Bottrop-Kirchhellen. Am alten Marktplatz können Lesefreunde bald alte Schmöker gegen neue Lektüre eintauschen. Bücherschrank kann Vorbild für andere Ortsteile sein.
Das Fundament ist gegossen und auch der Bücherschrank, der später auf diesem Fundament zwischen altem Marktplatz und Hauptstraße aufgestellt werden soll, ist fertig. Noch steht er in der Werkstatt, doch schon bald können Bücherfreunde hier ihre alten Schmöker gegen neuen Lesestoff eintauschen. Innerhalb der nächsten zwei Wochen, so schätzt Bezirksbürgermeister Ludger Schnieder, wird der Bücherschrank hier aufgestellt.
Ob er dann tatsächlich auch sofort genutzt werden kann, da zeigt sich Schnieder skeptisch. Der Grund? Corona. Denn Schnieder hat Sorge, dass mit dem Bücherschrank ein Ort entsteht, wo sich Menschen begegnen. Was in normalen Zeiten ja genau so erwünscht ist, stellt in Zeiten der Pandemie jedoch ein Problem dar. Möglich also, dass die Inbetriebnahme noch etwas weiter hinaus geschoben wird.
Kirchhellener Bürger hatten die Idee, einen solchen Bücherschrank aufzustellen
Der Bücherschrank geht auf eine Bürgeranregung zurück, die Kosten für den Bau hat die Bezirksvertretung übernommen, aus dem Stadtteilfonds kommt ein weiterer Zuschuss. Denn wenn der Schrank in Betrieb geht, dann soll er nach Ansicht des Bezirksbürgermeisters auch gefüllt sein. Neben Büchern schwebt den Verantwortlichen vor, dass auch Spiele einen Platz im Schrank erhalten sollen. Doch während die Bücher ausgetauscht werden dürfen – sprich man darf die Lektüre mitnehmen und gegen andere Bücher von zu Hause austauschen – gilt das für die Spiele nicht.
Sie sollen einen festen Platz in der Dorfmitte haben. Angedacht sei, die beiden Bänke am Standort noch durch einen Tisch zu ergänzen. „So könnte sich hier vielleicht ein Treffpunkt entwickeln, wo man zusammenkommt und einfach eine Runde spielt“, so Schnieder. Möglich auch, dass sich Synergien und Gemeinsamkeiten mit der Pfarrbücherei und der Stadtteilbibliothek ergeben. Warum sollten nicht ausrangierte Bücher von dort im Bücherschrank landen und so Menschen noch eine Freude machen?
Bei Erfolg könnten auch in Grafenwald und Feldhausen Schränke aufgestellt werden
Schnieder denkt außerdem noch weiter. Womöglich könnte der Bücherschrank ein Vorbild für die anderen Ortsteile sein. „Wir müssen uns mal ansehen, wie das angenommen wird und wie das funktioniert, und dann kann man sich ja vielleicht überlegen, einen ähnlichen Schrank auch in Grafenwald oder Feldhausen aufbauen. Es muss ja nicht immer alles nur in Kirchhellen-Mitte stattfinden.“ Gerade in Feldhausen wo es – anders als in Grafenwald mit der Gemeindebücherei – keine solche Einrichtung, gibt, könnte das funktionieren, glaubt Schnieder.
Doch zurück zur Dorfmitte. Selbstverständlich kann man einen solchen öffentlichen Bücherschrank nicht komplett sich selbst überlassen. Hier kommen die Revierkinder ins Spiel, ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Kirchhellen. Der will sich um den Schrank kümmern. Geschäftsführerin Claudia Behrendt: „Bildung ist für uns ein wichtiges Thema, dazu zählt auch der Zugang zu Literatur und ganz wichtig ist da auch der kostenlose Zugang.“
Revierkinder halten den Kirchhellener Bücherschrank in Ordnung
Und genau das kann der Bücherschrank ja gewährleisten. Ganz konkret werden die Revierkinder beispielsweise dafür sorgen, dass der Schrank in Ordnung gehalten wird. Dazu gehört auch das regelmäßige Sichten der Bücher. Sind die noch in Ordnung? Sollten „Ladenhüter“ vielleicht mal aussortiert werden? „Wir betreuen hier im Dorf ja auch Familien und Jugendliche. Unsere Idee ist, das gemeinsam mit denen in Angriff zu nehmen.“ In der Regel gebe es ja im Dorfkern eine gute soziale Kontrolle, so dass sie davon ausgeht, dass der Aufwand überschaubar ist.
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Außerdem können sich die Revierkinder vorstellen, da auch weitere Kooperationen einzugehen. Warum sollten nicht vielleicht auch Kindergärten oder Schulen ein Interesse daran haben, sich mit um den Bücherschrank im Dorf zu kümmern, so Claudia Behrendt.
Anderthalb Jahre von der Idee bis zur Umsetzung
Von der ersten Idee bis zur Realisierung hat es rund anderthalb Jahre gedauert, sagt Schnieder. Zunächst mussten die Pläne konkretisiert werden, und auch für so einen öffentlichen Bücherschrank brauche es eine Baugenehmigung.
So funktioniert der Bücherschrank
An dem öffentlichen Bücherschrank darf sich jeder bedienen. Wer mag, der kann sich die passende Lektüre dort aussuchen und mit nach Hause nehmen. Im Gegenzug kann er Bücher, die er bereits gelesen hat und zu Hause möglicherweise nicht aufbewahren will, dort hineinstellen, in der Hoffnung, dass jemand anderes da noch Freude dran hat.
Derartige Bücherschränke stehen auch bereits in anderen Bottroper Stadtteilen. Vor gut vier Jahren etwa wurde eine umgebaute Telefonzelle am Eigener Markt als öffentlicher Bücherschrank in Betrieb genommen. Und auch auf dem Fuhlenbrock gibt es eine solche Bücherzelle.