Bottrop. Krankenkassen stehen vor Problemen. Wegen des Chipmangels fehlen neue Karten. Was das für die Versicherten beim nächsten Arztbesuch bedeutet.
Versicherte, deren Krankenkassenkarte in nächster Zeit abläuft, müssen sich darauf einstellen, Post von ihrer Krankenkasse zu bekommen. Klingt soweit normal? Richtig, nur der Inhalt dürfte überraschen. Denn nicht immer wird sich eine neue Karte in dem Brief befinden. Diese Erfahrung hat jetzt eine Bottroperin gemacht und sich an die Lokalredaktion gewandt. Denn statt der neuen Karte erhielt sie lediglich ein Schreiben der AOK, wonach sich die Ausstellung verzögert. Dazu eine Ersatzbescheinigung zur Vorlage beim Arzt.
Tatsächlich hat die AOK im Moment Schwierigkeiten, neue Karten auszugeben. Das bestätigt die AOK-Nordwest auf Nachfrage. Gleichzeitig stellt Sprecher Jens Kuschel klar, dass von diesem Problem alle gesetzlichen Krankenkassen betroffen seien. Grund dafür sei die Krise am Halbleitermarkt. Dadurch seien die für die Produktion der Karte benötigten Chips nicht immer rechtzeitig verfügbar. „Ausgelöst durch die Corona-Krise besteht seit einiger Zeit eine angespannte Situation am weltweiten Halbleitermarkt. Nachdem sich die Lage zuletzt wieder stabilisiert hatte, gibt es infolge des Shanghai-Lockdowns aktuell neue Probleme mit den Lieferketten“, erläutert Kuschel.
Laut Spitzenverband sind die Krankenkassen unterschiedlich betroffen
Beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) kennt man das Problem. Es sei richtig, dass der allgemeine Chipmangel auch die elektronischen Gesundheitskarten betreffe. Allerdings gilt, so Sprecher Jens Ofiera: „Die Krankenkassen sind unterschiedlich betroffen, abhängig von ihren Vereinbarungen mit Lieferanten.“
Der Verband der Ersatzkassen verweist auf Nachfrage an den GKV, der in Kürze ein Informationsschreiben zum Thema „Lieferengpässe bei Gesundheitskarten“ veröffentlichen werde, „voraussichtlich in der kommenden Woche“. Wie viele Versicherte von diesem Engpass betroffen seien, könne man nicht sagen, darüber habe man keine Informationen.
Knappschaft berichtet von problemloser Versorgung mit neuen Karten
Tatsächlich unterscheidet sich die Situation je nach Krankenkasse. So heißt es dann auch seitens der Knappschaft, die ja einer der großen Versicherer in Bottrop ist, dass es bis zum heutigen Zeitpunkt keinerlei Probleme oder einen zeitlichen Verzug bei der Kartenausstellung gebe.
Allerdings hat die Knappschaft wohl auch entsprechende Verträge abgeschlossen. Denn Sprecherin Christiane Krüger sagt auch: „Das Unternehmen, das für die Knappschaft die elektronischen Gesundheitskarten produziert und personalisiert, hat der Knappschaft eine Planungssicherheit in Bezug auf die Chipverfügbarkeit bis Ende August 2022 zugesichert.“
AOK: „Versicherten entstehen keine Nachteile“
Doch was heißt es nun für diejenigen, die tatsächlich auf ihre verspätete Karte warten müssen? Hier ist es der AOK wichtig, darauf hinzuweisen, dass den Versicherten dadurch keine Nachteile entstehen. Die Krankenkassen stellen in solchen Fällen die anfangs schon erwähnte Ersatzbescheinigung aus. Die kann beim Arzt vorgezeigt werden. „Die Leistungen werden dann wie bisher vom Arzt oder Zahnarzt erbracht und direkt mit der zuständigen Krankenkasse beziehungsweise der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet“, erklärt Kuschel das Vorgehen.
Dieses Vorgehen ist notwendig, denn die Krankenkassen können die Gültigkeit ihrer Karten nicht einfach verlängern. Das Ablaufdatum der elektronischen Gesundheitskarte hänge mit der digitalen Zertifizierung des Chips zusammen, so Kuschel. Dadurch werde sichergestellt, dass es sich bei der Karte nicht um eine Fälschung handelt oder Daten unberechtigt verändert werden.
Bottroper Banken berichten, dass es in dem Bereich keine Engpässe gibt
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) habe rechtsverbindlich festgelegt, dass die digitalen Zertifikate nur für fünf Jahre gültig sein dürfen. „Danach werden die Karten automatisch ungültig und dürfen nicht mehr von den Krankenkassen verlängert werden“, erläutert Kuschel die Vorgaben, an die sich die Kassen halten müssen.
- Dorfkern: Bottrop tauscht Spielgeräte am Johann-Breuker-Platz aus
- Bauprojekte: Klima-Richtlinie – so soll künftig in Bottrop gebaut werden
- Gedenken: Missbrauch – Stein erinnert an Opfer des Priesters Peter H.
- Kunstwerk: Nach Vandalismus – Reihe der Totems auf Halde Haniel wieder vollständig
Doch wie sieht es in anderen Branchen aus, die ebenfalls mit Karten arbeiten? Die Banken etwa scheinen von diesem Engpass nicht betroffen zu sein. Sowohl die Sparkasse Bottrop als auch die Vereinte Volksbank teilen auf Nachfrage übereinstimmend mit, dass es keine Probleme gebe, die Kunden mit neuen Karten zu versorgen. „Bei uns läuft das Ausstellen neuer Bankkarten weiterhin reibungslos“, meldet etwa Ralf Bröker, Sprecher der Vereinten Volksbank.
Und auch auf übergeordneter Ebene der jeweiligen Verbände, über die die Kartenausstellung beispielsweise bei der Sparkasse läuft, gebe es keine Hinweise auf etwaige Schwierigkeiten, sagt Andreas Pyrchalla von der Pressestelle der Sparkasse. Gleiches gelte auch für die Volksbank, heißt es von dieser Seite.
Mehraufwand in den Praxen
Für die Patienten macht es vielleicht keinen Unterschied, ob sie mit Karte oder Ersatzbescheinigung zum Arzt gehen, doch für die Praxen stellt sich die Situation etwas anders da. Dr. Christoph Giepen, Sprecher des Bottroper Ärztevereins und selbst Hausarzt mit eigener Praxis, spricht von einem „bürokratischen Mehraufwand“. Denn viele Schritte seien schon vorangelegt auf digitales, papierloses Arbeiten. Die Ersatzbescheinigungen machten da mehr Arbeit, müssten im Zweifel digitalisiert und abgeheftet werden. Besonders auffällig sei der Unterschied bei neuen Patienten, die erstmals eine Praxis aufsuchen, da müssten dann sämtliche Daten, die sonst automatisch von der Karte abgelesen werden, manuell eingegeben werden. Es komme auch vor, dass Patienten ihre Ersatzbescheinigung nicht dabei haben. „Die können wir dann nicht behandeln“, mahnt Giepen.