Bottrop. Das Herz von Josi (12) ist schwach, sie kann nicht mehr laufen. Ehrenamtliche stellen Spendenaktion für die Bottroper Familie auf die Beine.

Josi ist gut drauf an diesem Tag. Sie hält ein Spielzeug in den Händen, das Musik abspielt. Zu den Klängen wiegt sie sich im Takt. „Sie tanzt“, sagt Annika Visser. Durchs Zimmer wirbeln wie andere Kinder kann die Zwölfjährige nicht. Ein angeborener Chromosomenfehler hat zur Folge, dass ihr Herz heute nur noch zu zehn Prozent arbeitet, berichtet die Mutter. Josi hat aufgehört zu laufen, braucht einen Rollstuhl. Um damit unabhängig und mobil zu sein, wird ein Auto mit Rampe benötigt. Ohne Unterstützung aber sei die Anschaffung kaum zu stemmen. Ehrenamtliche hatten deshalb die Idee, übers soziale Netzwerk Facebook eine Spendenaktion zu starten.

Gesundheitlicher Zustand hat sich verschlechtert

Bevor sich Josis gesundheitlicher Zustand vor gut zwei Jahren so dramatisch verschlechtert hat, war sie deutlich aktiver, erzählt Annika Visser. „Auswirkungen der Monosomie 1P36 sind zum Beispiel motorische Einschränkungen, keine Sprachentwicklung. Dafür hatte sich Josi wunderbar entwickelt.“ Sie ging mit Freude zur Schule, machte gerne Ausflüge, „war ein richtiger Lachkeks.“ Dann der Schock, als Josis Herz nicht mehr mitmachte. „Wir hatten eine Zeit, da hat sie nur noch auf dem Bett gelegen und die Decke angestarrt.“ Die Ärzte gaben dem Mädchen damals noch ein halbes Jahr. Ein Urlaub in Holland brachte offenbar einen Schub neuer Energie, „sie hat wieder gelacht“, mag wieder essen, trinken, aufstehen.

Annika Visser pflegt Josi (12), deren Herz nur noch zu zehn Prozent arbeitet, zu Hause.
Annika Visser pflegt Josi (12), deren Herz nur noch zu zehn Prozent arbeitet, zu Hause. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wie lange das so bleiben wird, weiß niemand. „Jeden Moment kann etwas passieren“, weiß Annika Visser. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um Josi 24 Stunden zu Hause zu pflegen, denn das Mädchen wurde aufgrund seines gesundheitlichen Zustands von der Schulpflicht befreit. Annika Visser möchte gerne arbeiten. Aber eine Anstellung zu finden, die zu der Zeit passe, die sie dafür übrig hätte, sei schier unmöglich. „Für einen Pflegedienst ist Josi zu gesund, sagt meine Krankenkasse“, meint sie bitter. Das bedeutet auch: „Es ist finanziell eng für uns.“

Auto mit Rampe wird gebraucht

Was die Anschaffung eines behindertengerechten Wagens möglichst mit Rampe für Josis schwer zu hebenden Pflege-Rollstuhl aus eigener Kraft erschwert. Dass dieser aber für die Familie vonnöten ist, davon ist Marion Elsner überzeugt.

Die Ehrenamtliche aus dem Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Emscher-Lippe besucht die Familie regelmäßig. Sie weiß, dass Josis Vater in der Woche in der Regel mit dem Firmenwagen unterwegs ist, in den der metallene Rollstuhl auch nur „mit Ach und Krach hinein passt“, Mutter und Tochter dann in Grafenwald gar nicht mehr mobil sind. Die festen Kinderarzt-Termine alle zwei Wochen würden unter den Eltern abgesprochen, „aber was ist, wenn spontan mal etwas ansteht?“

Mutter und Tochter sind ans Haus gefesselt

Zudem gehe es nicht nur um Arzt-Termine oder nötige Besorgungen. „Mutter und Tochter sind auch isoliert, sie sind ans Haus gefesselt.“ Sie möchten auch mal rausfahren, andere Familien treffen. Das gewünschte Auto sei „kein Luxusgut, sondern etwas für den täglichen Bedarf“. Busfahren sei aufgrund von Josis Erkrankung keine Alternative.

Zusammen mit einem anderen Ehrenamtler habe Elsner deshalb überlegt, wie sie der Familie helfen können. „Bei ihm laufen die Fäden zusammen.“ Er habe das Spendenkonto eröffnet und den Kontakt zu der von der Dorstener Firma ITNT GmbH betriebenen Facebook-Fanseite „We love Bottrop“ hergestellt. Dort läuft nun ein Spendenaufruf nebst Video. Neu würde ein Rampen-Auto ab 25.000 Euro aufwärts kosten, sagt Annika Visser. „Aber irgendwo muss es doch so einen Wagen gebraucht geben“, hofft sie auch auf solche Reaktionen auf die öffentliche Spendenaktion.