Bottrop. Der Einsatz der Feuerwehr Bottrop in der Innenstadt war eigentlich beendet, da wurden die Retter angegriffen: Unbekannte warfen Steine.
Es war eigentlich ein Routineeinsatz. Gegen 17.55 Uhr am Dienstag wurde die Feuerwehr Bottrop zu einem Kellerbrand an der Hochstraße gerufen. Als der Einsatz eigentlich schon beendet war und ein Großteil der Einsatzkräfte wieder abgerückt war, wurden die Retter angegriffen: Es flogen Steine.
Erstmals in Bottrop wurde ein Feuerwehrmann bei so einem Vorfall verletzt. Christoph Riße wurde von einem Stein getroffen. „Es ist für mich unfassbar und ich bin sehr erschrocken. Wir waren ja da, um unseren Job zu machen und wurden gerufen, um zu helfen. Das kann ich nicht verstehen.“ Zumal jemand, der einen Stein werfe, egal auf wen, auch Verletzungen in Kauf nehme.
Die Verletzung ist zum Glück eher marginal, doch der Schreck sitzt tief. Am Mittwochmorgen ist er immer noch fassungslos über den Vorfall vom Vorabend. Körperlich hat er ihn gut überstanden, es laufe wohl auf einen blauen Flecken in der Kniekehle hinaus, wo der Stein ihn traf. Doch es der Schreck über diese Attacke bleibt.
Keine Aggressivität bei Einsatz in Bottroper Innenstadt
Zumal es im Vorfeld gar keine Anzeichen für so eine Entwicklung gegeben habe. „Es gab keine Aggressivität an der Einsatzstelle, die Leute haben sich an unsere Anweisungen gehalten und es ist auch niemand durch unsere Einsatzstelle gelaufen“, schildert Riße die Situation von Dienstagabend, wie er sie als Einsatzleiter wahrgenommen hat.
Einen ersten Steinwurf habe er zunächst gar nicht realisiert, erinnert sich Riße. Ein Stein prallte gegen den Reifen des Einsatzleitfahrzeugs. Da habe er noch angenommen, jemand habe ihn achtlos weggekickt. „Ein Kind hat mich dann drauf aufmerksam gemacht, dass jemand mit Steinen wirft.“
Dann habe ihn ein daumengroßer Kiesel getroffen. Woher der kleine Stein kam, aus welcher Richtung geworfen wurde und von wem, das kann Riße nicht sagen.
Polizei hat vor Ort eine Person kontrolliert und ein Messer sicher gestellt
Zum Glück war auch die Polizei noch vor Ort und nahm sofort die Ermittlungen auf. Die Beamten kontrollierten dabei auch einen Mann, erklärt Polizeisprecherin Ramona Hörst. Der habe sich auch gegenüber der Polizei aggressiv verhalten. Bei der Überprüfung und Durchsuchung fanden die Beamten ein Messer. Ob der Mann aber auch die Steine geworfen hat, ist noch unklar. Die Polizei hofft nun, dass sich Zeugen melden, die etwas beobachtet haben. Die Polizei behandelt den Vorfall als einen tätlichen Angriff auf eine Amtsperson im Einsatz. Das Gesetz sehe dafür eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis hin zu fünf Jahren vor, so Ramona Hörst.
Feuerwehrchef Kim Heimann begrüßt das Vorgehen der Polizei. Er wolle den Vorfall nicht übermäßig dramatisieren, „doch wir werden jetzt auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“. Denn der Vorfall sei der erste Angriff dieser Art in Bottrop, bei dem ein Feuerwehrmann verletzt wurde. Deshalb sei es wichtig, dass die Polizei ermittelt. „Auch mit Blick auf die vielen Ehrenamtlichen bei den Freiwilligen Feuerwehren wollen wir zeigen, dass wir solche Fälle ernst nehmen.“
Körperliche Gewalt erleben Bottroper Feuerwehrleute selten, Beschimpfungen sind Alltag
Gewalt und tätliche Angriffe auf Feuerwehrleute gebe es in Bottrop verhältnismäßig selten, sagt Feuerwehrsprecher Christoph Lang. Im November gab es einen Vorfall, da haben Unbekannte einen Gegenstand auf einen Rettungswagen geworfen. Aber Szenarien wie etwa in Gelsenkirchen, dem Essener Norden oder in Duisburg seien hier die Ausnahme, sagt Lang. Beschimpfungen dagegen müssten sich die Einsatzkräfte nahezu täglich anhören. Das reiche von klassischen Schimpfworten bis hin – in seltenen Fällen – zu Morddrohungen.
