Bottrop. Sylvia Sabrowski hat ihren zweiten Krimi veröffentlicht. Darin geht es um dunkle Machenschaften um und in Bottrops letztem stillgelegten Pütt.

Die Bottroperin Sylvia Sabrowski hat jetzt mit „Zechekiller“ ihren zweiten Krimi vorgelegt, der ebenfalls in ihrer Heimatstadt spielt. Wieder ermitteln Studentin Liesa und der Computernerd Timo. Auch Ex-Bergmann Onkel Willi und die herzensgute aber auch gewiefte Oma Kwatkowiak sind mit von der Partie. Wie in der realen Stadt kann sich auch im Roman niemand dem Bergbau und dessen Folgen wirklich entziehen. Mit der Autorin sprach Dirk Aschendorf .

Sylvia Sabrowski mit dem Fördergerüst von Schacht Franz Haniel im Hintergrund.
Sylvia Sabrowski mit dem Fördergerüst von Schacht Franz Haniel im Hintergrund. © Privat

Das Thema Bergbauende und Umweltschutz wird die Region ja noch lange nach Schließung der letzten Zeche beschäftigen. Wer oder was hat Sie auf das Thema PCB im Grubenwasser gebracht ?

In dem Krimi „Zechentod“ habe ich mich mit dem Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland beschäftigt, den wir in Bottrop ja hautnah und schmerzvoll miterleben mussten. Für den Nachfolger „Zechenkiller“ habe ich mich gefragt, wie es in unserer Stadt in dem Jahr danach aussieht, was die Menschen beschäftigt. Schließlich endet mit einer offiziellen Abschlussfeier nicht das Leben der ehemaligen Bergleute und ihrer Familien und das Thema wird auch nicht abgehakt. Die Geschichte wird wortwörtlich fortgeschrieben, viele scheinen sich sogar mehr als früher mit dem Bergbau auseinanderzusetzen und zu identifizieren. Im „Zechenkiller“ geht es um diese Identität, auch um die Spaltung der Gesellschaft wegen Umweltfragen und ganz konkret, was nach der Zechenschließung passiert – mit den Gebäuden und Schachtanlagen, was unter und über Tage passiert. Da kommt man bei der Recherche zwangsläufig auf das „Rauben“ und die Flutung der Strecken. Dass das Grubenwasser unter anderem mit PCB verseucht ist, ist ja bekannt. Wie das zustande kam, welche Umweltprobleme noch mit dem Ansteigen des Grubenwassers verbunden sein können, das wird eher hinter vorgehaltener Hand besprochen und manches wird vielleicht erst in einigen Jahren akut sein .

Wie haben Sie recherchiert? Haben Sie mit Verantwortlichen und Verursachern über dieses Altlastenthema gesprochen?

Ich stamme aus einer Bergarbeiterfamilie, deshalb waren mir die Themen von Anfang an nicht fremd. Die Erfahrungen und Informationen in dem Buch stammen von Bergleuten, die ich entweder persönlich, teils vor Ort, sprechen konnte oder in sozialen Netzwerken.

Bleibt spannend: der Umgang mit dem Ewigkeitskosten

Wenn ja, wie haben Sie die dort den Umgang mit dem Thema aber auch den so genannten Ewigkeitskosten erlebt?

Dass einige Bergleute bei der Arbeit unter anderem mit PCB-haltigen, krebserregenden Ölen zu tun hatten, das wissen die Betroffenen. Mich hat interessiert, wie sie damit umgehen. Die meisten Bergmänner lassen auf ihren ehemaligen Arbeitgeber nichts kommen, die Loyalität ist ausgeprägt. Wie man mit der eigenen Krebs- und Gesundheitsgefährdung umgeht, ist ja auch etwas sehr Persönliches. Manch einer möchte davon nichts wissen, andere machen sich Sorgen und nehmen Vorsorgemaßnahmen wahr. Was die möglichen Gefahren durch das Fluten betrifft, da sind einige eher zynisch und verlassen sich darauf, dass schon nichts passieren wird und alles geregelt ist. Ich selbst bin da zwiegespalten.

Die Leser können die Bewegungen der Protagonisten in und durch Bottrop fast lückenlos nachvollziehen. Wie wichtig ist Ihnen dieses dichte Lokalkolorit? Erleichtert die Kenntnis auch das Schreiben?

