Bottrop. Noch spüren das Marienhospital und das Knappschaftskrankenhaus in Bottrop keinen Mangel an Blutkonserven. Doch Blutspenden gehen massiv zurück.
In den beiden großen Bottroper Krankenhäusern wirkt sich ein Mangel an Blutkonserven noch nicht aus. Weder im Knappschaftskrankenhaus noch im Marienhospital mussten daher Operationen verschoben werden. In Essen und Duisburg war das aber schon der Fall, und Blutspendedienste sprechen von einer nie da gewesenen Knappheit an Blutkonserven. Der Blutspendedienst West des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), von dem auch das Knappschaftskrankenhaus Blutkonserven erhält, hat daher auch schon gewarnt: Unter Umständen müssten die Liefermengen wegen stark sinkender Lagerbestände gekürzt werden.
Blutkonserven-Mangel in Bottrop: OPs können noch planmäßig durchgeführt werden
Noch aber sei alles normal. „Bei Bedarf können Blutkonserven wie gewohnt kurzfristig im Labor abgerufen werden“, erklärt Dr. Matthias Frommer. Er ist Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie und mitverantwortlich für die Bluttransfusionen im Knappschaftskrankenhaus.
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„OPs können bisher planmäßig durchgeführt werden“, beruhigt der Chefarzt ebenso wie sein Kollege am Marienhospital. „In unseren Kliniken herrscht zur Zeit kein außergewöhnlicher Mangel an Blutkonserven. Es ist schon seit Jahren so, dass immer mal die eine oder andere Blutgruppe knapp ist, aber wir merken zur Zeit davon nichts“, teilt Chefarzt Dr. Michael Nosch mit.
Lieferkürzungen für Bottroper Krankenhäuser, vor allem bei Blutgruppe Null
Völlig entspannt ist die Lage offenbar allerdings nicht. So macht Laborleiterin Irmgard Schulte klar, dass die dem Knappschaftskrankenhaus vom DRK angekündigten Lieferkürzungen bei einzelnen Blutgruppen wie der universalverwendbaren Gruppe Null sogar höher ausfallen könnten als bei den anderen Blutgruppen. Trotz der Werbemaßnahmen der DRK-Blutspendedienste erwartet die Laborleiterin jedenfalls gerade auch wegen der Ferienzeit kurzfristig keine Zunahme an Blutkonserven.
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Auch Sprecherin Anja Ernsting weist darauf hin, dass von den regelmäßig vier Blutspendeterminen des DRK im Knappschaftskrankenhaus wegen der Corona-Pandemie einige ausgefallen sind. Die nächste Blutspende-Aktion finde unter Berücksichtigung strenger Hygieneregeln und nur nach vorheriger Anmeldung wieder am 18. August statt.
Spendebereitschaft bricht wegen Lockerungen bei Coronaschutz ein
Der DRK-Blutspendedienst West sieht die strengen Corona-Schutzauflagen dagegen gar nicht so sehr als Grund für die derzeitige Mangelsituation an, sondern vielmehr die Lockerungen der Corona-Restriktionen. „In der Zeit des Lockdowns hatten wir keine Probleme mit den Blutspenden, die Leute hatten sonst nichts und sind zur Spende gegangen – für uns eine schöne Zeit,“ meint Stephan David Küpper. „Genau mit dem Wegfallen der Restriktionen und dem veränderten Reiseverhalten ist die Blutspendebereitschaft massiv eingebrochen“, stellt er fest.
Die Zahl der Blutspender liege beim DRK West derzeit bis zu 30 Prozent unter dem Durchschnittswert. Die Kliniken, die der Blutspendedienst versorgt, benötigten insgesamt zwischen 2000 bis 2500 Blutkonserven pro Tag. „Unser Anspruch ist, dass 10.000 bis 12.000 Konserven fertig getestet im Kühlregal liegen – auch als Krisenvorsorge,“ sagt Küpper. „Wenn Kliniken derzeit zehn Konserven bestellen, können wir nur vier liefern“, erklärt er. Momentan lagere nur für die nächsten anderthalb Tage genügend Blut im Kühlregal. Normal sei jedoch eine Kapazität für vier bis fünf Tage.
Adäquate Menge an Blutkonserven für Notfälle vorhanden
„Wir haben für unsere Kliniken ein Blutdepot“, sagt Chefarzt Michael Nosch. Darin werden am Marienhospital von allen Blutgruppen Blut- und Plasmakonserven gelagert. „Auf diese kann jederzeit zugegriffen werden, so dass der Patient immer blutgruppengleiches oder blutgruppenkompatibles Blut erhält“, erklärt der Intensivmediziner. Für Notfälle sei immer auch eine adäquate Menge an Blutgruppe Null und „AB“ vorrätig. Lediglich bei außerordentlichen Blutgruppenmerkmalen oder speziellen Antikörpern müsse das Marienhospital Blutkonserven direkt bestellen.
Die Kliniken des Knappschaftskrankenhauses brauchen bis zu 300 Blutkonserven pro Monat, die täglich je nach konkretem Bedarf beim DRK nachbestellt werden, berichtet Laborleiterin Irmgard Schulte. „Für jede OP gibt es Erfahrungswerte in Bezug auf den eventuell nötigen Einsatz von Blutkonserven“, erklärt Chefarzt Dr. Matthias Frommer. Sollten etwa bei Notfall-Operationen Blutkonserven besonders schnell benötigt werden, werden diese im eigenen Labor abgeholt. Im Durchschnitt liegen darin um die 50 Blutkonserven je Blutgruppe in unterschiedlichen Mengen bereit.
Blutverbrauch um 50 Prozent gesunken
Sowohl das Knappschaftskrankenhaus als auch das Marienhospital haben ihren Verbrauch an Blutkonserven durch blutsparenden Operationsmethoden über die Jahre kräftig verringert. „Wir konnten in den letzten zehn Jahren den Blutverbrauch um über 50 Prozent senken“, sagt Chefarzt Michael Nosch fürs Marienhospital.
Die Kliniken kennen ihren Verbrauch deshalb so genau, weil sie ihn jedes Jahr an das Paul-Ehrlich Institut melden müssen. So wurden am Marienhospital im Jahr 2020 insgesamt 1057 Blutkonserven verabreicht. Zehn Jahre zuvor lag der Gesamtverbrauch noch bei 2394 Blutkonserven.
Sammeln von Blut während einer Operation
Dies sei gelungen, weil inzwischen zum Beispiel durch eine geringe Blutmenge bei Blutabnahmen oder durch Eigenblutspenden vor Operationen, erklärt der Intensivmediziner. Auch gezielte Blutverdünnungen vor Operationen oder die maschinelle Eigenbluttransfusion während der Operationen helfen dabei, den Verbrauch fremden Blutes zu verringern. „Insbesondere in der Onkologie werden überwiegend minimal-invasive Operationstechniken angewandt“, erklärt auch Dr. Matthias Frommert.
Das Sammeln von Blut während einer Operation, welches dem Patienten nach einem Aufbereitungsprozess dann wieder zugeführt werden könne, sei vor allem auch in der Gefäßchirurgie und der Unfallchirurgie seit vielen Jahren üblich, erläutert der Chefarzt am Knappschaftskrankenhaus.