Kirchhellen. Mehr als 50 Jahre nach ihrer Gründung hat die Hauptschule die letzten 44 Schüler verabschiedet. Auch die Pädagogen gehen - aber nicht so ganz.

Sie haben immer gewusst, dass sie die Letzten sein würden. Als die Fünftklässler der Hauptschule Kirchhellen 2014 eingeschult wurden, hatte der Bottroper Rat beschlossen: Nach ihnen bildet die Schule keine fünften Klassen mehr und läuft 2020 aus. Jetzt haben die letzten acht Lehrer die letzten 44 Schüler verabschiedet, und das so ganz anders als geplant.

Schulleiterin Ute Wichmann zeigt in den kahlen Flur im ersten Stock des Altbaus an der Schulstraße: „Das war zuletzt unsere Schule.“ Jahr für Jahr ist die Hauptschule um rund 50 Schüler geschrumpft, während die Sekundarschule nebenan gewachsen ist und immer mehr Räume im Altbau dere Hauptschule belegt hat. Gerade war der Heimatverein da und hat das Schularchiv und die Bilder der Entlassklassen mitgenommen, um sie in einer großen Schulausstellung im Heimathaus zu zeigen.

Eine große Abschiedsvorstellung war geplant

Mit einem Paukenschlag werde sich die Schule verabschieden, hatte Ute Wichmann vor einem Jahr angekündigt bei der Verabschiedung des vorletzten Jahrgangs. Laut, fröhlich und selbstbewusst. Anlass dazu gab es genug.

Die Hauptschule habe über die Grenzen Kirchhellens hinaus immer einen guten Ruf genossen, betonte die Schulleiterin bei der Verabschiedung und erinnerte an „viele Hochschulabsolventen und Betreiber von Betrieben oder ortsansässigen Geschäften. Wir sind stolz, dazu beigetragen zu haben.“

„Gute Basis für die Zukunft vieler Schülergenerationen“

Auch die Perspektiven der letzten Abschlussklassen können sich sehen lassen. Sechs von ihnen haben die Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe geschafft, 15 haben einen Ausbildungsvertrag in der Tasche. Ute Wichmann sagt im Rückblick: „An unserer Schule haben wir eine gute Basis für die Zukunft vieler Schülergenerationen geschaffen.“ Grund genug also zum Feiern des Abschiedes. Doch dann kam Corona.

„In den letzten Wochen sind Tränen der Wut und der Verzweiflung geflossen“, sagen Ute Wichmann und Petra Bleyleven, die in den 1980er Jahren noch die Hauptschul-Hochzeiten mit vierzügigen Jahrgängen erlebt hat. „Da haben wir uns gegenseitig auffangen müssen.“ Schüler und Lehrer hätten nach der Schulschließung am 13. März „oft bis an die Grenze der Belastbarkeit gearbeitet“.

Schüler schickten Fotos der erledigten Aufgaben

In der Homeschooling-Phase schickten die Lehrer morgens per Gruppenchat die Tagesaufgaben, die Schüler schickten Fotos der erledigten Aufgaben zurück. Die geplante Abschlussfahrt nach Berlin: abgesagt. Dazu fast täglich wechselnde Ansagen aus dem Schulministerium für die Wiederaufnahme des Unterrichts ab dem 23. April. Im Gebäude wurde ein Einbahnstraßensystem eingerichtet, die Schüler wurden in fünf Gruppen aufgeteilt, von denen nur zwei gleichzeitig in die Schule durften. Ute Wichmann: „Irgendwann haben wir nichts mehr geändert und alles durchgezogen.“

Jetzt sind die Schüler still verabschiedet. Am Mittwoch macht der Schuldezernent seinen Abschiedsbesuch, ab Montag werden die Räume für die künftige Sekundarschulnutzung umgebaut. Und doch: Den Schluss-Strich gibt es noch nicht. Bis zu zehn Schüler dürfen nach dem Willen des Schulministeriums zu Verbesserungsprüfungen antreten. Nicht in der letzten Schulwoche, sondern am 3. und 4. August. Dazu kehren Lehrerinnen und Lehrer aus dem Ruhestand oder aus ihren neuen Schulen zurück, dazu wird in einem Eckzimmer ein Rechner am Netz gehalten, der die letzten Zeugnisse der Hauptschule Kirchhellen ausdrucken wird, „Wir können nicht wirklich abschließen“, klagt die Schulleiterin.