Bottrop. Die Corona-Maßnahmen in NRW laufen aus, ab Samstag gelten weder Maskenpflicht noch Zugangsregeln. Lässt die Infektionslage in Bottrop das zu?

Über viereinhalbtausend Menschen in Bottrop sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert. Die Sieben-Tage-Inzidenz rangiert seit Anfang März wieder über 1000. Nichtsdestotrotz fallen am Wochenende die Maßnahmen, die in den vergangenen Monaten dazu dienen sollten, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Nach der Übergangszeit bis zum kommenden Samstag entzieht das neue Infektionsschutzgesetz, das seit dem 20. März gilt, den Bundesländern die Möglichkeit, weitreichende Corona-Regeln zu erlassen. Auch die Kommunen haben keine rechtliche Handhabe mehr wie vorher, durch Allgemeinverfügungen Maßnahmen wie eine Maskenpflicht oder Zugangskontrollen durchzusetzen. „Darüber sind wir nicht besonders glücklich“, sagt Stadtsprecher Ulrich Schulze.

Corona-Situation in Bottrop: „Die Wachsamkeit erhalten“

Die Städte sind bislang nicht vom Land informiert worden, wie sie weiter vorgehen können. Eine „Hotspot-Regelung“ sollte den Ländern laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ermöglichen, weiterhin Maßnahmen durchzusetzen – allerdings nur, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht. Dafür gibt es in Nordrhein-Westfalen keine rechtliche Grundlage, wie Ministerpräsident Hendrik Wüst am Dienstag sagte.

Und auch keine medizinische, wie Dr. Markus Peuckert, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Marienhospital, sagt. „Ich sehe dem gelassen entgegen“, sagt er mit Blick auf die anstehenden Lockerungen. „Allerdings sollten wir uns die Wachsamkeit erhalten, die Situation kann sich schnell wieder ändern.“

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Aktuell sei die Lage relativ entspannt – auch trotz der hohen Inzidenzen. Vor gut zwei Jahren war Deutschland in den Lockdown gegangen, als die Neuinfektionsquote auf 100.000 Einwohner noch im niedrigen zweistelligen Bereich lag. Nun bewegt sich die deutschlandweite Sieben-Tage-Inzidenz bei über 1600.

Kaum noch schwere Corona-Verläufe in Bottroper Krankenhäusern

„Aber es gibt kaum noch schwere Verläufe“, sagt Dr. Peuckert. Lediglich bei Ungeimpften und älteren Patienten träten diese bei einer Covid-Infektion auf. Die aktuelle Lage sei nicht mit der von vor zwei Jahren zu vergleichen, als es noch keine Impfungen gab, das Maskentragen nicht etabliert war, es einen Engpass an Desinfektionsmitteln gab „und wir Alkohol aus Brauereien bezogen haben“.

Aktuell gebe es keinen einzigen Corona-Intensivpatienten im Marienhospital, wohl aber viele mit Corona infizierte Patienten, die aus anderen Gründen im Krankenhaus sind. „Das führt zu einem deutlichen Mehraufwand, weil sie isoliert werden müssen.“ Hinzu kommen die Fälle und Quarantänen unter den Mitarbeitern. Aber: „Der Krankenstand ist nicht deutlich höher als vor Corona.“

Bottrops Knappschaftskrankenhaus: „Lage weiterhin gut beherrschbar“

Ähnlich ist die Lage am Knappschaftskrankenhaus: „Bei den Beschäftigten ist die Lage mit rund 20 betroffenen Personen aus allen Berufsgruppen weiterhin gut beherrschbar“, so Sprecherin Anja Ernsting. Grund für die Quarantänen seien hauptsächlich Kontakte zu corona-positiven Personen aus dem privaten Umfeld.

Auch die Situation hinsichtlich der Covid-Patienten sei weiterhin unverändert: Im Knappschaftskrankenhaus werden derzeit durchschnittlich etwa 15 Patienten mit dem Coronavirus behandelt, ein bis zwei müssen intensivmedizinisch betreut werden.

Bottroper Ärztesprecher: „Es muss Öffnungsschritte geben“

Die Arztpraxen, so berichtet es Hausarzt und Ärztesprecher Dr. Christoph Giepen, seien während der Infektionssprechstunden weiterhin voll, aufgrund der hohen Inzidenz fielen viele PCR-Tests an. Weil diese Patienten von vollvermummtem Person separat behandelt werden müssen, sei der Aufwand immer noch hoch.

Trotzdem sagt Dr. Giepen: „Es muss Öffnungsschritte geben, auch wenn es einem komisch vorkommt.“ In dieser Zeit, in der das Virus relativ harmlos ist, „müssen wir in einen normalen Modus kommen“ – so lange keine aggressivere Virusvariante entsteht und das Gesundheitssystem nicht überlastet wird.

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