Bottrop. Die Umweltbelastungen werden immer schlimmer, klagen Bürger im Bottroper Süden. Sie glauben nicht an Besserung und fordern drastische Schritte.
Bürgerinitiativen und Anwohner im Bottroper Süden fordern die Schließung der Kokerei Prosper. Ihre Vertreter kündigten außerdem strafrechtliche Schritte gegen die Aufsichtsbehörden der Kokerei an. Den Ausschlag gab letztlich die Erkenntnis des NRW-Umweltministeriums, dass auch in der Bottroper Kokerei zeitweise gefährlicher Abfall, der als Petrolkoks deklariert wurde, verbraucht worden war.
„Mittlerweile ist unser Ziel, da den Deckel drauf zu machen. Jetzt muss da Feierabend sein“, sagte Andreas Krzykawski, einer der Sprecher der Anwohner im Bottroper Süden, vor mehr als 90 Bürgern im Gemeindesaal der Paul-Gerhardt-Kirche. Die Anwohner kritisierten, dass die Belastungen mit Schadstoffen wie Benzo(a)pyren im Süden der Stadt entgegen der Beteuerungen der Kokerei-Geschäftsführer sogar zugenommen hätten und auch die Staubniederschläge nicht zurückgegangen seien. „Man darf das Ganze nicht verharmlosen“, forderte Beatrix Kowert, Sprecherin der Bürgerinitiative Johannestal. „Seit eineinhalb Jahren verspricht man uns Verbesserungen, doch es wird immer schlimmer“, beklagte auch Andreas Krzykawski.
Anwohner kritisieren Umweltbelastungen im Bottroper Süden scharf
Scharfe Kritik übte eine Reihe von Bürgern an dem Einsatz des als Petrolkoks deklarierten Abfalls aus der Shell-Ölraffinerie in Wesseling. Sie äußerten die Sorge, dass so Schwermetalle und weitere Schadstoffe in die Umwelt geraten sein könnten. Denn es habe sich ja gezeigt, dass die Koksöfen an der Prosperstraße nicht mehr dicht genug seien. „Unsere Stadtspitze weiß, dass wir verseucht worden sind“, sagte Andreas Krzykawski.
Zwar hatte die Bezirksregierung Köln 1997 die Verwendung des Materials aus Wesseling erlaubt, doch das Landesumweltministerium stellte kürzlich fest, das Material „hätte mit dem Wissen von heute nicht als Petrolkoks“ genehmigt werden dürfen. Es handele sich vielmehr um „gefährlichen Abfall“. Der Arcelor-Mittal-Konzern, dem die Bottroper Kokerei gehört, bestätigte auf Anfrage der WAZ-Redaktion, dass das Material „in und vor 2017“ in Bottrop eingesetzt worden war. Sprecherin Marion Müller-Achterberg wies darauf hin, dass dies von den Behörden so auch genehmigt war.
Ratsvertreter zeigen Verständnis für Rufe nach Schließung der Kokerei
An der Versammlung nahmen Vertreter der Ratsparteien ÖDP, FDP, und DKP teil. Auch Bürgersprecher und Parteivertreter aus Herne waren gekommen, zum Beispiel Ratsfrau Klaudia Scholz (Linke). Sie bestärkten die Bottroper, weiter gegen die Umweltbelastungen zu protestieren. Wie in Bottrop waren auch in Herne in Kraftwerken als Petrolkoks deklarierte Raffinerie-Rückstände verbraucht worden.
ÖDP-Ratsherr Johannes Bombeck äußerte während der Bürgerversammlung Verständnis für die Forderung der Bürger, die Bottroper Kokerei zu schließen. Die Koksöfen hätten ihre Lebensdauer überschritten. Auch Bedienfehler hätten dazu geführt, dass die Belastungen durch die Kokerei zugenommen hätten, sagte er. „Wir werden die Probleme mit Benzo(a)pyren nicht in den Griff bekommen, so lange die Koksbatterien nicht ausgetauscht werden“, sagte Bombeck. Dies verursache allerdings enorme Kosten, bezweifelte er die Bereitschaft des Arcelor-Mittal-Konzerns.
Verzehrverbot für Gemüse gilt weiter
Die Bürger aus dem Bottroper Süden weisen außerdem darauf hin, dass das Landesumweltamt und die Stadt ihre dringenden Empfehlungen, bestimmte Blattgemüsesorten aus eigenen Gärten besser nicht zu verspeisen, nach wie vor aufrecht erhalten. Oberbürgermeister Bernd Tischler hatte diesen Rat nach Rücksprache mit den Umweltbehörden zum ersten Mal im Mai offiziell erteilt, weil bei Untersuchungen an Gemüse erhöhte Schadstoffwerte wie Benzo(a)pyren und andere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gemessen worden waren.
Gar nicht oder möglichst selten sollten die Bürger in Welheim sowie in Teilen Boys und Batenbrocks demnach zu selbst angebautem Grünkohl, Mangold, Spinat, Pflücksalat wie etwa Lollo Rossa, Feldsalat, Rucola, Rübstiel sowie Staudensellerie greifen.