Bottrop. . Vor der Sanierung zeigt Stadtsprecher Andreas Pläsken der Gruppe die vielen Baustellen. Ab Mai übernehmen die Handwerker das Kommando.

  • Im Mittelpunkt dieser besonderen Führung standen die anstehenden Sanierungsarbeiten
  • Teilnehmer sind überrascht, was alles in Angriff genommen werden muss
  • Turm ist bei den anstehenden Bauarbeiten außen vor, dafür reicht das Geld nicht

Hinab bis in den Heizungskeller und hinauf bis auf den Dachboden – 15 WAZ-Leser erhielten am Samstag eine ganz besondere Führung durch das Bottroper Rathaus. Fast drei Stunden lang ging es mit Stadtsprecher Andreas Pläsken durch das historische Haus.

Bisher ist das Rathaus nicht barrierefrei. Zwischen dem alten Teil an der Kirchhellener Straße und dem jüngeren Haupttrakt am Ernst-Wilczok-Platz gibt es einen Höhenunterschied.
Bisher ist das Rathaus nicht barrierefrei. Zwischen dem alten Teil an der Kirchhellener Straße und dem jüngeren Haupttrakt am Ernst-Wilczok-Platz gibt es einen Höhenunterschied. © Robin Droste

Thema des Vormittags war selbstverständlich die bevorstehende Sanierung. Und am Ende waren alle Teilnehmer überzeugt: Hier muss wirklich dringend etwas getan werden. „Mein Eindruck ist, dass es nötig ist und auch noch im Rahmen bleibt“, bringt Ellen Pawlik das Fazit der Gruppe auf den Punkt.

Wärmedämmung soll eingebaut werden

Denn auch das lernten die Teilnehmer: Längst nicht alle Räume werden saniert. Der große Ratssaal etwa werde kaum angefasst erläutertet Oberbürgermeister Bernd Tischler. Er war gekommen, um die WAZ-Leser zu begrüßen, führte sie auch in sein Amtszimmer und lud sie ein, auf seinem Stuhl Platz zu nehmen. „Einzige Bedingung ist, dass sie keine Säge dabei haben.“

An manchen Stellen ist der Sanierungsbedarf offensichtlich
An manchen Stellen ist der Sanierungsbedarf offensichtlich © Robin Droste

Dann ging es hoch auf den Dachboden. Der ist größtenteils noch ungedämmt. Allerdings soll nach der Sanierung auch Energie eingespart werden. Dafür muss das Dach gedämmt werden. Andreas Pläsken erläuterte, dass hier aber nicht die Dachfläche gedämmt wird. Die ist einfach viel zu groß und entsprechend teuer wäre so ein Projekt. Stattdessen wird das Dämmmaterial auf den Boden ausgebracht.

Räume, die man sonst nicht sieht

Die Teilnehmer schauen sich gründlich auf dem Dachboden um. Das seien ja schließlich Räume, die man sonst nicht zu sehen bekommt, sagt Christa Bons. Daher nutzen die WAZ-Leser die Gelegenheit und werfen einen Blick in die Dachkammern. Die sind nachträglich eingebaut worden, hier werden Akten gelagert. Normalerweise zumindest, inzwischen sind sie auch schon leer geräumt.

Der Keller ist feucht. Die Luft in der Verwaltungsbibliothek und bei den ehemaligen Arrestzellen ist mit Pilzsporen belastet.
Der Keller ist feucht. Die Luft in der Verwaltungsbibliothek und bei den ehemaligen Arrestzellen ist mit Pilzsporen belastet. © Robin Droste

Eine kleine Enttäuschung gibt es dann doch. Auf den Turm kommt die Gruppe nicht, Die Baupolizei hat ihn gesperrt. Auch hier also Sanierungsbedarf. Doch zur Überraschung aller erklärt Pläsken, dass der Turm nicht saniert wird. Dafür reiche das Geld nicht. Mehrere Millionen Euro wären dafür fällig, doch das Geld ist nicht da. Allerdings: „In einigen Jahren müssen wir auch das wohl in Angriff nehmen.“

Den Turm der Öffentlichkeit zugänglich machen

Spontan überlegen einige der Teilnehmer inwieweit sich die Bürger an so einem Projekt beteiligen können, doch noch ist es nicht soweit. „Schade, dass kein Geld da ist, um den Turm zu renovieren und ihn dann zu öffnen wie in anderen Rathäusern auch“, bedauert dann auch Maike Niebisch.

