Bottrop. Gegen die Stadt Bottrop gibt es Vorwürfe, Aufträge nicht ordnungsgemäß vergeben zu haben. Die Sonderprüfung kommt zu einem anderen Schluss.

Hat die Stadt Bottrop Aufträge an die Agentur Lauter Kommunikation vergeben, weil ihr Geschäftsführer mit der Abteilungsleiterin der Wirtschaftsförderung verheiratet ist? Diesen Vorwurf hat zuerst David Schraven, Geschäftsführer des Recherche-Büros Correctiv und Mitglied der IG Marktviertel, in seinem Newsletter geäußert. Oberbürgermeister Bernd Tischler hat eine Sonderprüfung der Auftragsvergaben angeordnet – das Rechnungsprüfungsamt und die Wirtschaftsförderung weisen die Anschuldigung deutlich zurück.

Es geht um 177.069,88 Euro, die die Stadt seit 2015 für Dienstleistungen der Agentur Lauter Kommunikation gezahlt hat. Geschäftsführer der Bottroper Firma ist Markus Lauter, der verheiratet ist mit der Abteilungsleiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung und Standortmanagement.

Auftragsvergabe wegen Seilschaft? Stadt Bottrop widerspricht deutlich

Sie arbeitet seit 2014 bei der Stadt Bottrop, zunächst bei der Innovation City, ab 2016 bei der Koordinierungsstelle Integrierte Stadtentwicklung (KIS), seit 2019 ist sie Abteilungsleiterin bei der Wirtschaftsförderung. In dem Jahr hat die Stadt für acht Aufträge gut 79.000 Euro an Lauter Kommunikation gezahlt – ein Großteil für Dienstleistungen für die Wirtschaftsförderung, knapp 6000 Euro für den Fachbereich Umwelt und Grün.

Der Vorwurf, der im Raum steht, ist, dass die Auftragsvergabe an die Agentur begünstigt worden sein soll durch die Tatsache, dass die Abteilungsleiterin und Markus Lauter verheiratet sind. Dem widerspricht die Stadt deutlich.

„Wir arbeiten seit Anfang der 2000er Jahre regelmäßig mit Lauter Kommunikation zusammen“, sagt Sabine Wißmann, Amtsleiterin der Wirtschaftsförderung. Also seit einem Zeitpunkt, als die Abteilungsleiterin noch nicht bei der Stadt arbeitete und – auf privater Seite – die Lauters noch kein Paar waren.

Größter Auftrag an Lauter Kommunikation über 45.000 Euro

Je nach Auftragswert bedarf es unterschiedlicher Verfahren, um einen Dienstleister auszuwählen. Ob weitere Angebote telefonisch, online oder schriftlich eingeholt werden müssen, hängt davon ab, welches finanzielle Volumen der Auftrag hat.

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Die meisten Aufträge, die an Lauter Kommunikation gingen, liegen im niedrigen bis mittleren vierstelligen Bereich. Der größte – Werbemaßnahmen für das Projekt Fun-City Bottrop – über knapp 45.000 Euro wurde laut Informationen der Stadt in einem förmlichen Vergabeverfahren über die zentrale Vergabestelle der Stadt über einen längeren Zeitraum vergeben. Er war zunächst auf knapp 50.000 Euro angesetzt gewesen, musste wegen der Pandemie aber geändert werden.

Alle Aufträge werden vom Rechnungsprüfungsamt – und bei größerem Volumen von der Zentralen Vergabestelle – auf die Einhaltung der Vergaberichtlinien überprüft, stellt dessen Leiterin Karina Reetz klar. Das Rechnungsprüfungsamt ist ein nicht weisungsgebundener Amtsbereich. „Es wird immer das Vier-Augen-Prinzip gewahrt“, so Reetz. „Kein Auftrag kann von einer Person alleine vergeben werden.“

Vergabe von städtischen Aufträgen: 50 Prozent Preis, 50 Prozent Qualität

Grundsätzlich würde zu 50 Prozent nach dem Preis, zu 50 Prozent nach der Qualität entschieden, wer den Zuschlag bekommt. Zweiteres würde durch eine Bewertungsmatrix überprüft. „Es gibt immer mehrere, die die Kriterien bewerten“, sagt Oberbürgermeister Bernd Tischler. Er hatte nach der Berichterstattung von David Schraven sowie nach Aufforderung aus der Politik eine Sonderprüfung der Vergabeverfahren angeordnet.

Die Abteilungsleiterin der Wirtschaftsförderung sei an keiner Vergabe beteiligt gewesen, habe auch nicht Aufträge anderer Bewerber einsehen können, um ihrem Ehemann somit womöglich Hinweise zu geben, das Angebot seiner Agentur im Vergleich wirtschaftlicher zu gestalten.

Mitte 2019 ist sie zwar Abteilungsleiterin der Wirtschaftsförderung geworden. Die Vergabe der höhersummigen Aufträge sei aber bereits vorher gelaufen – „solche Verfahren sind langwierig“, sagt Sabine Wißmann. Nachdem sie in ihr Amt gewechselt ist, sei klar gewesen, „dass wir keine neuen Aufträge an die Agentur vergeben werden“.

1,26 Millionen für Öffentlichkeitsarbeit in drei Jahren

Allerdings: Im Jahr 2020 zahlte die Stadt 8746,50 Euro für eine Dienstleistung der Agentur für das Wirtschaftsförderungsamt – für die Neuausrichtung der Internet-Plattform „Hallo-Bot“, ein Projekt, das schon 2019 in Auftrag gegeben worden, aber nicht wie geplant umgesetzt worden sei und erst 2020 abgerechnet wurde.

Aus den Recherchen des Rechnungsprüfungsamtes geht hervor, dass die Stadt Bottrop über alle Ämter hinweg in den Jahren 2019, 2020 und 2021 rund 1,26 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung ausgegeben hat – dabei fehlen noch die Angaben des Kulturamtes, das seine Kalkulationen noch nicht abgeschlossen haben. An die Agentur Lauter flossen 177.069,88 Euro seit 2015. Bis zum Rechnungsprüfungsausschuss im August soll die Sonderprüfung des Amtes abgeschlossen sein und der Politik vorgelegt werden.