Bottrop. Kirchhellener Landwirte haben mit den Widrigkeiten der Corona-Krise zu kämpfen. Sie finden Wege, die Ernte dennoch von den Feldern zu holen
Die Spargelzeit geht allmählich zu Ende, die Erdbeerernte ist in vollem Gange, bald werden weitere Obstsorten folgen. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) zog eine erste Zwischenbilanz eines besonderen Erntejahres mit außergewöhnlichen Herausforderungen. Der WLV berichtet von nervenaufreibenden Wochen mit großen Existenzsorgen der Betriebe mit Sonderkulturen.
Zu Beginn der Saison fehlten aufgrund des Einreiseverbots die Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa. „Ohne die Hilfe der langjährigen osteuropäischen Arbeitskräfte wäre eine reibungslose Ernte unmöglich“, weiß WLV-Präsident Hubertus Beringmeier. Inzwischen seien nach der Lockerung rund 10.000 Erntehelfer auf den Höfen. Ihr diesjähriger Einsatz habe aber enorme Mehrkosten verursacht.
Das günstige Wetter hat die Erntearbeit entzerrt
Auch auf den Kirchhellener Höfen war der Saisonbeginn dramatisch, berichtet Jörg Umberg. Seine rumänischen Mitarbeiter seien glücklicherweise rechtzeitig eingetroffen. Zwar seien es weniger als sonst, aber man komme zurecht. Das diesmal günstige Wetter habe die Erntezeiten etwas „entzerrt“, das „hat ein bisschen geholfen“ Man habe nicht zu viel ernten müssen und weniger angepflanzt. Den höheren Kostenaufwand durch das vorgeschriebene Einfliegen der Mitarbeiter, die geringere Belegung der Wohnungen und besondere Hygienevorkehrungen kann Umberg bestätigen. Ein besonderer zeitlicher und finanzieller Aufwand sei auch für den Einkaufs- und Versorgungsservice für die Saisonkräfte erforderlich.
Aktuell haben die Bauern die Sache im Griff
Ähnlich sieht es auch Eberhard Schmücker. Er habe mehr Unterkünfte, Hygieneeinrichtungen und Fahrzeuge als sonst anmieten müssen, erläutert der Landwirt. Ebenso musste ein spezieller Quarantänebereich für die erste Aufenthaltszeit eingerichtet werden. Hier hat man die Verpflegung und Versorgung der Mitarbeiter komplett übernommen und auch einen Einkaufsshop für die Mitarbeiter eingerichtet. Schmücker hat seine Arbeiter zwar außergewöhnlich früh in der Saison angefordert, aber dennoch sind einige nicht gekommen. Deshalb wurden Kräfte vom Arbeitsmarkt eingestellt. Aktuell habe man die Sache im Griff: „Es ist eben ein Jahr mit besonderen Herausforderungen.“
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Eugen Borgmann hat in diesem „besonders schweren Jahr“ auf seine acht ausländischen Erntehelfer ganz verzichtet und mit rund 50 Schülern, Studenten und Kurzarbeitern in Schichten gearbeitet. Diese hätten zwar nach Einarbeitung sehr gute Arbeit geleistet, seien aber in Arbeitsleistung und -belastung mit den gewohnten Kräften nicht vergleichbar. Mehrkosten sind hier vor allem durch die notwendigen Schulungen, Versorgung und Hygienevorschriften angefallen. Man muss „das Beste daraus machen, anderen Branchen geht es noch schlechter“, ist sein Fazit.
Direktvermarktung über Hofläden und Verkaufsstände
Die vorsichtig optimistischen Landwirte sind mit der Direktvermarktung über Hofläden und Verkaufsstände zufrieden. Die fehlende Vermarktung über die Gastronomie macht aber allen zu schaffen. Die Gastronomie laufe zwar langsam wieder an, kaufe allerdings zur Zeit nur sehr vorsichtig ein. Eberhard Schmücker resümiert: „Schlimmer geht immer. Wir müssen optimistisch sein.“
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Einige tausend Kräfte fehlen in der Region
In den vergangenen Jahren waren immer etwa 25.000 Saisonarbeitskräfte in der Region Westfalen-Lippe eingesetzt. In diesem Jahr werden insgesamt nur etwa 17.000 Mitarbeiter erwartet, die bei der Ernte helfen.
Für die Saisonarbeitskräfte gelten besondere Hygieneregeln. Die Einreise der Helfer ist ausschließlich mit dem Flugzeug erlaubt.