Der neue Rat in Bottrop bereitet sich hinter den Kulissen auf seine Arbeit vor. Darauf kommt es dabei an, damit kein Abstimmungsmarathon droht.
Selten kommt es so sehr auf jedes einzelne Ratsmitglied an wie bei der Bildung des neuen Bottroper Stadtrates. Die Amtszeit des alten Rates endet zum Ende des Monates. Oberbürgermeister Bernd Tischler persönlich führte zwischenzeitlich daher Gespräche mit den neu gewählten Ratsvertretern. Gemeinsam mit Ratsressortchef Björn Bruno Abraham besprach er mit den Vertretern jeder einzelnen Ratspartei, wie der neu gewählte Rat arbeiten und entscheiden soll. Beide schworen die Ratsvertreter dabei für die Bildung der wichtigen Fachausschüsse auf das Einigungsverfahren ein, bei dem sich alle Ratsmitglieder auf einen einzigen einheitlichen Vorschlag verständigen müssen.
So entscheidet der Rat gemeinsam, welche Arbeitsstruktur er sich gibt. Dabei geht es um die Zahl der Fachausschüsse, die Mitgliederzahl in den einzelnen Ausschüssen, wie viele sachkundige Bürger mitberaten dürfen und vor allem welche und wie viele stimmberechtigten Ratsmitglieder die einzelnen Ratsparteien in diese Gremien entsenden. „Wenn auch nur ein einziges Ratsmitglied dagegen stimmt, geht das nicht“, erklärt Ressortchef Abraham. Dann steht eine Mammutsitzung bevor. Denn der Rat müsste per Listenwahl für jeden Fachausschuss einzeln über die Ausschussmitglieder abstimmen. Das dauert.
Streit um AfD-Sitze scheint in Bottrop nun ausgeschlossen
Im Prinzip sind die Ratsausschüsse, in denen die Entscheidungen des Rates vorbereitet werden, kleine Spiegelbilder der Ratsmehrheit. Einem Ratsvertreter den Sitz in einem Ratsausschuss verweigern könnte eine Mehrheit der Ratsmitglieder deshalb auch diesmal nicht. Im alten Rat hatte noch eine Mehrheit den AfD-Vertreter Guido Schulz nicht in den Sozialausschuss gelassen. Erst die Kommunalaufsicht verhalf ihm zu seinem Recht. „Eine Nicht-Wahl ist nicht möglich“, unterstreicht daher Ratsressortchef Björn Bruno Abraham. Spätestens bei der Listenwahl, die nach demselben Verfahren ausgezählt wird wie die Ratswahl selbst, käme auch die AfD zum Zuge, solange ihre vier Vertreter für die eigene Liste stimmen.
Leer ausgehen könnte dagegen eine der vier kleinen Ratsgruppen. In dem prinzipiell für Ratsmitglieder reservierten Haupt- und Finanzausschuss (HFA) unter Vorsitz von OB Bernd Tischler wären bei derzeit 20 Mitgliedern nicht genügend Sitze für alle Ratsparteien vorhanden. Für die vier Ratsgruppen ÖDP, DKP, FDP und Linke gibt es dann nur drei Sitze. Sie müssten die Plätze daher untereinander auslosen. Um das zu vermeiden, kann der Rat die Zahl der HFA-Mitglieder aber verändern. Erhöht er die Mitgliederzahl auf 21, sind auch alle Ratsgruppen komplett vertreten. Andere Varianten hätten dagegen Folgen für die beiden stärksten Ratsparteien: Sinkt die Zahl etwa auf 18 Mitglieder, verlören SPD und CDU jeweils eine Stimme zugunsten der kleinen Parteien, steigt sie auf 22 Mitglieder, gewinnt die SPD eine Stimme hinzu.
Kleine Bottroper Ratsgruppen müssten ins Losverfahren
Ins Losverfahren müssten ausgerechnet die kleinen Ratsgruppen auch bei der Wahl der sachkundigen Bürger in den anderen Ratsausschüssen. Die Parteien dürfen anstelle ihrer Ratsmitglieder auch eine auf neun Mitglieder begrenzte Zahl an sachkundigen Bürgern in die Ausschüsse wählen. Das sei gerade für die kleinen Parteien im Rat sehr wichtig, heißt es. Denn es erhöhe sonst das Arbeitspensum enorm, bei jeweils zwei Ratsvertretern alle bis zu 15 Ratsgremien zu besetzen. Doch während die SPD als stärkste Kraft mit vier auch die meisten sachkundigen Bürger pro Ausschuss entsenden kann, müssen ÖDP, DKP, FDP und Linke um den einen sachkundigen Vertreter pro Ausschuss losen - oder sich untereinander verständigen, welche Gruppe welches Gremium besetzt.
Komplett außen vor bleiben die kleinen Ratsparteien bei der Bestellung der wichtigen Vorsitzenden der Ratsausschüsse. Diese leiten nicht nur die Ausschusssitzungen und erteilen Rederechte, sondern legen in Abstimmung mit der Verwaltung auch fest, welche Themen wann in ihren Ausschüssen beraten werden. Erwartungsgemäß stellt die SPD als stärkste Kraft im Rat auch die meisten Ausschussvorsitzenden: insgesamt fünf. Die CDU bestellt drei Vorsitzende und die Grünen - zum ersten Mal überhaupt - eine Vorsitzende. Die AfD erhält ebenso wie die Ratsgruppen keinen Vorsitz. Anders als die vier AfD-Vertreter dürfen die acht Ratsvertreter der vier kleinen Ratsgruppen bei der Bestellung der Ausschussvorsitzenden aber nicht mit abstimmen - es sei denn, der Rat verständigt sich auch dabei auf das Einigungsverfahren.
Ein Spiegelbild der Mehrheiten im Rat
>>> Bei der Wahl des Rates war die SPD mit 40,2 Prozent der Stimmen die Gewinnerin. Sie erhält im neuen Stadtrat 24 Sitze. Die CDU kommt auf 14 Sitze. die Grünen sind mit acht Ratssitzen drittstärkste Kraft. Die AfD hat vier Vertreter im Rat. Die Ratsgruppen ÖDP, DKP, FDP und Linke stellen je zwei Ratsmitglieder.
Bleibt es bei der bisherigen Größe der Ratsausschüsse, bedeutet das bei einer Zahl von 19 Mitgliedern je Fachausschuss: acht Sitze für die SPD, vier für die CDU, zwei für die Grünen und einen Sitz für die AfD.
Auch die Ratsgruppen von ÖDP, DKP, FDP und Linke bekommen mit Ausnahme des HFA und des Jugendhilfeausschusses je einen Sitz in jedem Fachausschuss.