Zuerst gab es die Zeche, dann kam die Siedlung - und schließlich folgte der Denkmalschutz. Dazwischen liegen 80 Jahre. Eigentlich steht die Gartenstadt Welheim, deren Bau vor 100 Jahren begann, beispielhaft für Geschichte und Entwicklung des Ruhrgebiets. Sogar mittelalterliche Wurzeln gibt es, die, wie in vielen Orten des alten Industrie-Reviers überformt und - im Fall der alten Deutschordens-Kommende Welheim - später sogar abgerissen wurden. Eine typische Reviergeschichte.

In Welheim ging sie allerdings glimpflich aus. Als man sich Anfang der 1990er Jahre im Zuge der Bauausstellung IBA Emscherpark auf den Wert der Gartenstadt besann, das Gesamtensemble unter Denkmalschutz stellte und mit der Sanierung begann, stellten die Verantwortlichen damit Weichen Richtung Zukunft. Inzwischen nennen Fachwelt und kulturhistorisch wie architekturinteressierte Besucher Welheim in einem Atemzug mit den Siedlungen Eisenheim (Oberhausen), der etwa zeitgleich entstandenen Teutoburgia in Herne oder dem Paradebeispiel für die Gartenstadtbewegung im Revier, der Essener Margarethenhöhe.

Als die Zeche „Vereinigte Welheim“ 1914 ihren Betrieb aufnahm, begannen auch die Bauarbeiten für die Siedlung Welheim. Kurze Wege zum Pütt, einigermaßen zufriedene Arbeiter, die sich in den großen Nutzgärten zum Teil selbst versorgen konnten, und so möglichst wenig anfällig für „sozialistisches Gedankengut“ waren: das waren die Konzepte der Industriellen, die auch hinter diesen Siedlungsplänen standen. Die Gartenstadt wuchs rasch. Ein erster Bauabschnitt war trotz des 1. Weltkriegs bereits bei dessen Ende 1918 bezugsfertig. Zwischen 1920 und -23 wurde die Gartenstadt - erweitert durch eine sogenannte „Beamten- und Angestellten-Siedlung“ - fertiggestellt.

Etwa 650 Häuser, von denen 125 nach Kriegszerstörungen zwischen 1947 und -57 neu erbaut wurden, gut 1000 Wohnungen mit über 2500 Bewohnern: Nüchterne Zahlen, die nichts sagen über das Leben in der einstigen Kolonie, das bis in die 50er Jahre noch geprägt war von Maloche, Garten, Tauben und manchmal sogar noch dem eigenen Schwein im Stall hinter dem Haus.

Von der Zechensiedlung zum Forschungsprojekt

Welheim hatte und hat fast dörflichen, auf jeden Fall einen wohltuend geschlossenen Charakter. Begrünte, zum Teil alleeartige Straßen, der Stinnes- oder der Ulmenplatz, einheitlich gestaltete Vorgartenzonen, relativ große Gärten für die Mieter: Das ist das Rahmen für die unterschiedlichen Haustypen, die als zusammenhängende Gruppen die Siedlung gliedern.

Auch wenn die Zeche bereits 1931 die Förderung einstellte: Hydrierwerk, Ruhröl, Hüls: Das waren lange die großen Arbeitgeber, auch für die Gartenstadt, die bald keine reine Bergarbeitersiedlung mehr war. Dass Welheim aber einmal Forschungsobjekt sein sollte, wie zum Beispiel für Kathrin Lilienweiß, deren Staatsexamensarbeit über die Siedlung im Stadtarchiv liegt, war vor 100 Jahren sicher noch unvorstellbar.