Bottrop. Das Busangebot liegt in Bottrop nach dem Lockdown wieder bei 100 Prozent. Das Fahrgastaufkommen ist aber erst wieder bei 40 Prozent angekommen.
Nach dem Corona-Shutdown auch im Nahverkehr mit Notfahrplänen ist das Angebot wieder fast bei 100 Prozent. Die Nachfrage ist es keineswegs. Noch nicht einmal halb soviele Fahrgäste wie vor der Krise sitzen in den Bussen der Vestischen. Viel spricht dafür, dass das erst mal so bleibt. Auch wenn die Vestische für die Jahre ab 2023 die Verkehrswende ausgerufen mit deutlich dichteren Takten, sauberen Fahrzeugen und neuen Linien.
Seit Mitte März hat die Vestische pro Monat durchschnittlich 450 bis 550 Abo-Pausierer und 650 bis 700 Kündigungen hinnehmen müssen. Inzwischen, sagt ihr Sprecher Christoph van Bürk, liegen die Fahrgastzahlen wieder bei rund 40 Prozent des regulären Aufkommens. Und: „Die Tendenz ist leicht steigend.“ Mit Betonung auf leicht.
Mindestabstand im Bus? Schwierig
Denn wer im Moment die Wahl hat, meidet den Bus aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus. Diese Gefahr sei beim Busfahren nicht größer als beim Einkaufen, sagt die Vestische immer wieder. Doch der kleine Unterschied: Im Laden lässt sich das Abstandsgebot einhalten, derzeit im Zweifel mit der Pflicht, einen Einkaufswagen zu benutzen. Mindestabstand im Bus dagegen? Schwierig.
Deshalb ist der Nahverkehr vom Abstandsgebot in der Coronaschutzverordnung ausdrücklich ausgenommen. Die Vestische rechnet vor: Um den Mindestabstand zu gewährleisten bräuchte sie mindestens fünfmal soviel Busse und Fahrer. Unbezahlbar.
„Die Stammkunden zögern“
Maske statt Mindestabstand heißt deshalb die Devise. Und die Fahrgäste ziehen die Konsequenzen, schreibt der Soziologe und Verkehrsexperte Prof. Andreas Knie in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“: „Jetzt kommt die Pandemie und deckt die Schwächen des ÖPNV gnadenlos auf. Wer die Wahl hat, favorisiert plötzlich doch wieder das Auto oder nutzt das Fahrrad, die Stammkunden zögern. Das Virus lässt individuellere Verkehrsmittel auf einmal deutlich attraktiver erscheinen. Das alles zeigt: Für viele Menschen ist der aktuelle ÖPNV im Zweifel verzichtbar oder die zweitbeste Wahl. Als Rückgrat für die Verkehrswende taugt er deshalb leider nicht.“
Wir müssen es trotzdem versuchen, sagt Oberbürgermeister Bernd Tischler mit Blick auf die zweistelligen Millionensummen, die die Vestische für saubereres und schnelleres Busfahren in die Hand nehmen will. „Auch das Coronavirus und seine Auswirkungen ändern nichts an den Problemen für Umwelt und Klima. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir müssen die Kurve kriegen.“
Fast 800.000 Kilometer mehr im Jahr
Der erste Schritt muss allerdings sein, Einnahmen und Fahrgastzahlen wieder zu steigern. Deshalb soll in den Bussen schnell wieder Normalität einkehren. Dazu gehört, dass die Vordertür wieder geöffnet und die elektronische Ticketkontrolle wieder möglich wird. Dafür testet die Vestische bald auf zwei Linien Plexiglas-Schutzscheiben für die Fahrer, wie die Essener Ruhrbahn sie seit 2017 in der Linie 186 zwischen Bottrop und Essen einsetzt.
Die Vorgabe der EU
Mit ihrer „Clean-Vehicle-Direktive“ (CVD) hat das EU-Parlament im April 2019 erst den Gesetzgeber und dann die Verkehrsunternehmen unter Druck gesetzt. Ab 2025 müssen bei allen neu abgeschlossenen öffentlichen Aufträgen mindestens 45 Prozent der Busse ohne Sprit auskommen. Ab 2030 liegt die Quote bei 65 Prozent.
Bis zum August 2021 müssen Regierung und Parlamente diese Regelung in deutsches Recht umsetzen.