Wilfried Krix schildert in seinem Buch die Entwicklung des Markt- und Kirmeswesens. Mit „Vergnügungsfaktor”
Heimatforscher Wilfried Krix beschäftigt sich in seiner neuen Publikation mit einem Thema, das auch heute noch die Gemüter erhitzen kann, wie die Debatte um den Wochenmarkt zeigt. Er hat das „Markt- und Kirmeswesen” in Bottrop untersucht, das etwa im 15. Jahrhundert begann. Das Marktrecht zu besitzen, sicherte einer Gemeinde Attraktivität. Krix widerspricht der Auffassung, dass die Geschichte Bottrops erst mit dem Bergbau begonnen habe, dass die Gemeinde zuvor nicht erwähnenswert gewesen sein soll: Gemessen an der Einwohnerzahl konnte Bottrop Anfang des 19. Jahrhunderts mit Recklinghausen und Bochum mithalten, und nach Krix Überzeugung waren dafür vier regelmäßige Kram- und Viehmärkte verantwortlich. Überregionale Bedeutung gewann im 18. Jahrhundert vor allem der Michaelismarkt, bis 1770 abgehalten am Wochenende nach dem 29. September, dem Fest des Erzengels Michael. Ein Verdikt des Landesherrn traf den Michaelismarkt in der Substanz. Er musste auf einen Wochentag verlegt werden und verlor an Attraktivität. Händler und Käufer wanderten in Scharen nach Sterkrade ab, wo keiner am Wochenend-Markt Anstoß nahm und obendrein dabei noch Tanz und Spiel erlaubt war. 1783 wurde den Bottropern ein zweiter Markt gestattet - mit Gauklern und Musikanten. „Das war wohl die Geburtsstunde der Kirmes”, erklärt Krix, der die Protokolle aller Ratssitzungen seit 1843 ausgewertet hat. Stadtarchivarin Heike Biskup zollt der Quellenforschung Respekt: „In diesem Buch steckt jede Menge Arbeit.”
Schauplatz des Marktes war die sogenannte „Viehstraße”, die Krix im Bereich der heutigen Sterkrader Straße ansiedelt. Er erinnert daran, dass ein Kram- und Viehmarkt in früheren Jahrhunderten auch logistische Probleme aufwarf: 1826 wurden 200 Pferde, 469 Rinder, 568 Schweine und zahlreiche weitere Tiere auf den Markt getrieben.
Nach dem ersten Weltkrieg verlor die Landwirtschaft an Bedeutung, doch bis in die 50-er Jahre wurden in Bottrop noch Viehmärkte abgehalten. Die Krammärkte hingegen als Vorläufer der Kirmes erlebten eine Blüte: Der „Vergnügungsfaktor”, glaubt Krix, gewann solche Bedeutung, dass die Obrigkeit einschritt und die Zahl der Krammärkte von fünf auf zwei reduzierte.
Der erste Bottroper Pferdemarkt ging im Mai 1984 über die Bühne. Die Veranstalter „feierten das Ereignis als Wiederbelebung eines Marktes, den es in dieser Form nie gegeben hatte”, stellt Krix fest. Denn der Pferdemarkt war stets Bestandteil des Viehmarktes gewesen, was dem Erfolg der Veranstaltung in der Neuzeit keinen Abbruch tat.