Bottrop. Den Impfarzt-Stundenlohn von 150 Euro kritisiert ein SPD-Politiker. Das sagen Kassenärztliche Vereinigung und der Bottroper Ärzteverein-Sprecher.

Jeder Arzt, der freiwillig als Impfarzt in einem Impfzentrum tätig ist, wird mit 150 Euro pro Stunde dafür entlohnt. Der Bochumer SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel hält das für zu hoch: „Bei einem Tagessatz von 1200 Euro verdient ein Arzt in einem Impfzentrum an drei Tagen so viel wie ein Notfallmediziner, der auf einer Corona-Intensivstation arbeitet, in einem Monat verdient.“ Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) und auch der Sprecher des Bottroper Ärztevereins widersprechen.

KVWL: Impfärzte tragen hohe medizinische sowie gesellschaftliche Verantwortung

So erklärt die KVWL, die die ärztlichen Leistungen im Impfzentrum durchführt, dass die Verträge zur Honorierung mit dem NRW-Gesundheitsministerium vereinbart wurden. Die Stundenvergütung der Impfärzte bewege sich in einer ähnlichen Höhe wie die Bezahlung der Mediziner, die anfangs in den Testzentren tätig waren.

Vanessa Pudlo, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL).
Vanessa Pudlo, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). © KVWL

KVWL-Sprecherin Vanessa Pudlo: „Die Impfärzte tragen eine hohe medizinische sowie gesellschaftliche Verantwortung und sind einer großen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Dieses freiwillige Engagement sowie die Bereitschaft zur Übernahme dieser außerordentlichen Verantwortung im Rahmen der NRW-Impfkampagne müssen deshalb auch entsprechend honoriert werden.“

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Pudlo betont, „dass sich bereits zahlreiche Ärzte und auch medizinisches Fachpersonal bei uns gemeldet haben, noch bevor wir einen öffentlichen Aufruf gestartet und noch bevor die finanzielle Vergütung dieser Tätigkeit überhaupt in der Diskussion war“. Das zeuge von einem hohen Engagement. Das Bottroper Zentrum verfügt laut Pudlo über maximal vier Impfstraßen, und pro Impfstraße ist ein Arzt tätig.

Dr. Christoph Giepen, selbst Allgemeinmediziner und Sprecher des Bottroper Ärztevereins, sieht das ähnlich. „Im Impfzentrum arbeiten überwiegend Ärzte, die eigentlich eine eigene Praxis haben. In der Zeit, in der sie eine Stunde im Impfzentrum stehen, können sie nicht in ihrer Praxis stehen. Und die Zeiten überlappen ja auch.“ Bei den meisten hausärztlichen Praxen sei wahrscheinlich ein etwas höherer Bruttostundenlohn anzusetzen, wenn die Ärzte in den Praxen arbeiten würden, ist Giepens Einschätzung - was je nach Praxis natürlich auch unterschiedlich sei. „Wir als Freiberufler müssen davon ja alle Sozialabgaben auch selber tragen. Das darf man nicht mit dem Bruttolohn eines angestellten Arztes im Krankenhaus vergleichen.“

Medizinische Fachangestellte im Impfzentrum Bottrop erhalten 38,50 Euro in der Stunde

Dr. Christoph Giepen, Sprecher des Ärztevereins in Bottrop.
Dr. Christoph Giepen, Sprecher des Ärztevereins in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Auch mit Blick auf das mögliche Ansteckungsrisiko – heute durch vorhandenes Schutzmaterial und Impfungen sicher geringer als zu Testzentrums-Zeiten – sei der Lohn sicher nicht zu hoch, meint Giepen. Letztendlich sei der Impfarzt ja eine hochqualifizierte Kraft und die Verantwortung, die übernommen werde, extrem hoch.

Die Arzthelferinnen an der Seite der Ärzte waren zumindest in den Testzentren unter anderem aufgrund der damals noch höheren Infektionsgefahr unterbezahlt, ist Giepens Einschätzung. Aktuell erhalten die medizinischen Fachkräfte für ihre Tätigkeit im Impfzentrum laut KVWL 38,50 Euro pro Stunde. Dabei habe sich die KVWL dafür eingesetzt, ihnen eine übertarifliche Stundenvergütung zu ermöglichen: „Die Fachkräfte werden direkt bei der KVWL angestellt, sodass zusätzliche Abgaben (zum Beispiel an Dienstleister) entfallen und der faktische Stundenlohn somit nicht verringert wird.“