Bottrop. Ein Feuerwehrmann ist dabei, als in Bottrop die Leiche einer Sechsjährigen gefunden wird. Was er gesehen hat, hat tiefe Spuren hinterlassen.

Diese Aussage ging unter die Haut: Im Prozess um den gewaltsamen Tod der kleinen Emma aus Kirchhellen hat am Donnerstag ein Feuerwehrmann ausgesagt. Im Saal war es mucksmäuschenstill. „Kind in Lebensgefahr“: Das war die Nachricht, die am 28. Januar über Funk kam. Der Rettungssanitäter gehörte zu den Ersten, die am Tatort waren. Was er gesehen hat, wird er wohl nie vergessen.

Die Wohnungstür hatte mit Gewalt geöffnet werden müssen, dann waren auch schon die ersten Blutstropfen auf dem Boden zu sehen. Vor der Schlafzimmertür lag Emmas Mutter – nackt, mit Ritzverletzungen am linken Handgelenk. „Sie war verwirrt“, sagte der Hauptbrandmeister den Richtern am Essener Landgericht. „Als wenn sie irgendetwas eingenommen hat.“

Feuerwehrmann bei getöteter Emma: Für die Sechsjährige gab es keine Hilfe mehr

Im Schlafzimmer dann das Unfassbare: „Ich stand vor dem Bett, auf dem das kleine Mädchen gelegen hat“, so der 45-Jährige. Dann versagt ihm die Stimme. „Dieses Bild...“ Zweimal muss er ansetzen, um weiterreden zu können. „Das kleine Mädchen auf dem Bett. Blutüberströmt. In einer Blutlache. Im Arm das Schmusekätzchen.“

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Ein Polizist, der damals mit dabei war, hatte sofort nach dem Notarzt gerufen. Doch für die Sechsjährige gab es keine Hilfe mehr. „Die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt“, so der Feuerwehrmann. „Wir haben uns deshalb erstmal um die Mutter gekümmert.“ Doch das war offenbar gar nicht so einfach. „Sie hat mehrfach versucht, nach uns zu schlagen.“

46-Jährige hat gestanden, ihre Tochter umgebracht zu haben

Mit vereinten Kräften habe man die 46-Jährige schließlich in ein Tragetuch gezogen und anschließend auf einer Bahre in den Rettungswagen gebracht. Die Arme der Angeklagten mussten dabei mit Anschnallgurten fixiert werden. Darüber hatte sich Emmas Mutter sogar noch beschwert. „Sie wollte unsere Namen wissen“, sagte der Rettungssanitäter bei seiner Zeugenvernehmung.

Die 46-Jährige hat bereits gestanden, dass sie ihre Tochter in der Nacht auf den 28. Januar getötet hat. Was genau passiert ist, will sie allerdings nicht mehr wissen. In einer von Verteidiger Siegmund Benecken am Mittwoch verlesenen Erklärung war nur von Erinnerungsinseln die Rede.

Wörtlich hieß es: „Ich stehe vor dem Schlafzimmer, die Tür ist auf, im Korridor ist Licht an und im Schlafzimmer aus. Ich glaube, ich hatte ein Küchenmesser in der Hand. Ich schaue auf Emma, die anscheinend schlafend im Schlafzimmer, halb mit Decke zugedeckt, auf dem Rücken zu mir im Bett liegt.“

Mutter von Emma: „Das Wasser ist voller Blut und kalt“

Und weiter: „Die nächste Erinnerung ist, dass ich in der Badewanne liege, Emma liegt seitlich, auch leblos. Das Wasser ist voller Blut und kalt. Ich versuche, mit dem Messer am Handgelenk meine Pulsadern aufzuschneiden.“

Hintergrund der Tat soll ein erbitterter Sorgerechtsstreit gewesen sein. Am selben Tag hatte das Familienrecht Emmas Vater ein leicht erweitertes Umgangsrecht zugesprochen. Damit kam die Angeklagte offenbar nicht klar. „Ich fühlte mich vollkommen ohnmächtig und hilflos“, heißt es in ihrer Erklärung.

Nach dem Gerichtstermin sei sie auf einen Parkplatz gefahren, habe geschrien und geweint. Doch auch das habe nicht geholfen. Genauso wenig wie die angeblich massenhaft eingenommenen Psychopharmaka. Schon in den Tagen zuvor will die unter Depressionen leidende Angeklagte die therapeutische Dosierung immer wieder überschritten haben. Außerdem habe sie Alkohol getrunken. „Ich hatte das Gefühl, sonst mit der Situation nicht mehr umgehen zu können.“

Mutter von Emma hatte Jahreskarte für den Zoo gekauft

Ihre Tochter umzubringen, sei allerdings nie eine Option gewesen. „Ich hatte Fantasien, mit Emma ins Ausland zu flüchten“, so die 46-Jährige. Doch auch das habe sie immer wieder verworfen. Sie und ihre Tochter hätten sich nach der Trennung von ihrem Mann ein neues Leben aufgebaut. Man hatte angeblich sogar schon eine Jahreskarte für den Zoo in Gelsenkirchen gekauft. „Wir hatten einen schönen Schrebergarten, Kaninchen, zwei Pflegponys.“ Außerdem habe eine Mutter-Kind-Kur bevorgestanden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte zunächst versucht hat, ihre Tochter in der Badewanne zu ertränken und ihr dann mit einem Messer tief in den Hals geschnitten hat. Die Anklage lautet auf Mord. Der Prozess wird fortgesetzt.