Bottrop. Brigitte Wiegmann ist für ihre Experimente mit Farbe und Musik bekannt. Die Malerin und Kulturpreisträgerin von 1999 wird nun 80 Jahre.
Sie war die erste Malerin, die 1999 den Kulturpreis der Stadt Bottrop erhielt. Zu Dieser Zeit hatte Brigitte Wiegmann allerdings seit ihrer ersten Schau im Düsseldorfer Malkasten bereits 20 Jahre Ausstellungserfahrung und konnte schon damals auf ein umfangreiches Werk zurückblicken. Am Samstag feiert die Wahl-Bottroperin ihren 80. Geburtstag.
Die große Ausstellung, eine umfangreiche Retrospektive in der Duisburger Cubus-Kunsthalle, liegt soeben hinter ihr. Die Schau zum runden Geburtstag, ein eindrucksvoller Querschnitt von den frühen Zeichnungen der 1970er und 80er Jahre über Farbfeldmalerei bis hin zu den bekannten „Musikbildern“, begann zum Glück schon im Februar und war so von der Schließung öffentlicher Orte wegen der Corona-Epidemie kaum betroffen.
Unterwegs zwischen Bottrop, Dessau, Leipzig und dem Rheinland
In Bottrop ist die aus Mönchengladbach stammende Künstlerin ohnehin keine unbekannte, auch wenn sie in der hiesigen Szene kaum aktiv ist und Wiegmann-Ausstellungen in ihrer Wahlheimat schon länger zurückliegen. Für ihre Arbeiten, oft auch große Serien mit bis zu 40 Werken braucht sie Raum. Den findet sie oft anderswo. Erinnert sei an Ausstellungen im Haus am Horn, dem einzigen verwirklichten Bauhaus-Gebäude in Weimar (heute Weltkulturerbe), im Leipziger Bachmuseum anlässlich des 250. Todestags des von ihr hochverehrten Komponisten oder vor drei Jahren in den Meisterhäusern des Dessauer Bauhauses.
Sie liebt fast jede Musik - bis auf Techno
Die abstrakten Auseinandersetzungen mit der Musik Bachs, Bartóks, aber auch Ligetis, Hindemiths oder Stockhausens gehören beinahe schon zu den Klassikern der Bottroperin. So ist sie 2012 zu Gast in der Moses Mendelssohn Akademie in Halberstadt mit John-Cage-Arbeiten anlässlich des 100. Geburtstages des amerikanischen Komponisten. Wer diese Arbeiten, die bereits in den 90er Jahren entstanden, zum ersten Mal betrachtet, sieht sich einem Gewirr von Linien auf zart getöntem Untergrund ausgesetzt. Stift und Tuschpinsel waren dabei ihre „Instrumente“. Und das Thema Punkt und Linie - das sie seit dem Studium von Kandinskys theoretischem Werk „Punkt und Linie zur Fläche“ immer wieder fasziniert - wird in diesem Zyklus in all seinen Variationen durchgespielt.
Dort, aber vor allem auch in ihre Farbfeldmalerei oder den oft minutiös aus der Hand geschaffenen seriellen Arbeiten, zeigt sich auch ein hoher Anspruch an sich selbst verbunden mit dem Willen zur Perfektion. Brigitte Wiegmann spricht selbst oft von „eiserner Disziplin“, auch zu Beginn ihrer Ausbildung, die sie – unter anderem an der Essener Folkwangschule - selbst organisiert. Damals sind ihre beiden Kinder „aus dem Gröbsten heraus“, wie sie sagt. Einen persönlichen Einbruch erlebt die Malerin, als vor zwei Jahren ihr Mann plötzlich stirbt.
Seit zwei Jahren ruht das Werkzeug
Seither ist sie nicht mehr täglich im Atelier. Arbeiten entstehen zunächst nicht mehr. Sie sichtet ihr Werk, überlegt, wohin die Arbeiten einmal hinkommen könnten – nicht nur der berühmte „Feuervogel“, entstanden unter dem Einfluss Strawinskys berühmter Komposition.
„Vielleicht ist mit 80 auch mal Schluss, aber man muss sehen“, sagt die Künstlerin kürzlich bei einem Gespräch. Dabei blickt sie ihr Gegenüber wie üblich voller Energie an und lächelt, fast ein wenig geheimnisvoll. An dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch, Brigitte Wiegmann.