Bottrop/Herten. Der Busbetreiber modernisiert in den nächsten Jahren seine Busflotte und will das tägliche Fahrtenangebot ausweiten. Das wird teuer.
Das ist mal eine antizyklische Ansage. Mitten in der Coronakrise, in der der Busbetreiber Vestische allein von März bis Mai 3,6 Millionen Euro gekostet hat, sagen ihre Auftraggeber: Jetzt erst recht. Sie geben eine zweistellige Millionensumme für saubere Technik frei und nehmen noch mehr Geld in die Hand, damit das Unternehmen sein Angebot deutlich ausweiten kann.
Der Aufsichtsrat hat dem Unternehmen am Donnerstag den Auftrag gegeben, mit sauberen Fahrzeugen und deutlich dichteren Takten die Verkehrswende einzuleiten. Harald Nübel, Chef des Verkehrsausschusses im Kreis Recklinghausen, sagt es so: „Die Klima- und Verkehrswende sind zu wichtig, als dass sie an Corona sterben dürfe.“ Und Vestische-Geschäftsführer Martin Schmidt setzt sich hohe Ziele: „Unsere Region braucht eine Angebotswende, damit der Bus attraktiver als das Auto wird.“
Flottenmodernisierung
Das Paket umfasst vier Teile. Erstens beschafft des Unternehmen bis 2025 rund 120 neue Busse und stellt so sicher, dass die gesamte Flotte die Euro-IV-Norm erreicht. Der Spritverbrauch sinkt um zehn Prozent, der Stickoxidausstoß um das 10- bis 15fache. Alle neu beschafften Busse sollen ab 2022 ausschließlich mit synthetischem Kraftstoff betankt werden auf den Betriebshöfen in Herten und Bottrop. Das bringt eine weitere Stickoxid-Einsparung von bis zu 20 Prozent, kostet aber auch sechs Cent mehr pro Liter.
Zweitens: Das Unternehmen verdichtet die Takte auf wichtigen Schnellbuslinien und beteiligt sich am neuen regionalen Schnellbusnetz des Verkehrsverbundes. Damit sollen die Nord-Süd-Verbindungen im Ruhrgebiet besser bedient werden. Für die Erhöhung des Angebotes von bisher 19,6 um 2,6 Millionen Kilometer pro Jahr braucht das Unternehmen mehr als 100 neue Buslenker.
Bottrop könnte doppelt profitieren von dem Angebotsausbau. Der Schnellbus 91 soll künftig im Siebeneinhalb-Minuten- Takt zwischen Bottrop und Oberhausen pendeln. Und als Maßnahmenvorschläge zum Regionalen Schnellbusnetz planen Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und die Vestische eine neue Schnellbuslinie von Dorsten über Kirchhellen nach Oberhausen-Sterkrade im 30-Minuten-Takt. Die Linie soll nicht über den ZOB verkehren, sondern von der Bottroper Straße am Forsthaus Specht in die Oberhausener Straße abbiegen und an Prosper-Haniel vorbei nach Oberhausen fahren.
Wasserstofftankstelle in Bottrop
Drittens: Machbarkeitsstudien sollen zeigen, wie der Busverkehr mit Busspuren und weiteren Vorrangschaltungen noch schneller werden kann.
Viertens: Die Vestische testet fünf Busse mit neuester Wasserstofftechnik. Zum Betanken zapft sie mit einer Tankanlage in Herten die dortige Wasserstoffpipeline an. Am Betriebshof in Bottrop entsteht ebenfalls eine Wasserstoff-Tankstelle.
Was kostet das Paket? 10,5 Millionen die Investition in Wasserstofftechnik, bei der die Vestische auf Fördermittel setzt. Die Ausweitung des Verkehrsangebotes wird ab 2023 7,2 Millionen Euro kosten. Jedes Jahr. Für die Stadt Bottrop heißt das: Der jährliche zusätzliche Finanzbedarf, den der Kämmerer nach Herten überweisen muss, wird sich in den nächsten Jahren erhöhen auf eine Dreiviertelmillion Euro.
Das ist es uns wert, sagt Oberbürgermeister Bernd Tischler. Er spricht von einem wichtigen Anfang und der Verpflichtung, nicht nachzulassen: „Bis wir am Ziel sind, werden noch Jahre vergehen.“