Bottrop. Der Kirchenumbau zwingt die Verantwortlichen zu Veränderungen. Bis Heiligabend ist der Krippen-Aufbau abgeschlossen. Das erwartet die Besucher.
Die Krippe ist aufgebaut. Darin brennt ein zartes Licht. Mehr ist dort bisher nicht zu sehen. Auch die Leinwände sind aufgestellt und die Mühle steht schon an ihrem Platz. Ansonsten haben die ehrenamtlichen Helfer der Gemeinde von St. Johannes noch alle Hände voll zu tun mit dem Aufbau der Kulissen.
Seit den 1980er-Jahren verwandelt sich ein Teil des Gotteshauses in eine Krippenlandschaft. Tausende Besucher sind jedes Jahr aufs Neue fasziniert. Diesmal ist es die erste Kulisse nach der umfangreichen Renovierung der Kirche. Und dieser Umbau hat Spuren hinterlassen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Krippe in St. Johannes: Neuer Platz für den Engel
Wie Küsterin Renate Schönsee erklärt, mussten deshalb die beeindruckenden Leinwände des Künstlers Willi Nitzbon, die das Münsterland und das Heilige Land zeigen, vorsichtig vom Holzgestell gelöst und zusammengerollt werden. Nun erfolgte wieder der Zusammenbau. Ein Teil der Leinwand nahe der Mühle befindet sich diesmal ein bisschen tiefer versetzt als üblich, weil die darüber neu installierten Lampen zu viel Hitze abstrahlen. Das riesige Kunstwerk auf 150 Quadratmetern hat nicht nur mehr als 30 Jahre auf dem Buckel, sondern ist zudem sehr empfindlich. Es handelt sich laut Schönsee um ganz dünnes Papier.
Im Altarraum soll eigentlich wieder ein Engel über der aufgebauten Wüste schweben. Der Sand dafür kommt – natürlich – aus Kirchhellen von der Firma Stremmer. Der Engel hat aber seit diesem Jahr ein Problem. Nämlich der Haken, der sich unterhalb des Kirchenfensters befindet und wo der Engel mit einem Seil befestigt wird, ist im Zuge des Kirchenumbaus verschwunden.
Kann also der Engel über der Wüste schweben? „Wir wollen und werden kein Loch für einen neuen Haken bohren“, sagt Renate Schönsee. Folglich muss man sich etwas einfallen lassen. Die Küsterin hat eine Idee, lässt sich aber nicht in die Karten schauen. „Man darf überrascht sein. Der Engel wird schweben, aber nicht über der Wüste“, sagt sie.
Figuren erhalten neue Kleider und werden repariert
Wie in den vergangenen Jahrzehnten werden wieder zahlreiche Gemeindemitglieder der Krippenlandschaft ihren ganz individuellen Stempel aufdrücken. Die Figuren erhalten neue Kleider oder werden repariert. Ihr Wohnzimmer, wo sie sich die meiste Zeit des Jahres aufhalten, ist nur ein paar Schritte von der Kulisse entfernt. Über eine schmale Holztreppe führt der Weg zum Dachstuhl von St. Johannes.
In zwei großen Schränken lagern die geschnitzten Figuren. Mehrere Tücher schützen sie vor Staub. Wie viele Figuren es genau sind, kann Renate Schönsee nicht sagen. „Ich habe sie nie gezählt.“ Geschätzt zwischen 35 und 40.
Manche sind seit den 80er-Jahren dabei, andere sind im Laufe der Jahre hinzugekommen wie der Feuerwehrmann oder der Kolpingbruder. Einige der Figuren tragen eine kleine Schutzmaske. Die Pandemie lässt leider grüßen. Unter den Figuren ist auch der beliebte Jupp, der Bergmann, in Originalkleidung gehüllt und mit einer Schutzmaske mit dem Stoff aus einem Grubenhemd über Mund und Nase. An jedes noch so liebevolle Detail wird eben gedacht. Darum hat er sogar eine kleine Dose mit Schnupftabak in der Tasche.
Letztes Stück Steinkohle der Zeche Prosper-Haniel
Im Schrank nebenan wird ein seltenes Utensil aufbewahrt: ein Stück Steinkohle. Es handelt sich um ein ganz besonderes Exemplar. Am 21. Dezember 2018 überreichten Kumpel in der Zeche Prosper-Haniel das letzte abgebaute Stück Steinkohle an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Einen Tag später besuchte Bergwerksdirektor Jürgen Kroker anlässlich der Einweihung von Bergmann Jupp die Krippenlandschaft von St. Johannes. Mit im Gepäck: ein Stück Steinkohle.
Eine Gemeinschaftsproduktion
Die Krippenlandschaft ist eine Gemeinschaftsproduktion aus dem Dorf. Zum Beispiel: Familie Springer aus Kirchhellen hat für den Altarraum zwei große Tannen gespendet. Die Freiwillige Feuerwehr wird die Bäume mit Leuchten schmücken. Baumdienst Enbergs stellt wieder frische Holzschnitzel zur Verfügung. Frauen aus der Gemeinde backen Plätzchen, damit die Aufbauhelfer nicht vom Fleisch fallen. Und die Gärtnerei Wilms spendet seit Jahrzehnten wunderschöne Christsterne für den Altarraum.
Der zeitlichen Logik folgend steht im Arbeitszimmer des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin das vorletzte abgebaute Exemplar. „Wir haben das allerletzte Stück Steinkohle“, sagt Renate Schönsee lächelnd.
Bis Heiligabend wird die Krippenlandschaft fertig sein. Die Küsterin bedauert, dass wegen der Pandemie nicht die Kinder aus der Gemeinde helfen können. Bis zum letzten Sonntag im Januar kann die Krippenlandschaft bestaunt werden. Tags darauf wird sie wieder abgebaut.