Essen. Eltern in NRW fordern eine stunden- und tageweise Betreuung aller Kita-Kinder. Die Träger machen wenig Hoffnung: Dafür fehlen Personal und Räume.

Zwei Monate nach Schließung der Kitas in NRW geraten Eltern von Kleinkindern an ihre Belastungsgrenze. „Die Nerven liegen blank“, sagt Daniela Heimann, Sprecherin des Landeselternbeirats der Kindertageseinrichtungen. „In NRW gibt es tausende Eltern, die nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten und ihre Kinder seit acht Wochen neben Arbeit und Haushalt zu Hause betreuen.“ Darunter litten vielfach die Familien und die Kinder. „Wir brauchen eine Betreuung aller Kinder. So geht es nicht weiter.“

Nach dem Betreuungskonzept von Landesfamilienminister Joachim Stamp (NRW) bleiben rund 350.000 Kleinkinder in NRW weitgehend unversorgt. Zwar werden Kitas ab Donnerstag zunächst für sozial schwächer gestellte Vorschulkinder und ab Monatsende für alle anderen Vorschulkinder geöffnet. Auch läuft die Notbetreuung weiter. Für alle anderen Kinder gilt lediglich: Ab 10. Juni besteht die Chance auf mindestens zwei Betreuungstage, damit Kinder ihre Kita vor den Sommerferien noch einmal sehen können. Erst ab September soll es wieder einen eingeschränkten Regelbetrieb für alle geben.

Auch interessant

Der Landeselternbeirat kritisiert das Konzept als unzureichend. „Das ist absolut keine Perspektive für die Eltern“, sagt Heimann. In einem fünfseitigen Brandbrief fordert der Beirat stunden- oder tageweise Betreuung aller Kinder in den Kitas.

Personal und Räume fehlen

Die Freie Wohlfahrt NRW, zu der auch Awo oder Caritas gehören, macht den Eltern wenig Hoffnung. "Wir haben Verständnis für die äußerst angespannte Situation, in der sich viele Familien zurzeit befinden und würden uns ebenfalls einen schnelleren Einstieg zurück in den Regelbetrieb wünschen", sagt ein Sprecher. Das sei aktuell aber nicht umzusetzen.

Auch interessant

Ein Grund sei fehlendes Personal. Bei einigen Trägern fallen in Zeiten der Pandemie rund 20 der Kita-Fachkräfte weg, weil sie zur Risikogruppe gehören. Zudem seien Abstände in Kitas kaum einzuhalten, das Tragen von Masken nur bedingt möglich. All das trage dazu bei, dass die Kitas nur schrittweise geöffnet werden könnten, um Infektionsgeschehen zu beobachten.

Die Awo Westliches Westfalen fügt hinzu, dass gerade in älteren Einrichtungen Räume fehlten, um Kinder zum Schutz in kleineren Gruppe zu betreuen. "Wir können nicht mit weniger Personal in kleineren Gruppen mehr Kinder betreuen", fasst Muna Hischma zusammen, zuständig für rund 280 Kitas bei der Awo.

Stamp wirbt um Verständnis

Eltern fordern kreative Lösungen und schlagen Kita-Betreibern vor, Parks oder leere Turnhallen zu nutzen. Die Awo unterstreicht, alle Einrichtungen seien angehalten, möglichst viel Zeit mit den Kindern draußen zu verbringen. "Mit ihnen einfach fünf Stunden auf den Spielplatz zu gehen, wird den Kindern aber auch nicht gerecht", so Hischma.

Auch interessant

NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) wirbt in einem Brief an die Kita-Eltern um Verständnis und suchte am Dienstag telefonisch das Gespräch mit dem Landeselternbeirat. Land und Träger seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es den Familien nur wenig helfe, wenn ihre Kinder an wenigen Tagen wenige Stunden lang betreut würden, so der Minister in seinem Brief. Stattdessen biete das gewählte Konzept die Chance, Vorschulkindern eine echte Betreuung zu ermöglichen. „Ich weiß, dass ich viele Familien enttäusche.“