Die Gründe dafür seien vielfältig, so Lang. Oft spielten Alkohol und Drogen eine Rolle, gerade im Rettungsdienst. Dann seien die Menschen zusätzlich enthemmt und realisierten teils gar nicht, dass ihnen ja geholfen werde. Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes kam in einer Studie zu einem ähnlichen Ergebnis. Beinahe jeder Sanitäter erlebte demnach Gewalt – körperlich oder verbal, so der Forscher der Ruhr-Uni. Ursache sei auch ein allgemeiner Verlust des Respekts gegenüber Mitmenschen.
Der eigentliche Brandeinsatz in der Bottroper City war Routine
Der eigentliche Brand war dagegen eher Routine, kompliziert allenfalls durch die verwinkelte Bauweise des Hauses. Zwar hatten die Einsatzkräfte vor Ort Brandgeruch wahrgenommen, doch war unklar, woher er kam. Zur Erkundung eröffnete die Freiwillige Feuerwehr Altstadt daher einen zweiten Einsatzabschnitt und kontrollierte die Ladenlokale im Haus. Letzlich konnte die Feuerwehr eine leichte Verrauchung im Bereich einer Dehnungsfuge feststellen. Nach dem gewaltsamen Öffnen einer weiteren Kellertür konnte der Brandherd gefunden werden. Eine Elektrounterverteilung hatte gebrannt. Das Feuer war bereits erloschen.
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Nach einer Kontrolle mit einer Wärmebildkamera konnten keine erhöhten Temperaturen festgestellt werden. Alle Bewohner konnten wieder zurück in ihre Wohnungen. Es wurde niemand verletzt.
Die Polizei sucht Zeugen des Angriffs auf die Einsatzkräfte der Feuerwehr Bottrop. Wer etwas beobachtet hat, meldet sich bitte unter folgender Rufnummer: 0800 2361 111
Stadt stellt Strafantrag
Paul Ketzer, als Dezernent bei der Stadt auch zuständig für die Feuerwehr, wurde noch am Dienstagabend über den Vorfall informiert. „Ich will es nicht dramatisieren, aber ich war schon geschockt.“ Auch die Stadt als Dienstherr werde zusätzlich noch Strafantrag stellen, kündigte Ketzer an, außerdem stehe es Christoph Riße auch frei, persönlich Strafantrag zu stellen. „Man muss sich das einmal vorstellen, da waren Feuerwehrleute im Einsatz, im Dienst für die Allgemeinheit und dann werden sie von Kriminellen angegriffen.“
Auch der Oberbürgermeister verurteilt die Steinwürfe in einer offiziellen Stellungnahme „auf das Schärfste“. „Ein solches Verhalten entspricht überhaupt nicht dem ansonsten in Bottrop gepflegten nachbarschaftlichen Umgang der Bottroper miteinander“, betont der OB. Er fordert die Täter auf, Einsicht zu zeigen und solche feigen Taten nicht wieder zu begehen. „So etwas ist auch kein ‘Dumme-Jungen-Streich’“, ordnet der OB ein.
Oberbürgermeister, Dezernent und Stadt unterstützen daher den Zeugenaufruf der Polizei. Eindringlich appelliert Paul Ketzer an Bürger, die evtl. etwas beobachtet haben, sich bei der Polizei zu melden.