Bottrop. Shelan Rassoul kam vor fünf Jahren nach Deutschland. In Bottrop machte sie ihr Abitur mit Auszeichnung. Jetzt verfolgt sie das nächste Ziel.
Shelan Rassoul (19) hatte ein Ziel: Sie wollte einen guten Schulabschluss machen, um Medizin zu studieren. Nun: Mit der Note 1,0 gehört sie zu den besten Abiturienten in der Stadt und fürs Studium hat sie die renommierten Unis in Heidelberg, München oder Aachen in der Auswahl. Dabei ist es erst fünf Jahre her, dass Shelan auf der Flucht vor dem Syrienkrieg nach Deutschland kam. Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, ohne die Kultur zu kennen, ohne Freunde an ihrer Seite.
Am 22. September 2015 kam die Familie nach Deutschland
Aber im Kreis ihrer kurdischen Familie. „Wir waren gezwungen, unsere Heimat Syrien zu verlassen, das Leben war wegen des zerstörerischen Krieges nicht sicher“, sagt Shelans Mutter Bushra Omar. Familienvater Mustafa Rassoul ging vor. Am 22. September 2015, Bushra Omar weiß es genau, ist sie mit den Kindern nach Deutschland gekommen.
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Erst lebten sie ein Jahr in Bayern, wo Shelan nach einer bestandenen Eignungsprüfung einen Intensivsprachkurs als Vorbereitung aufs Gymnasium machte. Dann zog die Familie nach Bottrop, zur Verwandtschaft. Auch Shelans drei jüngere Brüder gehen zum Gymnasium. Ihr Vater, in Syrien Maschinenbauingenieur, macht eine Weiterbildung im Bereich Technik. Ihre Mutter, die früher als Ingenieurin bei einer Telekommunikationsfirma arbeitete, sucht nach einem Job und verbessert gerade ihre Deutschkenntnisse auf C1-Niveau.
Freunde am Vestischen Gymnasium Kirchhellen gefunden
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Lernfreude, scheint’s, liegt in der Familie. Eine sehr gute Schülerin war Shelan auch schon in ihrer Heimat. „In der 9. Klasse gab es den Abschluss, da war ich die Beste in der Provinz“, erzählt sie. In Deutschland wurde ihr empfohlen, wiederum in der Klasse neun einzusteigen. Am Vestischen Gymnasium Kirchhellen hat sie sich gut aufgenommen gefühlt und Freunde gefunden – „zum Glück“, wie sie lächelnd sagt. Dem Unterricht zu folgen, war anfangs schon schwierig, „als ich die Sprache noch nicht so gut konnte“. Am besten klar kam sie da noch mit den Naturwissenschaften, „da konnte ich mich an mein Basiswissen erinnern“. Doch mit der Zeit habe sich die Sprache gebessert, die Probleme wurden kleiner. „Natürlich kommt nichts ohne Lernen“, bemerkt Shelan.
Für Sprachen hat die 19-Jährige offenbar eine besondere Begabung: „Ich spreche Kurdisch, das ist meine Muttersprache, Arabisch, Englisch, Französisch und Deutsch. Und jetzt habe ich noch mit Koreanisch angefangen.“ Sie sieht Sprachen als ihr Hobby, schaut zum Beispiel auch gern fremdsprachige Filme, liest und malt außerdem gern.
Als Leistungskurse wählte sie Mathe und Englisch
Und jetzt das Spitzen-Abitur am Vestischen Gymnasium mit den Leistungskursen Mathe und Englisch, garniert noch mit einer Auszeichnung als Jahrgangsbeste im Bereich Fremdsprachen sowie dem Angebot von Mitgliedschaften in der Deutschen Mathematiker Vereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Philosophie.
Klar vermisse sie ihre Heimat, „aber wie sie vor der Krise war“, und ihre Freunde dort. In Bottrop fühlt sie sich „halb – halb, noch ein bisschen fremd, aber es ist auch schon gewohnt“. In Deutschland findet sie am nervigsten die Bürokratie und das Anträge-Stellen – „allerdings ist dadurch hier auch alles organisierter“ – und mag am meisten, dass die Deutschen „richtig nett sind“. Ihr gefallen auch die Landschaften, die hohen Bäume, die Flüsse, das Grün.
Wenn Shelan jetzt auf ihre Erfolge blickt, sagt sie: „Manchmal kann ich gar nicht glauben, wie das alles geklappt hat. Aber wenn man sich ein Ziel fest gesetzt hat, dann hofft man darauf und arbeitet dafür – und es wird möglich.“ Wobei es hilft, meint die Abiturientin mit einem Lächeln, wenn man auch Spaß an der Sache hat. Das gilt ganz sicher auch für ihr nächstes Ziel: die Neurowissenschaften innerhalb der Medizin.
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