Bottrop. Sara Atwater schreibt eine Doktorarbeit über Frauenhumor im Ruhrgebiet. Was dahinter steckt und was das mit Bottrop zu tun hat.
Der Bottroper Humor, genauer der weibliche Humor in Bottrop, wird nun wissenschaftlich betrachtet. Sara Atwater schreibt eine Doktorarbeit über den Frauenhumor im Ruhrgebiet. Dafür ist die gebürtige US-Amerikanerin regelmäßig in Bottrop. Denn Comedy im Saal ist für sie so was wie eine Feldstudie. Hier interviewt sie Künstlerinnen und will beim nächsten Mal dann auch mit den Zuschauerinnen ins Gespräch kommen – passenderweise bei der Ladies-Night-Auflage im März.
Doch zunächst einmal ganz zum Anfang: Warum der Ruhrgebietshumor? Das sei in gewisser Weise Corona geschuldet, erklärt die Doktorandin. Eigentlich sei das Thema viel umfassender geplant gewesen. Es sei darum gegangen, den Humor im Ruhrgebiet und den in der niederländischen Region Limburg zu vergleichen.
Wegen Corona musste sie das ursprüngliche Thema ändern
Auch das ist eine ehemalige Industrie- und Bergbauregion, allerdings sei der Karneval dort viel bedeutender als im Ruhrgebiet. Hier spielten Kabarett und Kleinkunst eine viel größere Rolle, so Sara Atwater. Nur: Corona macht auch dem niederländischen Karneval einen Strich durch die Rechnung. Daher also der Schwenk auf Bottrop und auf die Entwicklung der Humors. Inwieweit hat er eine Rolle gespielt, das klassische Rollenbild aus der Bergbau-Ära aufzubrechen?
Eine Frage, auf die es selbstverständlich noch keine Antwort gibt – hoffentlich aber am Ende der fertigen Doktorarbeit. Die wird übrigens von der EU gefördert (Limes-Programm) und gleich von zwei Universitäten betreut – von der Uni Duisburg-Essen sowie von der Universität Maastricht. Entsprechend hat Sara Atwater auch gleich zwei Doktormütter, deren Ansprüchen sie genügen muss. Deshalb auch der ursprüngliche Ansatz, den Humor zweier ähnlich geprägter Regionen zu vergleichen.
Gespräche mit Künstlerinnen und Zuschauerinnen
Nun also aber die Frage, wie Frauen durch Humor, durch Kabarett ihre Rolle verändert haben. Dazu hat Sara Atwater schon Gespräche mit unterschiedlichen Künstlerinnen aus der Region geführt, darunter auch prominente Namen wie Carmela De Feo, besser bekannt als La Signora. Die Oberhausener Kabarettistin ist regelmäßiger Gast bei Veranstaltungen in Bottrop, im Zuge dessen hat Sara Atwater auch mit ihr über den Werdegang und den Weg zur Bühne gesprochen.
Auch interessant
Bei ihren Gesprächen sind der Doktorandin schon einige Dinge begegnet, die typisch sind für die Region und auch den Humor hier. Gerade die Sprache sei da speziell. So sei von vielen Künstlerinnen immer wieder das Wort „Maloche“ genutzt worden. Das gebe es eigentlich nur hier und es stelle in dem Fall die Verbindung von Arbeit und Humor her. Das sei ihr anderswo noch nicht begegnet.
Ursprünglich aus den USA kam sie über Wien nach Belgien
Auch die Verwendung von „Kohle“ für Geld sei typisch und deute auf einen ganz speziellen Gemeinsinn – wissenschaftlich spricht sie hier von einer Community – hin. Die habe sich entwickelt und werde auf diese Weise gepflegt. „Diese Vermischung von Sprache und Geschichte finde ich sehr interessant und sehr spezifisch für die Region“, urteilt die Linguistin.
Sara Atwater befasst sich nicht zum ersten Mal mit Humor, hat bereits eine Master-Arbeit zu einem anderen Aspekt verfasst. Ursprünglich hat sie jedoch Germanistik in Kalifornien studiert, für ein Praktikum landete sie in Wien, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernte – einen Belgier. Inzwischen gehören zwei Kinder zur Familie, die in Belgien lebt. Dort hat sie zunächst als Englischlehrerin gearbeitet, bevor sie auf die Idee kam, noch ein weiteres Studium draufzusatteln und sich nun wissenschaftlich mit Humor auseinanderzusetzen.
Bei Recherchen stieß sie auf die Bottroper Reihe „Comedy im Saal“
Bei Recherchen sei sie auf die Ladies-Night von Benjamin Eisenberg gestoßen, und nach dem Besuch der Show habe sie gewusst, hier sei sie richtig. Über ihre Essener Doktormutter wird der Kontakt dann intensiver, denn auch der Bottroper Kabarettist hat an der Uni Duisburg-Essen studiert und im Bereich Sprachwissenschaft über Sprachkomik promoviert.
Bei Sara Atwater kommt noch eine Besonderheit hinzu: Als Nicht-Muttersprachlerin ist es gar nicht so einfach, die Pointen alle zu verstehen. „Aber ich werde immer besser, je mehr Shows ich verfolge.“ Sara Atwater ist ganz begeistert vom Einsatz des Bottroper Kabarettisten und seiner Helfer, denen es gelungen ist, rund um die Show eine Gemeinschaft aufzubauen – mit dem Humor als verbindendenden Element.
Interviews mit Zuschauerinnen im Bottroper Café geplant
Im März will sie nun auch die Zuschauerinnen in ihre Arbeit mit einbeziehen. Sie will mit ihnen ins Gespräch kommen, plant zwei Gruppen, die sich an zwei Nachmittagen im Café Kram zu dem Thema austauschen und befragen lassen. Denn auch das Publikum in der Region sei etwas Besonderes, hat Sara Atwater von den Künstlerinnen erfahren.
„Sie haben mir immer erzählt, wie gern sie hier sind, weil das Publikum so nett und offen ist und gern lacht.“ Möglicherweise auch ein Zeichen für diesen Gemeinsinn, den der Humor hervorruft. Sara Atwater jedenfalls hofft, dass sie mit den Zuschauerinnen ebenso gut ins Gespräch kommt wie mit den Künstlerinnen.
Ladies Night – Vorverkauf läuft
Am 19. und 20. März gibt es die neue Auflage von Comedy im Saal im Kammerkonzertsaal – diesmal als Ladies Night und an zwei Abenden. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Bottrop, anlässlich des internationalen Frauentags. Die Bühne gehört an den Abenden – sieht man von Moderator Benjamin Eisenberg und der Band ab – ganz den Frauen. Zuschauen dürfen aber auch Männer. Beginn ist jeweils um 18 Uhr, Einlass ab 17 Uhr. Karten zum Preis von 20 Euro (erm. 15 Euro) bei Getränke Possemeyer, Ostring 45. Restkarten gibt es an der Abendkasse für 22/18 Euro.
Mit dabei sind an den beiden Abenden Katinka Buddenkotte mit Ausschnitten aus ihren Programm „Kawumm! Ziemlich bestes Worte“, Dagmar Schönleber mit ihrem Programm „Respekt“ und Vanessa Maurisschat. Sie hat Ausschnitte ihres neuen Programms „Amor & Psycho“ im Gepäck.