Bottrop. Die Stadt mietet Läden und gibt sie vergünstigt ab. Dafür verzichten Vermieter auf Geld. Darum macht eine Bottroperin mit und bringt Ideen ein.

An der Hansastraße 4 könnte sich in der nächsten Zeit etwas entwickeln. Das Haus steht stellvertretend für viele andere in dem Bereich der Fußgängerzone. Anfang 2020 ist die Modekette Bonita ausgezogen, seither steht das Ladenlokal leer. Nun beteiligen sich die Besitzer, Stephanie Lücke-Plankermann und ihr Sohn Linus, am Sofortprogramm für die Innenstadt. Das ermöglicht es Kommunen, Ladenlokale anzumieten und dann günstig an Interessenten abzugeben. Mit ihren Geschäftsideen sollen dann die Innenstädte belebt werden.

Für die Vermieter bedeutet das aber auch, dass sie auf einen Teil der Mieteinnahmen verzichten müssen. Lediglich 70 Prozent der Kaltmiete übernimmt die Stadt. Allerdings, auch das räumt Stephanie Lücke-Plankermann ein, seien an der Hansastraße derzeit auch nicht die Mieteinnahmen mehr von früher zu erwarten. Seit 1950 ist das Haus im Familienbesitz, seither hat sich die Innenstadt gewandelt, hat sich vieles von der Hansa- in die Hochstraße verlagert.

Bottrops Oberbürgermeister lobt das Engagement der Vermieter

Selbstverständlich habe die Familie ein Interesse daran, das Ladenlokal zu vermieten und so auch das Haus zu finanzieren, doch als Bottroperin liege ihr eben auch die Innenstadt am Herzen, "Es wäre gut, wenn sich da jetzt etwas entwickelt." In einem Punkt ist die Familie gemeinsam mit Makler Wilhelm Gerschermann sogar schon weiter als andere Eigentümer, die sich für das Programm interessieren. Sie hat zwei Interessenten mit Ideen an der Hand. Dabei geht es um ein Angebot für Radfahrer, alternativ um einen Spezialitätenhandel mit kleinem Imbiss.

"Wir werden uns da nun entscheiden", sagt Stephanie Lücke-Plankermann. Dann werde man sich gemeinsam - als Immobilienbesitzer und Mietinteressent - bei der Stadt bewerben. Ob Bernd Tischler lobt das Engagement - auch weil man sozusagen schon ein Komplettpaket anbieten könnte. "Das erleichtert uns womöglich die Arbeit." Denn in den anderen Fällen muss die städtische Wirtschaftsförderung Mieter und Vermieter zusammenbringen und schauen, was zusammenpasst. Schließlich lässt sich nicht jedes Angebot in jedem Ladenlokal realisieren. Für manche Dinge sind womöglich Umbauarbeiten nötig. Derartige Investitionen werden durch das Förderprogramm nicht abgedeckt. "Das alles setzt auch viel Flexibilität der Vermieter voraus", sagt Ursula Gerschermann, auch mit Blick auf den Zeitplan.

Das letzte Wort bei der Vermietung hat eine Jury

Noch bis zum 12. Februar nimmt die Wirtschaftsförderung in einer ersten Runde Vorschläge und Idee möglicher Mietinteressenten an. Bisher gebe es zwei, die sich schon beworben haben und alle Formulare ausgefüllt haben, erläutert Dorothee Lauter. Doch das Interesse sei wesentlich größer. "Wir haben mehr Nachfragen als wir Ladenlokale anbieten können." Für insgesamt sieben reicht der Landeszuschuss aus dem Sofortprogramm, und auch auf Seiten der Hausbesitzer sei das Interesse groß gewesen, sagt Dorothee Lauter. Nahezu alle Besitzer leerstehender Läden auf der Hansastraße hätten sich gemeldet.

Das letzte Wort hat am Ende eine Jury. Darin vertreten sind IHK und Einzelhandelsverband, je ein Vertreter von Sparkasse und Volksbank, ein Vertreter der Interessengemeinschaft, dazu Klaus Kalthoff als Bezirksbürgermeister für Mitte sowie Hermann Hirschfelder als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftsförderung. Das Gremium soll dann kurzfristig alle Infos erhalten und Dorothee Lauter plant, die ersten Mietverträge schon zum 1. März abzuschließen. Doch dabei komme es auch darauf an, wie sich Corona bis dahin entwickle. "Wir wollen uns da auch nicht totprüfen, sondern die Dinge unbürokratisch auf den Weg bringen", verspricht Oberbürgermeister Bernd Tischler zügiges Handeln.

Bottrops Mitte soll sich zu einer "multifunktionalen Innenstadt" entwickeln

Die Ideen für die Hansastraße 4 gingen auf jeden Fall schon in die richtige Richtung - auch mit Blick auf den Wandel, den die Innenstädte nun durchmachen müssten. Der Einzelhandel werde auf Sicht die Innenstädte wohl nicht mehr so dominieren. Tischler spricht in dem Zusammenhang gern von der "multifunktionalen Innenstadt", in der Aufenthaltsqualität, Gastronomie, aber auch Wohnen eine größere Rolle spielen. Vor dem Hintergrund passt es ja auch, dass die Eigentümerfamilie eine bisher gewerblich genutzte Etage an der Hansastraße 4 zu einer Wohnung umbaut.

>>>INFO<<<

Anträge für den Verfügungsfonds Anmietung nimmt die Stadt online entgegen. Die erste Antragsphase läuft bis zum 12. Februar. In der Zeit können sich Mietinteressenten, aber auch Vermieter melden und online die entsprechenden Formulare ausfüllen. Die Stadt hat dafür eine Internetseite eingerichtet: bottrop.de/verfuegungsfonds-anmietung

Voraussetzung für die Anmietung ist, dass die Ideen dazu beitragen, den Publikumsverkehr in der Innenstadt zu erhöhen. "Ziel ist es, interessante und multifunktionale Angebote zu schaffen", heißt es in der Ausschreibung der Verwaltung.

Einige Dinge werden aber von vornherein auch ausgeschlossen. So werden Vergnügungsstätten wie etwa Spielhallen oder Wettbüros nicht gefördert. Außerdem soll das Programm auch anderswo in der Innenstadt keinen Leerstand produzieren. Sprich Umzüge bestehender Geschäfte sind nicht durch das Förderprogramm gedeckt.