Bottrop. Noch läuft es rund am Bau in Bottrop: Die Stadt meldet ihre Großprojekte im Zeitplan. Aber das wird nicht so bleiben, sagen IHK und Handwerk.

Das Coronavirus hat den Bau-Boom in Bottrop bisher nicht ausbremsen können. Städtische Großprojekte wie die Erweiterung des Kulturzentrums oder der Museumsanbau liegen gut im Zeitplan, sagt Baudezernent Klaus Müller. Doch die Bauwirtschaft sieht schon deutliche Bremsspuren.

Bei der Erweiterung des „Quadrats“ gebe es keine Verzögerung, der Rohbau werde spätestens Ende Mai fertig sein und dann könne bereits mit den Außenarbeiten begonnen werden. Es sei denn, es käme zu Krankheitsfällen bei den Mitarbeitern der Baufirma oder zu Verzögerungen bei Materiallieferungen. Davon sei aber zumindest im Augenblick nicht due Rede, so Müller.

Auch bei den großen Straßenbauprojekten laufen die Baustellen nach Plan. Heribert Wilken, Leiter des Fachbereichs Tiefbau, sieht die Großbaustraße Schneiderstraße in Grafenwald nach Fertigstellung des ersten Bauabschnitts sogar vor dem Zeitplan.

Die Einschläge kommen näher

Noch läuft es also rund auf dem Bau. Auch aus Sicht der Bauindustrie. „Noch ist die Auslastung der Betriebe auf einem hohen Niveau, weil Aufträge abgearbeitet werden“, sagt Jochen Grütters, Leiter des Standorts Emscher-Lippe der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen und stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Doch die Einschläge kommen näher. „Einige Aufträge sind schon storniert“, sagt Grütter. „Und uns fehlen die Subunternehmer und Arbeitskräfte aus den Ländern Osteuropas, die wegen des Coronavirus die Grenzen geschlossen halten.“

Und das sei nur der Anfang. „Eine Mehrheit der Firmen in der Bauindustrie erwartet Umsatzrückgänge“, sagt Jochen Grütters, Das habe die jüngste IHK-Umfrage ergeben. Auf die Frage, wer eine Umsatzsteigerung erwarte, habe kein einziges Bauunternehmen die Hand gehoben.

Nachfragerückgang erwartet

Die Befürchtung der IHK: Erst geht die Nachfrage der privaten Kunden zurück, dann die der Unternehmen. „Wer sich von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit bedroht sind, stellt seine Investitionsentscheidungen zurück“, sagt Grütters. „Auch Unternehmer werden so denken.“ Grütters Hoffnung: „Eine verstärkte staatliche Nachfrage könnte als Korrektiv wirken.“ Soll heißen: Das nächste Konjunkturprogramm muss her.

Das Bauhandwerk hat die Krise schon lange erreicht. „Die Anbieter von personenbezogenen Dienstleistungen wie Hausmeister hat es als erste erwischt“, hatte Vera von Dietlein, Pressereferentin der Handwerkskammer Münster, schon im März beobachtet. Zum Beispiel Andreas Böhm.

Meldet Auftragsverluste: Handwerker Andreas Böhm an einem Holzschredder.
Meldet Auftragsverluste: Handwerker Andreas Böhm an einem Holzschredder. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Der Auftrag ist weg“

Böhm ist einer von sieben Handwerkern, die in einer Halle auf dem Hof Sagel am Dahlberg arbeiten - oder jetzt eben nicht. Er hat gleich zu Anfang der Krise zwei ordentliche Aufträge verloren, den Einbau einer neuen Küche und eine Renovierung. Und die Handwerker hatten auch schon früh unter Lieferengpässen zu leiden, berichtet er: „Baumärkte haben große Mengen schon im März gar nicht mehr abgegeben.“ Er hat vergeblich versucht, Gehwegplatten zu bekommen, um sie bei einem Kunden zu verlegen: „Der Auftrag ist weg, weil ich kein Material gekriegt habe.“

Wie schwer die Krise das Handwerk trifft, zeigt die jüngste Blitzumfrage der Kammer: 93 Prozent aller befragten Unternehmen, immerhin 897, melden Corona-Probleme. Mehr als die Hälfte davon klagt über weggebrochene Aufträge.

In Bottrop sieht es besser aus als in Gelsenkirchen

Die dritte Blitzumfrage der Handwerkskammer zeigt, dass das Bauhandwerk die Krise schon spürt. Doch andere Branchen leiden deutlich mehr. Beim Corona-Effekt-Index der Kammer liegt das Bauhauptgewerbe bei 17 Prozent Beeinträchtigung. Firmen aus dem Dienstleistungsgewerbe (41 Prozentpunkte), Kfz-Gewerbe (33 Prozentpunkte) und Gesundheitsgewerbe (28) melden deutlich höhere Belastungen.

Die Umfrage zeigt auch: Den Bottroper Handwerkern geht es mit 31 Corona-Effekt-Prozentpunkten deutlich besser als Betrieben im Kreis Recklinghausen (34 Prozentpunkte) oder in Gelsenkirchen (36).