Bottrop. Der 8. Mai ist ein Festtag für alle Demokraten und zur Skandalisierung eines Stadtfestes ungeeignet, meint WAZ-Redakteur Norbert Jänecke.

Der 8. Mai 1945 ist ein Tag der Befreiung. Die grausame systematische Vernichtung der Juden war endlich gestoppt. Der furchtbare Zweite Weltkrieg, der zig Millionen Opfer forderte, war vorbei. Am 8. Mai 1945 endete die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten eben nicht nur für jene, die die Nazis zu Feinden erklärt oder als angeblich unwert vernichtet hatten.

Auf Hitlers Diktatur folgten ein stabiler demokratischer Staat in Deutschland und eine lange Friedenszeit in Europa. Will jemand ernsthaft behaupten, dass das kein Grund zu feiern ist? Dass der 8. Mai geradezu ein Feiertag und Festtag sein muss, ist doch nicht die Frage.

8. Mai taugt nicht zur Skandalisierung eines Bottroper Stadtfestes

Schon gar nicht taugt der historische 8. Mai zur Skandalisierung eines harmlosen Stadtfestes wie dem Pferdemarkt und eines damit einhergehenden verkaufsoffenen Sonntages. Gerade jetzt drängt sich doch viel eher die Frage auf, ob wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr Zurückhaltung bei der Planung von Festen geboten ist.

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Die Skandalisierung des verkaufsoffenen Pferdemarkt-Sonntages ist auch deshalb so unnötig, weil sie derart überhöht das Gegenteil bewirkt. Gegen verkaufsoffene Sonntage haben der DGB und die Verdi-Gewerkschaft starke Argumente. Eines lautet, dass sonntägliche Ladenöffnungen die prekäre Lage des Handels auch in Bottrop verschärfen, weil sie den Wettbewerbsdruck gerade für lokale Einzelhändler nur noch weiter erhöhen.

8.-Mai-Initiative in Bottrop setzt Jahr für Jahr ein Zeichen

Der historische 8. Mai-Tag dagegen bietet allen Grund, froh zu sein. Welch ein absurder Gedanke wäre es, daraus ein Vorbei und Vergessen abzuleiten. Nicht zu übersehen ist ja, dass in Bottrop zum Beispiel die 8.-Mai-Initiative Jahr für Jahr Zeichen gegen das Vergessen setzt und vor der Gedenktafel am Rathaus an die Opfer der Nazi-Schreckensherrschaft erinnert. Deren Engagement aber berührt eher die Fragen, ob der 8. Mai ein stiller Feiertag sein sollte oder ob es nicht andere geeignete Gedenktage gibt: Einer ist sicherlich der internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Januar.

Die Vorsitzende des Auschwitz-Komitees jedenfalls verband mit dem 8. Mai vor allem Hoffnung. Esther Bejarano sprach sich im hohen Alter bis kurz vor ihrem Tode dafür aus, dass der 8. Mai auch in Deutschland ein Feiertag sein sollte, auch um über große Hoffnungen nachzudenken: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - und Schwesterlichkeit“.