Bottrop. Trotz hoher Infektionszahlen bei Kindern und Personal versuchen Bottroper Kitas, den Regelbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Nöte sind vielfältig.

Trotz Omikron-Welle mit steigender Tendenz bei den Infektionszahlen und entsprechenden Ausfällen beim Personal: In den Bottroper Kitas gilt das Prinzip, den Betrieb und die Betreuungsangebote so lange und so gut wie möglich aufrecht zu halten. Keine leichte Aufgabe, wie zum Beispiel Stefanie Reich als Fachbereichsleiterin bei der evangelischen Gemeinde Bottrop feststellt: „Wir müssen ganz schön jonglieren.“ Und: „Wir gehen alle auf dem Zahnfleisch.“ Gleichzeitig wird in den Kitas spürbar, wie sehr die Familien an ihre Belastungsgrenzen kommen.

Rund ein Drittel der Mitarbeitenden der ev. Kitas in Bottrop mit positivem Test

„Es ist chaotisch“, bemerkt Stefanie Reich. Rund ein Drittel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ev. Einrichtungen habe einen positiven Selbsttest – wobei fast alle Erkrankten schon geboostert seien. Und circa ein Viertel der Kinder fehle offiziell wegen Corona. Dazu kommen hier wie bei anderen Trägern Jungen und Mädchen, die etwa aus Vorsicht daheim bleiben.

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Auf ein Drittel der Belegschaft komme man in den Einrichtungen des Kita-Zweckverbandes zwar nicht, „aber es fehlt schon ein ganzer Teil der Mitarbeiterinnen wegen einer Corona-Erkrankung, weil sie gerade noch auf Test-Ergebnisse warten oder aber einen Kinderkrankenschein haben“, berichtet Gebietsleiterin Barbara Wagner. Stets ist in den Einrichtungen neu zu regeln, wie die Betreuung gelingen kann. Wobei, so Wagner: „Dort, wo die Mitarbeiterinnen-Zahl runter geht, geht meistens auch die Kinderzahl runter.“

Awo muss aktuell wegen Corona eine Kita schließen

Für die Awo-Kitas gilt laut Bereichsleiterin Jasmin Möller: „Aufgrund hoher Infektionszahlen können wir zur Zeit in zwei Kitas für einzelne Gruppen derzeit nur noch eine Notgruppe anbieten, und eine Kita mussten wir vorübergehend – voraussichtlich bis Ende der Woche – ganz schließen.“ In den städtischen Kitas wiederum gelinge es trotz eines steigenden Trends bei den Infektionszahlen momentan, „die Kinderbetreuung fast im Regelbetrieb aufrecht zu erhalten“, berichtet Abteilungsleiterin Ursula Sommer. In Einzelfällen müssten aber zum Beispiel Eltern Kinder eher abholen, weil einfach kein Personal mehr zur Verfügung stehe.

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Während Stefanie Reich aufgrund von Berichten aus dem Alltag – da war in mehr als einem Fall der PCR-Test positiv, der Lolli-Test aber negativ – zudem noch an der Aussagekraft der Selbsttests zweifelt, sagt Barbara Wagner. „Es gibt in den Kitas neue Tests, die zuverlässiger sind.“

Keine Testpflicht in den Kitas: Sorge vor unentdeckten Infektionsfällen

Drei vom Land zur Verfügung gestellte, freiwillige Selbsttests pro Woche sollen die Kita-Familien machen. Die Freiwilligkeit begründet NRW-Familienminister Joachim Stamp in einem Schreiben vom 28. Januar an Familien und Kita-Beschäftigte so: „Verbindliche Tests bedeuten aber, dass Kinder, für die kein Test vorgezeigt werden kann, nicht betreut werden können. Ich habe die große Sorge, durch eine Testpflicht dauerhaft jene Kinder von den frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten auszuschließen, die womöglich in besonderer Weise von diesen profitieren.“ Ohne Testpflicht aber, verdeutlicht Ursula Sommer, „müssen wir davon ausgehen, dass nicht alle Infektionen bei Kindern entdeckt werden“.

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Gibt es indes einen Infektionsfall in der Kita, besteht durchaus eine Testpflicht: „Wenn es bestätigte positive Fälle in einer Gruppe gibt, müssen die Eltern ihre Kinder drei Mal wöchentlich selbst testen und uns mit Unterschrift betätigen, dass die Tests negativ sind“, erklärt Awo-Bereichsleiterin Jasmin Möller. Dass die Tests verlässlich durchgeführt werden, dafür appelliert zum Beispiel auch der Kita-Zweckverband an die Eltern – und setzt auf Vertrauen.

Dass dieses durchaus auch mal missbraucht wird, berichtet Stefanie Reich aus der Erfahrung in den ev. Kitas: „Wir haben auch schon von Eltern gehört, dass sie unterschreiben, aber den Test gar nicht machen.“ Womöglich, weil sie das Ergebnis und die Konsequenzen fürchten. Wird das bekannt, „dann verweigern wird die Betreuung“.

Bottroper Träger: Erzieherinnen fühlen sich vom Land alleine gelassen

Gleichzeitig gebe es Eltern, die aus Sorge ihre Kinder gar nicht erst in die Kita schicken, wenn sie es einrichten können. „Viele Eltern sind besorgt, viele haben großes Verständnis, andere sind stark belastet aufgrund ihrer Berufstätigkeit, und es gibt auch Eltern, denen ist alles egal“, beobachtet Ursula Sommer. Jasmin Möller wiederum stellt für die Awo-Kitas fest: „Trotz der angespannten Situation reagieren die Eltern verständnisvoll und tragen die gegebenenfalls notwendigen Einschränkungen mit.“

Trotz aller Bemühungen bleibe angesichts der aktuellen Welle das Gefühl, dass man weder die Kinder noch die Mitarbeitenden noch schützen könne, so Stefanie Reich: „Die Erzieherinnen fühlen sich vom Land alleine gelassen und ausgeliefert.“ Sie, die mit den jüngeren Kindern ohne Maskenschutz und mit gelockerten Quarantäneregelungen arbeiten, hätten Sorge, Infektionen in ihre Familien zu tragen, weiß Ursula Sommer. Die Erzieherinnen arbeiteten am Limit. „Trotzdem versuchen sie den Kindern so viel Normalität wie möglich zu geben.“

Bottroper Träger verlangen keinen offiziellen Test

Angesichts der Omikron-Welle verfolgt die Awo in Bochum eine neue Strategie: Deren Kita-Kinder benötigen einen Corona-Test von einer offiziellen Teststelle. Allerdings, so die Bochumer Awo: „In keinem Fall wird es vorkommen, dass eine Betreuung trotz fehlenden Tests nicht stattfindet.“ Doch die Eltern werden gebeten, dem angekündigten Test-Prozedere nachzukommen.

In den Awo-Kitas in Bottrop wird das allerdings nicht so gehandhabt: „Einen Bürgertest müssen uns die Eltern nicht vorlegen“, so Bereichsleiterin Jasmin Möller.

Auch andere Bottroper Träger wollen das Bochumer Vorgehen nicht kopieren. „Das kommt für uns erstmal nicht in Frage, weil es rechtlich nicht abgesichert ist“, sagt etwa Stefanie Reich, Fachbereichsleiterin der evangelischen Gemeinde. So sieht es auch Barbara Wagner, Gebietsleiterin beim katholischen Kita-Zweckverband: „Wir appellieren an die Eltern, dass sie die freiwilligen Selbsttests machen.“ Gleiches gilt für die Stadt als Kita-Träger.