Das Lokalkolorit ist mir enorm wichtig und ich weiß von einigen Lesern, dass sie es sehr mögen, die Schauplätze, die sie selbst kennen, in einem Krimi wiederzuentdecken. Einfacher macht es das Schreiben aber nicht, denn ich muss mir darüber Gedanken machen, wo was in welcher Reihenfolge realistischerweise stattfinden kann. Die Geschichte soll schließlich authentisch sein, was meiner Meinung nach nur gelingt, wenn man sich am Handlungsort auskennt. Wichtiger sind mir aber die dargestellten Menschen und ihre Ansichten, die Sprache, die Sprüche, die Dönekes. Das alles macht eine authentische Geschichte aus.

Sind „Oma Kwatkowiak“, „Onkel Willi“ und Timo reine Kunstfiguren, Typen oder kommen auch die in Ihrem Leben vor? Wenn ja: Wie reagierten die Vorbilder?

Die drei sind, wie alle Figuren in meinen Krimis, zwar erfunden, haben aber Eigenschaften, Eigenheiten und Macken von Menschen, die ich kenne oder kannte. Sie stehen für bestimmte Typen, denen man im Ruhrgebiet auf dem Markt oder „anne Bude“ begegnen könnte. Und sie haben alle etwas Liebenswertes „abbekommen“ von Menschen, die ich mag.

Tatort Bottrop

Nach „Zechentod“ ist mit „Zechenkiller“ das Ermittler-Duo Liesa und Timo und deren Bottroper Umfeld etabliert. Gibt es also ein Wiederlesen, sprich: einen neuen Fall? Und spielt der auch im Bergbaumilieu?

Ich arbeite momentan tatsächlich an einem dritten Fall. Liesa wird diesmal alles abverlangt, sie muss förmlich durch die Hölle gehen. Die wichtigsten Personen aus ihrem Umfeld werden wieder mit dabei sein, aber Liesa muss weitgehend allein klarkommen und gerät so richtig in Bedrängnis. Schauplätze sind verlassene Zechengelände.

Worum geht es darin?

Im dritten Band wird Liesa ihren Ermittlungsspielraum ausweiten und nicht nur in Bottrop, sondern auch in anderen Ruhrgebietsstädten unterwegs sein. Sie gerät in eine Szene, die etwas mit dem Nachbergbau zu tun hat. Mehr kann ich aber noch nicht verraten.

Corona-Zeit ist für viele Lesezeit: Was ist zurzeit aktuell Ihre Lektüre und wen (oder was) lesen Sie am liebsten?

Leider komme ich momentan kaum zum Lesen und wenn, dann zu Recherchezwecken. In den Phasen, in denen ich nicht schreibe, lese ich gern Regionalkrimis und klassische Detektivgeschichten. Zu meinen Lieblingsautoren zählen Jan Zweyer, Jacques Berndorf und Jörg Juretzka.

Fakten zum Buch

Der Bergbau ist beendet, die Umweltprobleme, wie zum Beispiel das giftige PCB im Grubenwasser bleiben. I n „Zechenkiller“ geht es um einen fiktiven Umweltskandal auf Prosper-Haniel. Als ehemalige Mitarbeiter über Gesundheitsprobleme klagen, verbrennt kurz darauf ein bergbaukritischer Umweltaktivist, der zuvor Drohbriefe erhalten ha t.

In „Zechenkiller“ führt Sylvia Sabrowski in Bottrops Unterwelt.
In „Zechenkiller“ führt Sylvia Sabrowski in Bottrops Unterwelt. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Hobbyermittlerin Liesa und Computernerd Timo werden neugierig und fangen an, nachzuforschen. Liesa gerät immer tiefer in die Sache hinein und wird schließlich selbst bedroht.

Ab sofort im Buchhandel

Spannend und flüssig geschrieben mit viel Bottrop-Flair, von Ebel, Welheim bis Kirchhellen. Am stimmungsvollsten sind die konspirativen Szenen in Oma Kwatkowiaks Wohnküche im Bottroper Süden .

„Zechenkiller“ von Sylvia Sabrowski, 283 Seiten, ist erscheinen im Gmeiner-Verlag und für 12 Euro im Buchhandel erhältlich. ISBN: 978-3-8392-2774-9.