Bottrop. Kinder mit Handicap und Vorschulkinder kehren ab 14. Mai in die Kitas zurück. An diesem Fahrplan des Landes NRW gibt es in Bottrop auch Kritik.
„Im Grunde genommen bin ich enttäuscht“, sagt Stefanie Degener. Die berufstätige Mutter von zwei Söhnen (3 und 5 Jahre alt) meint damit den gebremsten NRW-Fahrplan zur Öffnung der Kitas, in die bis Ende Mai schrittweise Kinder mit Handicap und Vorschulkinder zurückkehren dürfen. Allen anderen werden bis zu den Sommerferien gerade mal Abschiedstage gewährt. „Ich frage mich, ob nicht innerhalb der vergangenen acht Wochen ein Konzept hätte erstellt werden können, damit alle Kinder wieder gehen können.“
Bottroper Familie wünscht sich die Kita wieder für alle Kinder
Stefanie Degener engagiert sich im Elternbeirat ihrer Kita und ahnt, dass sie mit ihrer Kritik nicht alleine da steht. Sie wisse, dass vieles in der Corona-Krise geregelt werden müsse. Aber: „Ich denke, es hätte eher der Fokus auf die Kinder gelegt werden sollen.“ Seit acht Wochen hält die Familie mit Kinderbetreuung daheim durch, sie selbst als Physiotherapeutin außerhalb im Arbeitseinsatz, ihr Mann im Homeoffice. Jetzt wird sie bald den Großen wieder schicken - und muss dem Kleinen erklären, warum er nicht in die Kita darf. „Ich bin dafür, dass jedes Kind, das möchte und soll, in den Kindergarten darf. Dann in gleichbleibenden Gruppen, zum Beispiel Geschwister zusammen, und für die Eltern planbar. Das muss dann auch nicht täglich sein“, meint die Bottroperin. Der klar ist: „Es gibt Arbeitnehmer, die das noch mehr brauchen als wir.“
„Es ist klar, dass Eltern Druck haben“
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„Es ist klar, dass Eltern Druck haben“, sagt auch Thorsten Albrecht von der städtischen Pressestelle. Eventuell seien etwa Urlaube, die zur Kinderbetreuung genutzt wurden, inzwischen aufgebraucht. Auch Stefanie Reich, Fachbereichsleiterin bei der evangelischen Gemeinde, berichtet von Eltern in großer Betreuungsnot - und von welchen, die ihre Kinder trotz guter Homeoffice-Möglichkeiten bringen möchten. In den evangelischen Kitas werden laut Reich ab Ende Mai zwischen 30 und 40 Prozent der angemeldeten Kinder betreut werden müssen.
Die nun vom Land festgelegten Kita-Regelungen sieht sie persönlich auch kritisch: „Zu viele Kinder in den Einrichtungen bedeuten einfach große Risiken der Ansteckung für die Kinder, die Familien, aber leider auch für unsere Mitarbeitenden.“ Den größten Bedarf sieht sie persönlich eher bei Kindern jeden Alters, „die derzeit unzureichend betreut und gefördert werden können, weil Eltern die zeitliche Ressource nicht haben“.
Einrichtungen haben längst Kinder in der Notbetreuung
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Die Einrichtungen der verschiedenen Träger gehen derweil nicht unvorbereitet in die nächste Kita-Öffnungsphase, zumal dort in der Regel längst Kinder in der Notbetreuung sind. Thorsten Albrecht spricht von Empfehlungen, die Gruppen zu verkleinern, „grob zu halbieren“, und die ohnehin in Kitas geltenden Hygieneregeln streng umzusetzen. Abstandsregeln einzuhalten sei problematisch, bestätigt Stefanie Reich: „Wir arbeiten mit kleinen Kindern, die körperliche Nähe brauchen, die gewickelt werden. Kinder kommen im Spiel miteinander, aber auch mit den Mitarbeitenden in Kontakt.“ Mundschutze könnten freiwillig getragen werden.
Da insgesamt „Maßnahmen zum Schutz aller getroffen wurden“, musste bisher keine Kita des Kita Zweckverbandes im Bistum Essen aufgrund einer Corona-Infizierung geschlossen werden, betonen die Verantwortlichen: „Darauf hoffen wir auch in Zukunft.“
Kita-Kinder werden für Abstandsregeln sensibilisiert
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In der Kita St. Elisabeth wird zum Beispiel versucht, die Kinder für die Abstandsregeln zu sensibilisieren, erzählt Leiterin Andrea Bert. Dort wurde ein entsprechendes Plakat für den Eingang gestaltet und Kopfbedeckungen mit Hasenohren als Abstandshalter gebastelt. Per Zollstock und mit Bausteinen wurde bei den Kinder ein Gefühl für die erforderten 1,50 bis zwei Meter geweckt. Die zurzeit bis zu 20 Kinder gehen auch zu unterschiedlichen Zeiten raus, „damit nicht alle gleichzeitig im Sandkasten sitzen“. Drei kleinere Gruppen sind dort schon geöffnet, mit Vorschulkindern könnten es vier werden. „Je mehr Kinder es werden, desto schwieriger wird es“, so Andrea Bert.
Zumal manche Mitarbeiter zur Corona-Risikogruppe zählen und nicht regulär eingesetzt werden können. Bei den evangelischen Einrichtungen etwa sind das rund 30 Prozent der Mitarbeitenden.
Stefanie Degener sieht die Problematiken. Für ihr Mutterherz ist aber auch dies von Bedeutung: „Die Kinder haben ein Recht darauf, sich mit einer größeren Gruppe auszutauschen. Es tut mir in der Seele weh, was sie gerade alles nicht dürfen.“
Stadtweit gibt es 967 Vorschulkinder
Aktuell sind in der Notbetreuung (Möglichkeit für Alleinerziehende und Elternteilen in systemrelevanten Berufen) stadtweit 380 Jungen und Mädchen in den Kitas und 53 in der Tagespflege.
Ab dem 14. Mai dürfen Kinder mit Inklusionsbedarf wieder in die Kitas, das sind laut Stadt 108. Dazu kommen 261 Vorschulkinder, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beziehen.
Ab dem 28. Mai sind dann alle Vorschulkinder an der Reihe, insgesamt zählt die Stadt hier 967 Jungen und Mädchen. „Wie viele dieser Kinder letztendlich auch in die Kita geschickt werden, das wissen wir nicht. Das wird die Praxis zeigen“, so Thorsten Albrecht von der Stadt-Pressestelle. „Aber der Druck ist da. Und jedes dieser Kinder kriegt einen Platz.“