Bottrop. Nach einem WAZ-Aufruf zu namenlosen Frauenporträts meldete sich Familie Sasse mit einer unbekannten Zeichnung von Josef Albers im Museum Quadrat.
Mit einem Aufruf in der WAZ hat Kuratorin Ulrike Growe zur aktuellen Ausstellung „Der junge Josef Albers. Aufbruch in die Moderne“ nach der Identität von zwei Frauen gesucht, die der Bottroper Künstler in jungen Jahren porträtierte. Gefunden wurde dadurch etwas noch viel Aufsehen erregenderes: eine bislang unbekannte Zeichnung des weltweit wohl bekanntesten Bottroper Künstlers.
Das Porträt eines Babys mit der handschriftlichen Widmung „Josefa Nieder gewidmet von Josef Albers“ hängt normalerweise im Wohnzimmer von Familie Sasse in Dortmund. Josefa Nieder war die Mutter vom heutigen Besitzer, Franz Sasse (67). Dessen Tochter Carla Sasse (33) ist es zu verdanken, dass die Zeichnung nun den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat.
Reaktion auf Aufruf in der WAZ
Die junge Frau arbeitet nämlich in Bottrop und hatte hier den Aufruf in der WAZ gelesen. „Ich dachte: Es wird der Name für eine Zeichnung von 1914 gesucht. Mein Vater hat eine Albers-Zeichnung auch von 1914 im Wohnzimmer hängen, meine Großmutter als Baby. Vielleicht gibt es da eine Verbindung?“
Ihr Vater wiederum entdeckte in dem namenlosen Frauenprofil, das in der WAZ abgedruckt war, sofort Familienähnlichkeiten. In Kombination mit der Überlegung, dass man im Museum Quadrat ja noch gar nichts von der Baby-Zeichnung weiß, meldeten die Sasses sich in Bottrop. „Das war eine wunderbare Idee“, freut sich Ulrike Growe.
Zeichnung ins Albers-Werkverzeichnis aufgenommen
Auch die stellvertretende Museumsleiterin hat keinerlei Zweifel an der Echtheit der Albers-Zeichnung. Beim Besuch der Sasses im Quadrat war Jeannette Redensek von der amerikanischen Josef and Anni Albers-Foundation mit dabei. „Es ist Bestandteil der Foundation, nach Albers-Werken zu forschen“, sagt Growe. Redensek sei glücklich gewesen, mit der Baby-Zeichnung nun ein neues Werk ins Verzeichnis aufnehmen zu können.
In der Familie sei immer bekannt gewesen, dass die Baby-Zeichnung von Albers stammt, erzählt Franz Sasse. Aber: „Das Bild fristete erst einmal lange ein stiefmütterliches Dasein, bei meinem Eltern im Wohnzimmerschrank in einer Schublade.“ Dort wurde es auch beschädigt. Bis Franz Sasse befand: Das ist zu schade. Er ließ die Zeichnung restaurieren und gab ihr einen schönen Platz. Der Wert sei vor allem ein ideeller.
„Es wurde in der Familie auch immer weitergegeben, dass wir mit Josef Albers verwandt sind“, erzählt Carla Sasse. „Meine Urgroßmutter hieß noch Albers und wurde im Stammhaus in Bödefeld geboren. Mehr wussten wir nicht.“ Das ist jetzt dank des Kontaktes zu den Albers-Fachleuten anders. „Jeannette Redensek hat mir einen Stammbaum zur Verfügung gestellt“, so die 33-Jährige. Sie stellte fest: „Wir haben einen gemeinsamen Verwandten mit Josef Albers.“ Nämlich Johannes Albers, geboren um 1610 in Bödefeld, später Bürgermeister von Bödefeld. Danach verzweigten sich die Familien.
Zu Besuch bei der Verwandtschaft in Bödefeld
Wenn die Verwandtschaft auch nicht besonders eng erscheint, so gab es dennoch offenbar Berührungspunkte im Sippen-Umfeld, wie letztlich ja auch die Baby-Zeichnung dokumentiert. Sie soll entstanden sein, als der gebürtige Bottroper Josef Albers wieder einmal seine Verwandtschaft in Bödefeld im Sauerland besuchte. Und so könnte die namenlose Frau im Profil, die Albers um 1914 zeichnete, nach Auffassung der Sasses Elise Nieder, geborene Albers sein, die 1887 in Bödefeld geborene Großmutter von Franz Sasse.
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Jedenfalls zeige das Bild „das typische Profil aus der Familie meiner Oma“. Und der melancholische Blick sei typisch für sie. Familienfotos, die Elise Nieder allerdings in älteren Jahren und nie im Profil zeigen, stützen die These. Bewiesen werden kann sie indes nicht.
Klar allerdings ist, wie Growe zusammenfasst: „Albers hat offensichtlich aus seinem familiären Umfeld viele Menschen porträtiert.“
Schau zum jungen Josef Albers läuft bis zum 12. Januar
Die Schau „Der junge Josef Albers. Aufbruch in die Moderne“ zeigt auch ein Porträt von Wilhelm Kaiser (1917) – und auch hier gibt es eine verwandtschaftliche Beziehung zu Familie Sasse.
Die Ausstellung ist noch bis zum 12. Januar zu sehen im Josef Albers Museum Quadrat (Im Stadtgarten 20). Sie ist Teil des Jubiläums „100 Jahre Bauhaus“ in NRW. Weitere Infos auf: www.quadrat-bottrop.de