Sicherer, bessere Luft und der Blick ins Grüne: Die SPD will in Bottrop ein Radwegenetz abseits der Hauptstraßen aufbauen.
Schöner Radfahren, das wäre ein ganz guter Titel für Rüdiger Lehrs Programm. Denn die Bürger sollen mit dem Rad nicht auch noch auf den stark befahrenen Straßen, sondern auf den schöneren Strecken durchs Grüne durch Bottrop fahren. „Dort sind sie ja dann auch viel sicherer unterwegs als zwischen so vielen Autos“, erklärt der Vorsitzende des Verkehrsausschusses. Aus tiefer Überzeugung wirbt der SPD-Ratsherr daher für ein Radwegenetz abseits der Hauptverkehrsstraßen. „Radfahrer suchen und finden die für sie besten Strecken doch selbst“, weiß Lehr aus eigener Erfahrung - und hängen dann auch schnell einmal so manches Auto ab.
Rüdiger Lehr jedenfalls erzählt gern über das heimliche Wettrennen zwischen Fahrrad und Auto, das er mit seinem Nachbarn Frank Beicht immer wieder einmal austrägt: So traf sich die Altstadt-SPD regelmäßig zu ihren Versammlungen in Haus Rogge an der Hans-Böckler-Straße. Abends fuhr Frank Beicht mit dem Auto nach Hause und Rüdiger Lehr mit dem Elektrofahrrad. „Da hat er keine Chance“, schmunzelt Lehr. Denn der Radler fährt den kürzesten Weg: zwischen den Kleingärten und der Stadtgärtnerei hindurch zum Oberbeckshof, am Quadrat vorbei, zur Urbana-Seniorenresidenz, über die Overbeckstraße bis zur Gladbecker Straße und hinein in die Siedlung am Prosper-Park. „Wenn Frank Beicht nebenan mit dem Auto eintrifft, bin ich schon zu Hause“, meint der SPD-Ratsherr.
Am Kirchschemmsbach entlang von Stadtmitte zu Stadtmitte
Lehr kennt eine ganze Reihe von Fahrradstrecken durch die Stadt, die abseits der Hauptverkehrsachsen zum Ziel führen. „Nach Kirchhellen komme ich mit dem Rad, auch ohne die Bottroper Straße entlang fahren zu müssen“, sagt der Bottroper. Lehr fährt lieber über die Forststraße und die Töfflinger Straße am Wald entlang, trifft auf die Burgstraße und gelangt über diese bis in den Ortskern. Die Vorteile liegen für ihn auf der Hand: ein angenehmeres Fahrgefühl, weniger Lärm, weniger Autoabgase, ein Plus an Sicherheit und der Blick ins Grüne.
Das funktioniert auch auf anderen Routen ähnlich: In Richtung Oberhausen fährt er nicht die Osterfelder Straße entlang, sondern über den Femeweg am Parkfriedhof vorbei, jenseits der Sterkrader Straße weiter über die Waldwege bis zum Revierpark Vonderort. „Von da komme ich auch bis zum Centro, ohne über eine einzige Hauptstraße fahren zu müssen“, sagt der SPD-Ratsherr. In die Stadtmitte von Gladbeck fahren Radfahrer gut über den City-Trail am Kirchschemmsbach entlang. „Den Weg müsste man auf Dauer aber etwas breiter machen“, rät Lehr. In Richtung Essen fährt der Bottroper vom Prosper-Park aus einen Teil der Strecke zu Beispiel über den Lange-Kamp-Weg und nutzt auch die Radwege an der Berne.
Stillgelegte Bahntrassen bieten sich als Radwege an
„Über die Oberflächen einiger Wege muss man reden, die muss man mit besseren Belägen teils schon viel fahrradfreundlicher ausbauen“, betont Lehr. Dies sei aber leichter zu finanzieren als viel Geld für den Bau von Radspuren auf Hauptverkehrsstraßen auszugeben, auf denen sowieso schon zu viel Verkehr ist. Für Lehr gibt es noch zahllose Möglichkeiten solche alternativen Radfahrstrecken zu entwickeln. „Allein die stillgelegten Bahntrassen bieten uns da viele Chancen“, meint der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, „und die führen alle durchs Grüne“.
Deshalb erklärte die SPD auch die RAG-Trasse zur Favoritin für den Radschnellweg durch Bottrop nach Essen und kämpfte vehement gegen die Grünen-Idee für den Radschnellweg auf der Gladbecker Straße. „Mit dem Fahrrad am Stau vorbei, den ich selbst produziert habe“ - fast spöttisch geht Lehr mit solchen radikalen Forderungen ins Gericht und wirft den Grünen vor, Radfahrer und Autofahrer gegeneinander auszuspielen. Dabei gebe es in Bottrop mehr als 80.000 zugelassene Kraftfahrzeuge. Deshalb blieb seine Partei auch bei der neusten Grünen-Idee für so genannte Pop-Up-Bike-Lanes hart. Die Verwaltung wollte den Grünen wenigstens einen Test für so eine provisorische Radspur gestatten. Doch die SPD machte das ganz bewusst nicht mit. „Das wäre ja wieder nur auf einer großen Straße möglich. Das wollen wir nicht“, betonte Lehr.
Vorfahrt für Radfahrer an Zebrastreifen
Vorfahrt für Radfahrer will Lehr aber durchaus. Auf der Parkstraße in Höhe des Torbogens zum Stadtgarten zum Beispiel sollen Autos künftig halten, wenn Radfahrer über den Zebrastreifen rollen. Auch an den Querstraßen des City-Trails am Kirchschemmsbach entlang sollen die Radfahrer Vorfahrt bekommen. Bisher müssen sie an den Zebrastreifen warten, bis die Autos vorbei sind. „Das ist doch absurd“, findet Lehr. Denn Vorfahrt hätten Radfahrer nur dann, wenn sie absteigen - und ihr Rad zu Fuß über den Zebrastreifen schieben.
Umstrittenes Thema
>>> Die Förderung des Radverkehrs zum großen Thema der Bottroper Ratsparteien geworden. Grüne, Linke, ÖDP wetteifern mit Ideen für Radfahrer um die Wählergunst. Die SPD legt dar, wie sie sich ein Radwegenetz vorstellt (siehe oben) und die CDU fordert ein Mobilitätskonzept.
Am Donnerstag will Umweltdezernent Klaus Müller darlegen, welche Verbesserungen es für Radfahrer in Bottrop gibt. Auch zusätzliche Fahrradstraßen gibt der Beigeordnete bekannt.