Bottrop. . Vor 150 Jahren wurde die heutige Cyriakus-Kirche fertiggestellt und geweiht. Vor dem Neubau stritt die Gemeinde über den Standort. Der heutige Gleiweitzer Platz war ebenfalls im Gespräch. Ein Rückblick.
Es war die eingravierte Jahreszahl, die Küster Ludger Pawlak stutzen ließ, als dem Küster von St. Cyriakus der eher unscheinbare, ja fast schon ein wenig unansehnliche Kelch wieder in die Hände fiel. Ganz fein stand dort die Zahl „1862“. Für die Gemeinde ein ganz besonderes Jahr. 1862, also vor genau 100 Jahren wurde die Cyriakuskirche geweiht. Klar, die Gemeinde an sich ist viel älter, hat im Jahr 2000 ihr 850-jähriges Bestehen gefeiert. Doch das Gebäude, das die Innenstadt bis heute prägt, existiert erst seit 150 Jahren. Also lag für Pawlak und auch Propst Paul Neumann die Vermutung nahe, dass der Kelch im Zusammenhang mit der Kirchweihe steht, möglicherweise ein Geschenk zur Weihe war.
Für St. Cyriakus individualisiert
Pünktlich zum Jubiläumsjahr erstrahlt der nun wieder. Goldschmiedemeister Willi Triffterer hat den Kelch aufgearbeitet. Auch für ihn keine alltägliche Arbeit: „Wir haben ihn komplett in Einzelteile zerlegt, die alte Goldschicht abpoliert und auch die eingearbeiteten Emailleteile eingeschickt und aufarbeiten lassen“, erklärt Triffterer. Auch er ist sich sicher, dass der Kelch ganz bewusst für St. Cyriakus individualisiert wurde. Dafür spreche die Anordnung der Heiligen auf dem Fuß des Kelches. Dort stehen sich jeweils Christus und Maria sowie Petrus und Paulus gegenüber. Soweit nicht besonders ungewöhnlich. Es sind die beiden anderen Abbildungen, die den Kelch so besonders machen: Dort stehen sich gegenüber St. Cyriakus und die Heilige Agatha. Propst Neumann: „Im Zuge der Jubiläumsfeiern habe ich von Gemeindemitgliedern erfahren, dass Agatha, neben Cyriakus, die zweite Patronin der Kirche ist.“ So spricht alles dafür, dass der Kelch bei der Kirchenweihe eine Rolle spielte.
Gläubige drängeln sich in der Kirche
Doch bis die Gemeinde vor 150 Jahren in der neuen Kirche ihre Gottesdienste feiern konnte, war es ein langer Weg – mit Streit innerhalb der Gemeinde und einem Pfarrer Karl Englert, der daraufhin eigentlich schon weg war. Dabei hatte er schon 1848 mit der Planung einer neuen Kirche in der Innenstadt begonnen. Das alte Gebäude war den Massen – die Bevölkerungszahl war in die Höhe geschnellt – nicht mehr gewachsen. Es mussten Emporen eingebaut werden, auf denen sich die Gläubigen drängten, mit der Folge, dass gerade im Sommer die Hitze in der alten Kirche unglaublich gewesen sein muss. Schließlich war der Bau nur sieben Meter hoch. Ganz besonders störte Pfarrer Englert jedoch die Tatsache, dass sich im Gottesdienst Männer und Frauen gegenüber saßen: „Welche so die Gelegenheit haben, sich zu beobachten und beim Gottesdienst Allotria zu treiben.“ Das schreibt der Pfarrer so in ein Gesuch an den Bischof von Münster, in dem er für den Neubau einer Kirche eintritt.
Diskussionen über den Standort
Vor Ort laufen derweil schon Spendensammlungen – und Diskussionen darüber, wo die neue Kirche stehen soll. Teile der Gemeinde hätten die neue Kirche gern am heutigen Gleiwitzer Platz gebaut. Es kommt zum Streit – auch mit dem Pfarrer, der die neue Kirche am Standort der alten bauen möchte. Schließlich spricht der Bischof ein Machtwort – die Kirche bleibt im Dorf und auch Pfarrer Englert bleibt in Bottrop. Er war eigentlich schon so gut wie versetzt, doch Gemeinde und Pfarrer versöhnen sich wieder. Außerdem wird wieder fleißig gespendet, schließlich belief sich der Kostenvoranschlag für die neue Kirche auf 42 000 Taler. 1860 wird schließlich eine Notkirche für die Zeit der Bauarbeiten auf dem Schulhof an der Hansastraße errichtet und im Winter wurde die über 700 Jahre alte Kirche – die immer wieder umgebaut und erweitert worden war – abgerissen. Am 18. April 1861 legte Johann Georg Müller, Bischof von Münster, den Grundstein für die neue Kirche. Er war dann auch bei der Einweihung am 25. November 1862 wieder in der Stadt und feierte mit der Gemeinde Gottesdienst.