Bottrop. 2004 erwarb der Architekt Norbert Verfürth Bottrops prächtigste historische Immobilie - Villa Dickmann. Ohne den Denkmalschutz läuft nichts.

Architektur als Aufgabe - nicht als Luxus: So könnte auch das Motto des Architektenbüros Verfürth in erweiterter Form über der durchaus prachtvoll zu nennenden Villa Dickmann prangen. In diesem heute denkmalgeschützten repräsentativen Wohnhaus, errichtet zwischen 1901 und 1903 durch das Unternehmerehepaar August und Gertrud Dickmann, vereint heute der bekannte Bottroper Architekt Norbert Verfürth Arbeiten und Wohnen unter einem Dach. Meterhohe Decken, prachtvoller Stuck, aufwändige Holzarbeiten, teilweise wieder freigelegte Originalböden: Bei allen Veränderungen, die eine heutige Nutzung erst ermöglichen, verströmt die Villa Dickmann immer noch die Atmosphäre und detailreichen Aufwand großbürgerlichen Wohnens der vorletzten Jahrhundertwende.

Holz, Stuck und Metallverzierungen: Der Erhalt von Bottrops wohl prächtigster historischer Villa ist aufwändig - und eigentlich nie abgeschlossen.
Holz, Stuck und Metallverzierungen: Der Erhalt von Bottrops wohl prächtigster historischer Villa ist aufwändig - und eigentlich nie abgeschlossen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Ist das nun Luxus, wollen wir von Norbert Verfürth wissen, der das Anwesen 2004 von der Stadt Bottrop erworben hat und seither jede Veränderung und noch so kleine Restaurierung unter den stets wachsamen Augen der Denkmalschützer durchführen muss. „Es war in erster Linie ein Wagnis, wir mussten und müssen immer noch die Anliegen des Denkmalschutzes, den privaten Gebrauch als Wohnhaus und die Büronutzung auch wirtschaftlich unter einen Hut bringen“, sagt der Architekt. Aber natürlich sei es auch ein Privileg und einfach schön, in einem Haus zu leben, in dem Geschichte und architektonische Qualität sich vereinen.

Norbert Verführt stammt selbst aus einer Familie, die großmütterlicherseits erstmals 1812 in Bottrop genannt wird. Als Kind erlebte er noch den Abriss der alten Knippenburg: „Ein großer Fehler und nur aus dem damaligen Zeitgeist heraus zu verstehen.“ Vielleicht hat er sich deshalb auch im Laufe seiner Architektenlaufbahn immer wieder für markante historische Häuser in seiner Heimatstadt stark gemacht.

Architekt hatte schon immer ein Faible für historische Häuser

Angefangen hat es mit der Sanierung eines denkmalgeschützten Wohnhauses an der unteren Osterfelder Straße. Später folgte die akribische Restaurierung eines Hauses, das der bekannte Architekt Josef Franke für einen Arzt an der Humboldtstraße entwarf. Villa Dickmann - übrigens neben einer Franke-Villa gelegen - ist dabei natürlich seine bislang größte Baustelle und zugleich eines der bekanntesten Baudenkmäler der Stadt.

Das Treppenhaus von Villa Dickmann ist komplett erhalten. Den Steinboden aus der Erbauungszeit ließ Norbert Verfürth freilegen und restaurieren.
Das Treppenhaus von Villa Dickmann ist komplett erhalten. Den Steinboden aus der Erbauungszeit ließ Norbert Verfürth freilegen und restaurieren. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Ohne die gute Kooperation mit den hiesigen Denkmalschützern, die auch bauliche Änderungen akzeptierten, ohne die ein wirtschaftlicher Betrieb des Hauses nicht möglich gewesen wäre, hätten wir das Projekt Villa Dickmann sicher nicht verwirklichen können.“ Ein moderner Treppenaufgang im markanten Eckturm zu den heutigen Büros gehört dazu. Auch die historische Raumaufteilung ließ sich nicht in jedem Fall mit der zeitgemäßen Nutzung vereinbaren. „Häuser wie diese waren ja auf zumeist große Familien und ein kleines Heer von Hausangestellten ausgelegt“, so der Architekt. Eine Welt, die spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg untergegangen ist.

Zwischen Historismus und Jugendstil

Aber vieles lässt sich heute noch nachvollziehen. Norbert Verfürth entkernte das Haus, das im Spannungsfeld zwischen Historismus und Jugendstil entstand, nicht. Im früheren Herrenzimmer finden sich sogar noch die alten Rauchabzüge in der Stuckdecke. Die Jugendstilglasfenster beleuchten damals wie heute das private Treppenhaus. Dessen aufwändige Holzarbeiten, elegante Türrahmen, stuckverzierte Decken und kapitellbekrönte Säulen zeugen nach wie vor vom großbürgerlichen Repräsentationsbedürfnis der Erbauerzeit.

Früher war hier eine Durchfahrt für Kutschen - heute sind die Zwischenräume verglast und bieten Platz für Büros.
Früher war hier eine Durchfahrt für Kutschen - heute sind die Zwischenräume verglast und bieten Platz für Büros. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Es gab aber keine spezielle Dienstbotentreppe, die Angestellten nutzten das große Treppenhaus, um in ihre Räume im Dachgeschoss zu gelangen, damals sicher ein Ausnahme“, so Norbert Verfürth. Auch die Baustruktur außen beließ der Architekt nach dem Umbau. Die wuchtigen Ständer, die an der linken Seite das Erdgeschoss trugen, sind noch gut zu erkennen. „Früher war das eine offene Durchfahrt für Kutschen oder Autos.“ Heute ist alles verglast, wo früher Kutschen hielten, sind heute Architektenbüros.

Häuser wie diese atmen sicher in Zeiten rationalen Bauens einen Hauch von Luxus. Aber - um zur Anfangsfrage zurück zu kehren: Für den Architekten und Besitzer Norbert Verfürth bedeutet leben in Villa Dickmann eher Verantwortung für ein Denkmal, das für die städtisch-bürgerliche Entwicklung Bottrops steht - aber bei aller Anstrengung („Nach 15 Jahren fängt man fast wieder von vorne an“) sicherlich auch ein Stück Lebensfreude und -qualität.