Oberbürgermeister Bernd Tischler (2.v.r.)begrüßte die WAZ-Leser und zeigte ihnen sein Amtszimmer. Probesitzen auf seinem Stuhl war ausdrücklich erlaubt.
Oberbürgermeister Bernd Tischler (2.v.r.)begrüßte die WAZ-Leser und zeigte ihnen sein Amtszimmer. Probesitzen auf seinem Stuhl war ausdrücklich erlaubt. © Robin Droste

Im Foyer vor dem Ratssaal bewundern die Besucher dann die kunstvoll verzierte Decke und die Bleiverglasungen im Treppenhaus. All das, so Pläsken, stehe unter Denkmalschutz und bleibt erhalten. „Es wird behutsam aufgearbeitet.“ Dann führt er die Leser ins Damenklo – aber in ein ganz besonderes. Die Türen und Kabinen stehen unter Denkmalschutz, sie dürfen nicht verändert werden. Sogar Fernsehteams griffen die Berichte über dieses WC auf.

Abstecher zu den ehemaligen Arrestzellen

Im Keller zeigt sich noch einmal deutlich, dass saniert werden muss. An Türen und Wänden pappen Warnschilder, sich nicht zu lange hier aufzuhalten. Akten, die hier lagern, dürfen nur mit Atemschutzmaske genutzt werden, es haben sich Pilzsporen eingenistet im Trakt mit den ehemaligen Arrestzellen.

Die früheren Arrestzellen im Keller sollen künftig auch bei Führungen gezeigt werden.
Die früheren Arrestzellen im Keller sollen künftig auch bei Führungen gezeigt werden. © Robin Droste

Hier geht's noch einmal aufs Klo. Es gibt dort noch zwei Plumpsklos – eines für Damen und eines für Herren. Selbstverständlich sind die inzwischen mit Brettern dicht verrammelt, trotzdem aber noch gut zu erkennen. Am Ende soll der Trakt nicht länger als Lagerraum dienen, sondern bei Führungen gezeigt werden.

100 Jahre alte Leitungen

Schließlich führt Pläsken die Besucher noch in den Heizungskeller. Die Anlage hier wird ausgetauscht. Das gilt für sämtliche Rohre im Haus aber auch für Elektrokabel und Wasserleitung, schließlich sei das Leitungssystem teils 100 Jahre alt – vor allem das der Heizung.

Die alte Heizung wird ersetzt. Das gilt auch für sämtliche Rohre im Haus.
Die alte Heizung wird ersetzt. Das gilt auch für sämtliche Rohre im Haus. © Robin Droste

„Wir erneuern die komplette Infrastruktur, der gesamte Putz kommt von den Wänden und zwischenzeitlich werden wir hier einen Rohbau haben“ verdeutlicht der Stadtsprecher den Aufwand.

Ab Ende April Steht das Gebäude leer

Es wird schon leerer Im Rathaus. Zuletzt ist das Bürgerbüro ausgezogen und hat sein Übergangsquartier im ehemaligen Katholischen Stadthaus bezogen, in der ersten April-Woche zieht dann auch die Verwaltungsspitze um. Der Oberbürgermeister, die Bürgermeister und die Dezernenten und Mitarbeiter kommen im RAG-Gebäude am Gleiwitzer Platz unter. Das Standesamt macht sozusagen die Tür zu. In der letzten April-Woche ziehen die Mitarbeiter um in das ehemalige Pastorat von Liebfrauen auf dem Eigen. „Wir liegen voll im Zeitplan, sagt Stadtsprecher Andreas Pläsken.

Die politischen Gremien sind quasi schon ausgezogen. In der vergangenen Woche fand die letzte Ratssitzung im Ratssaal statt, künftig tagen die Ausschüsse im Stadthaus, der Rat in der Aula Welheim.

Das Sitzungszimmer 111 – hier tagten die Ausschüsse des Rates – ist bereits ausgeräumt. Eine Leserin hält die Kunst an den Wänden im Foto fest.
Das Sitzungszimmer 111 – hier tagten die Ausschüsse des Rates – ist bereits ausgeräumt. Eine Leserin hält die Kunst an den Wänden im Foto fest. © Robin Droste

Ab dem 2. Mai übernehmen dann die Handwerker und Bauarbeiter das Kommando in dem historischen Haus. Rund neun Millionen Euro kostet die Sanierung des Gebäudes, so die Kalkulation. Dafür fließen Fördergelder.

Erste große Sanierung des Hauses

Seit der Errichtung des Rathauses – der alte Teil an der Kirchhellener Straße wurde 1878 fertig, der neuere Teil 1916 – sind an dem Gebäude keine grundlegenden Erneuerungen vorgenommen worden. Einzige Ausnahme: Eine Dachreparatur nach einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg. Entsprechend viel ist nun zu tun. Die Strom-, Wasser-, Heizungs- und Abwasserleitungen werden erneuert. Das bisher ungedämmte Dachgeschoss wird gedämmt, ebenso die Kellerdecke.

Ende 2018 soll dann alles fertig sein. Das ist zumindest geplant. Doch die Verantwortlichen sind vorsichtig. Schließlich handele es sich um eine Altbausanierung. Und wer das schon einmal gemacht hat weiß, dass man dabei vor unliebsamen Überraschungen nicht gefeit ist.