrieb gehe diesen Schritt, da „die derzeitigen Kostenexplosionen im Bereich Energie und Rohstoffe uns zu jeglicher Ressourcenschonung zwingen“.
Auch Supermärkte suchen dringend Fachkräfte
Kik sucht ebenfalls Aushilfen, die das Team verstärken. „Die Gefahr durch verkürzte Öffnungszeiten aufgrund fehlender Mitarbeiter ist nicht gegeben. Trotzdem sollte das Team langfristig verstärkt werden“, so eine Mitarbeiterin.
Ähnliches erlebt auch Rewe Gödecke: Die Servicetheke für Fleisch und Käse schließt nun schon vor Ladenschluss. „Leider sehen wir uns aufgrund von Fachkräftemangel, hohen Krankenständen sowie der stark gestiegenen Energiepreise dazu gezwungen, die Zeiten dort an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen“, schreibt das Unternehmen auf einem Aushang. Die Öffnungszeiten des gesamten Supermarktes anzupassen, stehe allerdings nicht zur Debatte. Auch hier werden am Eingang noch zu vergebene Stellen beworben.
Der Einzelhandel befindet sich offensichtlich im Wandel
Eine Ausnahme bildet allerdings die Rewe-Filiale an der Rentforter Straße, die im Gegensatz zur Konkurrenz sogar drei Stunden länger - von sieben Uhr morgens bis Mitternacht - geöffnet hat. „Eine Angleichung oder Verkürzung der Öffnungszeiten zur Energieeinsparung oder aufgrund von Fachkräftemangel wird bei REWE nicht erwogen“, so Rewe-Sprecher Thomas Bonrath.
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Auch Peter Ostendorf passte die Öffnungszeiten seines Elektronikfachhandels an. Eine halbe Stunde früher schließt er unter der Woche seinen Laden und verzichtet während der Sommerferien darauf, nachmittags zu öffnen. Für Ihn sind weniger aktuelle Unterhaltskosten oder fehlende Mitarbeiter ein Problem. „Es ist schwierig als Einzelhandel in der Elektronikbranche mit den großen Ketten und erst recht dem Online- und Versandhandel mitzuhalten. Wir verfügen nicht über vergleichbare Lagerkapazitäten oder ein so vielfältiges Sortiment. Die Branche verändert sich stetig und jeder muss auf sich seine Weise anpassen“, so Ostendorf.
Manche setzen auf Stammkunden und Hausservice
Da die Laufkundschaft nicht mehr Hauptzielgruppe sei, und viele seiner Kunden bereits in Rente, und damit zeitlich flexibel, seien, könne er sich durch die kürzeren Öffnungszeiten dem persönlichen Service widmen. „Wir konzentrieren uns auf unsere ältere Kundschaft, die viel Wert auf eine persönliche Beratung legt. Wir machen auch Hausbesuche, um die verkauften Geräte zu installieren und es so Menschen ermöglichen, auch ohne eigene Expertise, unsere Produkte reibungslos nutzen zu können.“