Bottrop. Wird so schnell doch nichts aus dem Gewerbegebiet auf dem Kraneburger Feld? Für die Bottroper Linken ist das Projekt erledigt, die Grünen zögern.
Die Grünen hoffen, dass die Zahl der Unterstützer zur Erhaltung des Kraneburger Feldes weiter wächst. „Einzelne Persönlichkeiten von Ratsfraktionen sind gerngesehene Partner im Kampf für mehr Klimaschutz“, erklärte Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. „Langer Atem in der Politik zahlt sich oft aus“, kommentiert sie den sich abzeichnenden Sinneswandel in der SPD. Doch so ganz traut sie dem noch nicht. „Um das Kraneburger Feld zu retten, brauchen wir eine stabile Mehrheit mit aussagekräftigen Fraktionsbeschlüssen“, betonte sie.
Diese aber gebe es noch nicht, bleibt die Grüne skeptisch, auch wenn inzwischen auch SPD-Ratsvertreter öffentlich von den städtischen Ansiedlungsplänen auf dem Gelände an der Bundesstraße B 224 abrücken. Für die Linkspartei dagegen haben sich die Pläne für das Gewerbegebiet bereits erledigt. „Das Projekt Bebauung Kraneburger Feld ist tot“, sagte Sprecher Niels Holger Schmidt. Gegen eine Ansiedlung der Lidl-Regionalgesellschaft haben die Linken allerdings nichts. „Es ist jetzt Zeit, dass sich der OB von der fixen Idee Kraneburger Feld trennt und Lidl alternative Standorte vorschlägt“, fordert Ratsherr Schmidt vielmehr.
Für SPD-Ratsherrn ist das Kraneburger Feld als Logistikzentrum zu schade
Möbel-Multi Ikea zog sich zurück
Die Stadtverwaltung hat ursprünglich sechs Bewerber für eine Ansiedlung auf dem Kraneburger Feld als geeignet empfohlen. Vier stellten ihre Projekte den Ratsvertretern näher vor. Lidl und Toom kamen in die Vorauswahl.
Zuvor war das Kraneburger Feld an der B 224 für ein neues Einrichtungshaus von Ikea vorgesehen. Der Möbel-Multi zog seine Pläne vor gut zwei Jahren aber wieder zurück und legte seine Expansionspläne im Ruhrgebiet zu den Akten.
Zuvor hatte sich SPD-Ratsherr Matthias Buschfeld gegen die Niederlassung von Logistikbetrieben auf dem Kraneburger Feld ausgesprochen. Dazu sei das Gelände zu schade. Da stimmt ihm die Linkspartei zu. „Nachdem das Ikea-Projekt geplatzt ist, haben wir immer gesagt: Kein Wegschenken des Areals für Logistik-Nutzungen“, meint Niels Schmidt. Das bringe wegen des erheblichen Flächeneinsatzes und des vielen Verkehrs viel zu wenig Arbeitsplätze.
An anderer Stelle können sich die Linken das Lidl-Zentrum dagegen vorstellen. „Auf einer alten Zechenbrache ist das durchaus denkbar“, meint Schmidt. Denn die Tarifbedingungen seien im Lidl-Konzern inzwischen weit besser als etwa in der Freizeitwirtschaft. Er warf OB Bernd Tischler daher vor, die Freizeitbetriebe zu Unrecht zu hätscheln. „Dort haben wir in Bottrop nicht ein einziges Unternehmen im Flächentarif. Das ist bei Lidl tatsächlich anders“, betonte Schmidt.
Bottroper Verwaltung macht nach Vorentscheidung Schritt zurück
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SPD-Fraktionsvize Matthias Buschfeld will sich mit der Entscheidung über konkrete Firmenansiedlungen auf dem 90.000 Quadratmeter großen Gelände an der Bundesstraße auch Zeit lassen. „Wir wollen das Kraneburger Feld nicht übereilt bebauen lassen, ohne dass wir einen echten Mehrwert für Bottrop erzielen. Da weiß ich die Mehrheit unserer Fraktion hinter mir“, hatte er in einem WAZ-Gespräch bekräftigt. Auch die Stadt nimmt sich Zeit. Dabei war eine Vorentscheidung schon gefallen.
