Kirchhellen. Mit dem Schuljahr endet auch die Geschichte der Hauptschule Kirchhellen: Die letzte zehnte Klasse wird entlassen. Wir werfen einen Blick zurück.

„Kreisdirektor ordnet sofortige Errichtung einer Hauptschule an“: Diese Schlagzeile vom 12. April 1969 markiert das Ende eines langen Streits um die kurz zuvor per Schulreform geschaffene neue Schulform. Dabei ging es aber keineswegs darum, dass die Kirchhellener keine Hauptschule wollten. Im Gegenteil: Sie wollten zwei.

Am Anfang stand die Raumnot. Nach der landesweiten Einführung der neuen Schulform wurde zum Dezember 1966 die Johannesschule zur Hauptschule erklärt. Damit besuchten zunächst die 7. bis 9. Klassen der Volksschule Ekel, der Marienschule Feldhausen und der Gregorschule zusätzlich die 1904 erbaute Johannesschule an der Schulstraße. Und das, obwohl die Schule bereits aus allen Nähten platzte. Ergebnis: Mit Beginn des Schuljahres 1967 wurde eine Klasse unterm Dach, eine weitere in der Lehrküche und eine dritte im Gemeinschaftsbau der Feuerwehr unterrichtet. Und der Erweiterungsbau war zwar in Arbeit, aber noch lange nicht fertig.

Gemeinde wollte zwei Hauptschulen

Erinnerung an die erste Schule im Dorf: Der Verein „Natürlich Kirchhellen“erinnert mit dieser Tafel am alten Marktplatz an den Schulbau von 1824. Die erste urkundlich erwähnte Dorfschule stand am alten Kirchplatz.
Erinnerung an die erste Schule im Dorf: Der Verein „Natürlich Kirchhellen“erinnert mit dieser Tafel am alten Marktplatz an den Schulbau von 1824. Die erste urkundlich erwähnte Dorfschule stand am alten Kirchplatz. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die nächste Stufe der Schulreform verschärfte das Problem noch. Künftig sollten Hauptschüler auch Fünft- und Sechstklässler unterrichten, und zwar mindestens in zwei Zügen. Fortan wurde im Dorf heiß debattiert. Einigkeit bestand weitgehend über einen Punkt: Wenn Hauptschule, dann zwei: eine Gemeinschaftsschule und, bitteschön, eine katholische, am besten in Grafenwald.

Genau das hat dann im März 1968 der Kirchhellener Gemeinderat beschlossen und damit den großen Schulstreit ausgelöst. Denn der Rat kippte den Beschluss nur einen Monat später, als klar wurde, dass der Erweiterungsbau der Johannesschule nicht rechtzeitig zum neuen Schuljahr fertig werden würde. Tatsächlich wurde er am 20. Dezember 1968 eingeweiht. 480 Kinder besuchten damals die Johannesschule.

Kreis wollte eine dreizügige Hauptschule

Den Kirchhellener Wunsch nach zwei Hauptschulen schmetterte der damalige Oberkreisdirektor ab mit der Anordnung, für 650 Schüler solle eine große dreizügige Hauptschule eingerichtet werden, und zwar ganz schnell zum Schuljahresbeginn 1969. Der Gemeinderat beschloss mit großer Mehrheit, gegen diese Verfügung vor das Verwaltungsgericht zu ziehen.

Und dort erlebten die Kirchhellener eine bittere Niederlage. Das neue Schulordnungsgesetz, auf die sich die Lokalpolitiker beriefen, erlaubte zwar in Ausnahmefällen die Ausnahmen von der Zweizügigkeit der neuen Hauptschulen, aber nur, „wenn den betroffenen Schülern der Weg zu einer entsprechenden Schule nicht zugemutet werden kann“. Und diese Unzumutbarkeit wollte das Gericht nicht anerkennen und gab dem Oberkreisdirektor Recht: Er könne sich über den Ratsbeschluss hinwegsetzen.

Entscheidung in einer Sondersitzung

Triumphierend schrieb Kreisdirektor Sproedt an Kirchhellens Bürgermeister Hans Büning: „Hat das Parlament bis zum 1. Juli 1969 seinen Beschluss in Sachen Hauptschule nicht revidiert, wird der Kreis an Stelle und auf Kosten der Gemeinde diese Maßnahme selbst durchführen.“ Und weiter: „Die Durchsetzung des Rechtes der Hauptschulkinder auf eine verfassungsgemäße Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt liegt im öffentlichen Interesse und gebietet daher die Anordnung der sofortigen Vollziehung.“

Solchermaßen gedrängt, beriet der Rat in einer Sondersitzung über die Neuverteilung von 900 Grundschülern und 600 Hauptschülern in den vorhandenen Schulgebäuden. Am Ende stand ein, immerhin einstimmiger, Kompromiss: Die Hauptschule bleibt an der Schulstraße, die Johannesschule zieht an ihren heutigen Standort an der Gartenstraße, die Schüler der Matthias-Claudius-Schule werden aufgeteilt zwischen Johannes- und Gregorschule. Ach ja: Und die Hauptschule wurde nicht katholisch, sondern eine Gemeinschaftsschule.

Die Schulen Kirchhellens

Die Entstehung der Hauptschule Kirchhellen haben die Heimatforscher Hans Büning und Johannes Rottmann 1983 dokumentiert in ihrem Werk „Die Schulen Kirchhellens“. Darin zeichnen sie die Geschichte aller Schulen nach, die es jemals im Dorf gegeben hat.

Beim Bericht über die Johannesschule, als Volksschule Vorläufer der Hauptschule, greifen die Autoren auch zurück auf die Chronik, die der frühere Rektor der Johannesschule Hubert Möller bereits 1926 aufgezeichnet hat.

Das Werk ist als Band 12/13 der „Schriftenreihe des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen“ beim Heimatverein zu haben. Es bildet auch eine wesentliche Grundlage für die geplante Ausstellung über die Schulen des Dorfes im Heimathaus.