Bottrop-Kirchhellen. Der Literaturkurs des Gymnasiums probt für ein Projekt mit Goethe, Schiller und Heinz Erhardt am 20. Mai. Hier die Geschichte zum Lyriktelefon.

Bei Anruf Goethe, Schiller oder doch lieber Brecht? Am Lyriktelefon des Vestischen Gymnasiums lesen Schüler am 20. Mai den Zuhörern am Telefon verschiedene Gedichte vor. Die Jugendlichen aus dem Literaturkurs der Jahrgangsstufe Q1 haben Klassiker und moderne Texte im Repertoire.

In Zeiten vor Corona hätte der Kurs normalerweise in diesen Tagen für eine Theateraufführung geprobt. In der Pandemie ist, davon kann wohl jeder ein Lied singen, nichts normal. Deshalb sollten andere literarische Projekte umgesetzt werden. Beispielsweise konzipierten sie einen Kurzfilm. Nun folgt „Lyrik auf die Ohren“. Im Radio hörte Marcin Morawski, dass am Schauspielhaus Bonn ein ähnliches Format ins Leben gerufen wurde. Das Ensemble aus Schauspielern las dem Publikum per Telefon verschiedene Gedichte vor. „Ich fand das eine schöne Idee“, sagt der Lehrer für Literatur.

Bis zu 60 Gedichte gehören zum Repertoire

Die Jugendlichen haben sich selbst eine Auswahl an Gedichten zusammengestellt. „Ich habe keine Vorgaben gemacht“, betont Morawski. Letztlich fiel die Wahl trotzdem auf einige bekannte Gedichte. „Annette von Droste-Hülshoff ist sehr beliebt“, so der Kurslehrer. Diejenigen, die von den Schülern angerufen werden möchten, können jedoch nicht irgendein Gedicht auswählen. Das würde sicherlich den Rahmen des Machbaren sprengen.

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Vielmehr muss es ein Gedicht aus dem Repertoire sein, dass die Schüler vorbereitet haben. „Aber die Schüler haben versucht, eine große Bandbreite auszuwählen“, sagt Marcin Morawski. „Mal was mit Humor, dann wieder ernsthafte oder romantische Gedichte“. Am Telefon wird von den Schülern gefragt, welche Thematik gewünscht wird.

In sechs Gruppen mit mindestens zehn unterschiedlichen Gedichten wird aktuell in der Aula geprobt. Letzten Endes müssten es insgesamt bis zu 60 Texte sein. Nur um ein paar zu nennen: „Vermächtnis“ von Johann Wolfgang von Goethe, „Das ästhetische Wiesel“ von Christian Morgenstern, Hoffmann von Fallersleben mit „Die wilden Gänsen“ oder Heinz Erhardts „Die Made“.

Klaus Kinski dient zur Anschauung

Die Aula des Gymnasiums wird am Aktionstag allerdings nicht zum Callcenter. Stattdessen werden die Schüler in verschiedene Räume verteilt. Eines ist dem Lehrer des Literaturkurses wichtig: „Die Schüler sollen die Gedichte kennen. Also nicht einfach nur ablesen und vortragen.“ Auswendig müssen sie die Texte nicht können, ein oder mehrere Blicke darauf sind durchaus erlaubt.

Um zu veranschaulichen, was für eine Kraft und welche Emotion ein Gedicht bei einem Menschen freisetzen kann, schaute sich der Kurs kürzlich Vorträge von Schauspieler Ben Becker und Klaus Kinski an. Marcin Morawski muss lächeln, als er davon erzählt – vor allem bei der letztgenannten Person. Ekstatische Ausbrüche im Stile eines Kinski erwartet und prophezeit er nicht am Telefonhörer. „Die Schüler sollen einen eigenen Stil entwickeln“, sagt er. „Es können das Tempo verändert, die Lautstärke angepasst oder eine sprachliche Verzögerung eingebaut werden. Je nachdem, was zum Gedicht passt.“