Rund 400 Beschäftigte der Stadt, der Sparkasse, der Best und des Knappschaftskrankenhauses nahmen am Warnstreik-Marsch durch Bottrops City teil.

Laute Reggae-Musik kam aus den Lautsprecher-Boxen, um die Streikenden in gute Stimmung zu bringen. Mehrere hundert Beschäftigte versammelten sich schon um kurz vor acht Uhr auf dem Berliner Platz. Nach und nach trafen immer mehr Streikende ein. So gut wie alle trugen Corona-Schutzmasken im Gesicht, viele schwenkten rot-weiße Fahnen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, des Knappschaftskrankenhauses, der Sparkasse und der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best) nahmen schließlich an der Kundgebung und dem Protestmarsch durch die Innenstadt teil, um auf ihre Forderung nach besserer Bezahlung aufmerksam zu machen.

„Wir stehen hier, um den Druck zu erhöhen“, sagte Lutz Küstner. Er ist Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung. Die Beschäftigten fordern 4,8 Prozent mehr Lohn. „Wir alle halten in der Corona-Krise den Laden am Laufen“, betonte der Personalrat und nennt als Beispiel die Mitarbeiter im Bürgerbüro oder in den Ordnungsbehörden. „Es ist eine bodenlose Frechheit, uns in Corona-Zeiten auf die Straße zu treiben“, kritisiert er die Vertreter der kommunalen Arbeitgeber. Den Bottroper Verwaltungschef aber nimmt Lutz Küstner ausdrücklich von seiner Kritik aus. Denn OB Bernd Tischler habe dazu aufgerufen, den Beschäftigten ein ordentliches Gehaltsangebot zu unterbreiten.

Bottroper Beschäftigte üben scharfe Kritik an öffentlichen Arbeitgebern

„Bernd Tischler hat eine Vorreiterrolle inne“, dankte auch Verdi-Sprecher Bernd Dreisbusch dem Oberbürgermeister. In der Tarifrunde gehe es nicht allein um Geld. „Es geht um eine Frage der Ehre, des Anstandes, der Fairness“, unterstrich der Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Mittleres Ruhrgebiet. Es sei die Gewerkschaft Verdi gewesen, die den Arbeitgebern angeboten habe, die Tarifrunde zu verschieben. „Wir hätten dann die Corona-Pandemie so lange mit einer Einmalzahlung überbrücken können“, erklärte der Gewerkschafter. Das habe der Verband der kommunalen Arbeitgeber aber nicht mitgemacht.

Komba-Mitglieder versammelten sich zur Kundgebung am Bottroper Altmark.
Komba-Mitglieder versammelten sich zur Kundgebung am Bottroper Altmark. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann


„Taktiererei zu Lasten der Bürger“, warf Norbert Lechtenberg den Arbeitgebervertretern deshalb vor. Diese hätten darauf spekuliert, dass die Beschäftigten wegen der Corona-Krise schon nicht streiken würden. „Wir alle leisten tolle Arbeit“, rief der Personalrat der Sparkasse den Beschäftigten auf dem Berliner Platz zu und verlangte eine vernünftige Bezahlung. „Ich bin wütend, dass wir streiken müssen“, sagte der Personalrat, doch der Applaus für die Mitarbeiter zu Beginn der Corona-Krise müsse sich jetzt auch in besserer Bezahlung niederschlagen.

Von Applaus allein können sich Arbeitnehmer nichts kaufen

Auch nach zwei Verhandlungsrunden sei das Angebot der Arbeitgeber aber gleich Null, kritisierte Verdi-Sprecher Bernd Dreisbusch. „Wir haben geglaubt, dass der Applaus ernst gemeint war und sind sehr enttäuscht“, sagte er. „Das Angebot war aber Null-komma-Null. Die Spitze der Unverschämtheit war, dass die Mitarbeiter der Sparkassen sogar weniger bekommen sollten“, schimpfte Dreisbusch. Die Arbeitgeber hätten den Warnstreik der Beschäftigten regelrecht provoziert, bemängeln die Gewerkschafter. „Jetzt streiken die Corona-Heldinnen und -Helden“, betonte er. „Streik ist ein Grundrecht. Wir werden uns dieses Recht auch in Corona-Zeiten nicht nehmen lassen“, unterstrich er. Die Gehaltsforderung der Gewerkschaft von 4,8 Prozent sei schon Kompromiss genug.

Für den Applaus zu Beginn der Corona-Krise könnten sich die Beschäftigten nichts kaufen, betonte auch Michael Kolorz. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bottroper Knappschaftskrankenhauses leisteten erstklassige Arbeit. „Wir sind es leid, warme Worte zu hören. Wir brauchen mehr Kohle“, sagte der Betriebsratsvorsitzende des Knappschaftskrankenhauses. In der Corona-Krise sei für so viele und so vieles Geld da. Dass ausgerechnet die Beschäftigten im öffentlichen Dienst dabei kaum eine Rolle spielen sollen, will der Betriebsrat daher nicht hinnehmen: Michael Kolorz: „Wir sind - waren - bleiben systemrelevant“.

Bottroper Recyclinghof blieb wegen des Streiks geschlossen

Auch der Recyclinghof Donnerberg wurde am Mittwoch bestreikt.  
Auch der Recyclinghof Donnerberg wurde am Mittwoch bestreikt.   © Matthias Düngelhoff | Matthias Düngelhoff

Wegen des Warnstreiks und der Kundgebung in der Innenstadt blieb der Recyclinghof Donnerberg geschlossen. Ein Streikbanner der Gewerkschaft Komba hing am Eingangstor. Dass auch die Best-Beschäftigten streikten, war nach dem Ende des Protestmarsches auch in der Innenstadt noch zu erkennen. Denn anders als sonst reinigte die Best-Leute nach dem Ende des Wochenmarktes die Fußgängerzone diesmal nicht. Der Müllsäcke, in die die Markthändler ihre Abfälle gepackt hatten, bleiben stehen. Die Müllsäcke werden aber am Donnerstagmorgen abgeholt, versicherte Best-Vorstand Uwe Wolters - und die Fußgängerzone wird ohnehin täglich am Morgen gereinigt.