Der Linke, Schmidt, spricht daher auch vielsagend von „Pirouetten, die die Stadt in dem Verfahren nun gedreht hat“. So sollte die Verwaltung eigentlich mit dem Supermarktkonzern Lidl und der Baumarktkette Toom verhandeln. Nach der Absage von Toom präsentierten die Wirtschaftsförderer aber keineswegs das Verhandlungsergebnis über das geplante Lidl-Verteilzentrum, sondern luden zwei abgelehnte Bewerber erneut zur Präsentation ihrer Konzepte ein. Die Ratsvertreter nahmen die „nur mündlich vorgetragenen Planungsvarianten“ zur Kenntnis, berichten die Grünen. Beschlussreif sei davon nichts.
Grünen kämpfen seit vielen Jahren für Rettung des Kranburger Feldes
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Die Grünen streiten ohnehin schon seit über 15 Jahren für die Erhaltung des Kraneburger Feldes. Vor mehr als sieben Jahren forderten sie eine zügige Entwicklung der RAG-Flächen, um auf das Kraneburger Feld als Gewerbefläche verzichten zu können. „Damals rief die SPD zu einer zügigen Umsetzung der Pläne für das Gewerbegebiet auf. Es konnte nicht schnell genug gehen“, erinnert sich Andrea Swoboda. Inzwischen richten auch Ratsvertreter in der SPD ihr Augenmerk stärker auf die alten Bergbauflächen im Freiheit-Emscher-Gebiet zwischen Bottrop und Essen.
„Es gibt immer mehr Menschen, die die dramatische Klimakrise als solche wahrnehmen. Vor diesem Hintergrund ist es gut, dass Bottrop auf unseren Antrag hin den Klimanotstand ausgerufen hat“, meint die Grüne. Sie bedauert, dass es in Bottrop noch immer keine Klimaampel gebe. „Ein Weiter-so-wie-bisher ist nicht mehr möglich. Jede vorgestellte konkrete Planung muss auf die Auswirkungen auf das Klima überprüft und den Politiker*innen dargelegt werden“, machte sie klar. Baudezernent Klaus Müller habe einen solchen Klima-Check auch für jede einzeln Planung zugesagt.
Linke warnen vor Lkw auf Schleichwegen durch Boy und Welheim
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Die Linken warnen schon deshalb vor einem neuen Logistikzentrum auf dem Kraneburger Feld, weil wegen der sich noch viele Jahre hinziehenden Auseinandersetzungen um den Ausbau der B 224 zur Autobahn A 52 ohnehin niemand erklären könne, wo die zu erwartenden Lkw-Verkehre eines so großen Logistik-Zentrums in der Zwischenzeit bleiben sollen. „Wohl kaum auf der ohnehin überlasteten Trasse der B 224. Die Brummis werden sich Schleichwege durch die Wohngebiete in Boy und Welheim suchen. Das ist völlig unzumutbar“, betonte Sprecher Schmidt.
Das Kraneburger Feld sei nur ein Beispiel für den Hang der Stadt, unbebaute Flächen zu versiegeln, kritisiert er. So wolle die Verwaltung die neue Feuerwache ebenfalls auf einer bisher landwirtschaftlichen Fläche bauen. Außerdem gebe es Pläne für zwei Systemgastronomiebetriebe, die in einer Frischluftschneise im Eigen liegen würden. Schmidt spielt damit auf die Pläne für das Café Del Sol und der Bavaria Alm auf dem Gelände um das frühere Hotel Sackers an. „Alles auf Teufel komm raus zuzubauen, passt kaum zu den Anforderungen einer sich aufheizenden Stadt in Zeiten des Klimawandels“, sagt er.