Bottrop. Mit Sonnenkraft wird der Schlamm aus der Bottroper Kläranlage getrocknet. Das Projekt ist weltweit das größte seiner Art. Der Probebetrieb läuft.

Sie gilt weltweit als die größte solarthermische Anlage zum Trocknen von Klärschlamm. Ihre Solarmodule bedecken eine Fläche von 61.000 Quadratmetern. Jetzt nahm die Emschergenossenschaft den Probebetrieb der Anlage an der B 224 auf. Der Komplex gehört zur Kläranlage Bottrop.

Im Frühjahr 2019 begann die Genossenschaft die Errichtung der neuen solarthermischen Klärschlammtrocknungsanlage (STT). Die 32 Hallen mit ihren 40.000 Quadratmeter Trockenfläche entstanden in Rekordzeit, so dass jetzt der Testbetrieb anlaufen konnte. Dazu wird entwässerter Klärschlamm in die Hallen eingebracht, um ihn dort regelmäßig zu wenden und mit Hilfe von Sonnenenergie und Abwärme zu trocknen. Gleichzeitig geht die Abluftbehandlung in Betrieb, um das Umfeld durch den Probelauf nicht zusätzlich zu belasten.

Schritt für Schritt bezieht die Emschergenossenschaft in den kommenden Monaten weitere Anlagenteile in den Test mit ein. Auf diese Weise soll die STT Mitte nächsten Jahres bis zur vollen Auslastung hochgefahren werden. Wenn das klappt, bleibt die Betreiberin in ihrem gesteckten Zeitplan. „Das gesamte Team ist froh und auch ein wenig stolz darauf, dass dieses Mammutprojekt in Rekordzeit realisiert werden konnte“, zieht Projektleiter Peter Reese eine vorläufige Bilanz.

Das Hybridkraftwerk Emscher kann Vorbild für weitere Großkläranlagen sein

Der nachhaltige Umgang mit dem anfallenden Schlamm aus der Kläranlage dient einer klimaschonenden Energiegewinnung. Außerdem enthält der Schlamm Ressourcen, die mittelfristig weiter genutzt werden können. Emanuel Grüne, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft: „Bislang müssen dem Klärschlamm, der vor Ort thermisch verwertet wird, jährlich 20.000 Tonnen Kohle zugesetzt werden, um einen ausreichenden Brennwert zu erreichen. Dieser Schritt entfällt in Zukunft. Der Klärschlamm wird in den ,Gewächshäusern’ mittels Sonnen- und Abwärmeenergie getrocknet.“

Die Kläranlage Bottrop ist eines der größten Klärwerke in Deutschland. Weil aber Abwasserreinigung höchst stromintensiv ist, gehörte die Anlage bisher zu den massiven Energieverbrauchern in der Stadt. Es galt also, über innovative Verfahren die CO2-Bilanz zu senken und damit auch noch richtungsweisend für die Wasserwirtschaft zu sein. „Wasserwirtschaft kann eine entscheidende Rolle beim Gelingen der Energiewende spielen“, sagt Uli Paetzel, Chef der Emschergenossenschaft. Das Hybridkraftwerk Emscher in Bottrop könne Vorbild für zahlreiche weitere Großkläranlagen in Deutschland sein.

Die Altanlage verbrauchte den Strom einer 30.000-Einwohner-Stadt

Den Stromverbrauch, der etwa dem einer 30.000-Einwohner-Stadt entspricht, kann der Standort Bottrop mittlerweile komplett nachhaltig decken. Die Solarthermische Klärschlammtrocknung ist dabei nur ein Bestandteil des so genannten Hybridkraftwerks Emscher, mit dem die Emschergenossenschaft die vor Ort benötigte Energie vollständig selbst erzeugt.

Zum Gesamtpaket gehören fünf erneuerbare Energieträger: eine Windenergieanlage, die 2016 in Betrieb ging, vier neue Blockheizkraftwerk-Module (2017), eine Photovoltaikanlage auf einer Dachfläche von 500 Quadratmetern (2017), eine neue Dampfturbine (2017) und zuletzt die Solarthermische Klärschlammtrocknung.