Bottrop. Der Kirchplatz hat eine lange Geschichte - ein Platz ist er aber erst seit 1960er Jahren. Viele Jahrhunderte war dort der Friedhof.
Plätze prägen eine Stadt. Sie sind Versammlungsorte, Treff- und Handelspunkte, oft repräsentatives Entree für bedeutende Bauten, früher auch gerne Aufmarschplätze. Die anstehende Benennung des Bereiches vor dem Museumszentrum Quadrat in „Anni-Albers-Platz“ nimmt die WAZ zum Anlass, in einer Serie große und kleine, schöne aber auch weniger gelungene Plätze vorzustellen.
Der Kirchplatz auf der Südseite der Cyriakuskirche soll am Anfang stehen. Dabei gehört der heute wieder als Markt genutzte Ort nicht einmal zu den älteren „richtigen“ Plätzen der Stadt. Seinen Platzcharakter bekam er erst in den 1960er Jahren. Aber der Ort an sich hatte durch die Lage neben der Kirche als Keimzelle Bottrops immer eine Mittelpunktfunktion, war Begräbnisort, Treffpunkt für die Menschen aus dem Dorfkern und den früheren Bauernschaften, die seit über 850 Jahren sonntags zur Messe die Cyriakuskirche besuchten, war aber auch Schutz- und Zufluchtsort in Kriegszeiten. Dies ist zum Beispiel bei Norbert Wallmann in seinem Buch „Stadtplätze in Bottrop“, Josef Bucksteeg in „Kirche in Bottrop“ der Historischen Gesellschaft oder bei Wilfried Krix in „Das Markt- und Kirmeswesen in Bottrop“ nachzulesen.
Früher waren Kirche und Umgebung befestigt und dienten der Bevölkerung als Schutz
Der engere Bereich um die alte Cyriakuskirche war demnach mit einer Mauer umgeben. Kirche und die zum Teil in die Mauer integrierten Gebäude bildeten eine Art Befestigung, in die sich die Bottroper bei Krieg oder Überfällen zurückziehen konnten. Denn das Dorf selbst war vollkommen unbefestigt. Innerhalb der Mauer, zum Teil auch in der Kirche, gab es Speichermöglichkeiten für große Teile der Ernte, die bei Gefahr das Überleben sicherten. Der Friedhof war eher eine einfache Wiese und wurde, wie Wilfried Krix schreibt, bei größeren Ereignissen als Markt genutzt.
Den Friedhof verlegte die Gemeinde erst 1818 an die Paßstraße (Alter Friedhof). Damals wurde die seit dem Mittelalter übliche Bestattung innerhalb der Kirchen oder unmittelbar in den Ortschaften untersagt. Mit dem Bau der neuen Cyriakuskirche 1861 bekam das Dorf Bottrop zwar sein erstes repräsentatives Gotteshaus und die Hochstraße mauserte sich langsam zur Geschäftsstraße. Aber einen Kirchplatz gab es immer noch nicht, auch wenn die Pläne dafür von Stadtbaurat Lange - der auch eine repräsentative Anlage für den Trappenkamp (heute Berliner Platz) entwarf - seit den 20er Jahren in städtischen Schubladen schlummerten. Das sollte sich selbst nach dem Zweiten Weltkrieg lange nicht ändern, wie eine historische Luftaufnahme von 1956 zeigt.
Bis in die 50er Jahre war Kirchplatz bebaut
Direkt neben der Kirche schlängelte sich die malerische Kirchgasse. Dort wo heute etwa der Brunnen sprudelt lag die frühere Schule, später als Cyriakushaus von der Pfarre genutzt, dazwischen standen Nothütten, Lauben und auch die gegenüberliegende Seite hatte Hinterhofcharakter. Und dann kam Hötten, das große Möbelhaus - und damit die moderne, manche sagen heute vielleicht auch eintönige, Gestaltung dieses Areals zum großen Platz. Skulpturen, ein Brunnen und Bänke sollten die urbane Platzatmosphäre verstärken, die Funktionalität aber nicht einschränken. Ein schwieriger Spagat.
Am schönsten ist der uralte aber doch neue Kirchplatz, wenn zwei Mal wöchentlich buntes Markttreiben herrscht und Sonne die roten Backsteinmauern der neugotischen Kirche aufhellt. Oder wenn Stadtfest und Pferdemarkt Platz und Fußgängerzone beleben.