Bottrop. . Während die Feuerwehr oftmals noch als Männerdomäne gilt, arbeiten in der Ortswehr Boy fünf Frauen mit. Für sie gelten keine Sonderrechte.

Feuerwehr, das ist in Bottrop weitgehend Männerdomäne. Bei der Berufsfeuerwehr gibt es bisher noch keine Feuerwehrfrau, und auch unter den freiwilligen Kräften gibt es bisher nur wenige.

So gesehen ist die Ortswehr Boy die weiblichste Feuerwehr der Stadt. Gleich fünf Frauen engagieren sich in dem Löschzug. Eine von ihnen ist Laura Ennemoser. Beim Besuch der WAZ wird gerade das Bergen von Verletzten nach einem Unfall geübt. Vorn arbeiten die Kollegen mit Schere und Spreizer an dem Unfallwrack, die 24-Jährige muss die Einsatzstelle sichern. Sie sperrt vorschriftsmäßig ab, nicht dass die Feuerwehrkräfte bei solchen Einsätzen in noch größere Gefahr geraten.

Vor gut neun Monaten hat sie ihren Atemschutzlehrgang abgeschlossen, nun darf sie bei Brandeinsätzen auch in vorderster Front mitmachen. „Seitdem ist der Reiz, zum Einsatz zu fahren, noch einmal größer geworden.“ Dabei übt die Feuerwehr schon lange eine große Faszination auf sie aus. Vor neun Jahren hat sie in der Jugendfeuerwehr angefangen. Eine Mitschülerin habe sie mitgenommen, sagt Laura Ennemoser. „Die hatte Brüder, die waren bei der Feuerwehr und so hat sich das entwickelt.“ Mit 18 Jahren folgte dann der Übergang zur Ortswehr Boy – und es begann die Grundausbildung. Und da werden keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht.

Im Einsatz müssen Männer und Frauen dieselben Aufgaben übernehmen. „In der Grundausbildung haben wir also genauso angepackt wie die Männer, das gehört dazu.“ Im Zweifelsfall, wenn es doch mal körperliche Unterschiede gab, „dann habe ich es über den Willen ausgeglichen“. Und das glaubt man der jungen Frau sofort. Zwar hat sie auch jetzt bei der Übung längere, lackierte Fingernägel, „aber im Zweifel brechen die halt ab, na und?!“

Dass sie mit ihrem besonderen Ehrenamt in einer Männerdomäne unterwegs ist, sieht sie so gar nicht. „Das mag vielleicht nach außen so scheinen, aber das ist längst nicht mehr so“, sagt Laura Ennemoser aus ihrer Erfahrung. Die gelernte Arzthelferin jedenfalls ist begeistert bei der Sache – und froh, einen Arbeitgeber zu haben, der sie in ihrem Engagement unterstützt. Das sei nicht immer so gewesen, sagt sie. Doch seit einiger Zeit arbeitet sie im Sekretariat der Notfallambulanz des Marienhospitals. Bei der Bewerbung habe sie mit offenen Karten gespielt, erzählt die 24-Jährige.

Alle hätten dieser Aufgabe interessiert und offen gegenüber gestanden. Wenn nun der Pieper während der Arbeitszeit tönt, kann sie ausrücken.

Wegfall der Wehrpflicht

Das Gebiet, für das die Ortswehr Boy zuständig ist, umfasst zu allererst natürlich den Stadtteil. Aber darüber hinaus müssen die Boyer Feuerwehrkräfte auch nach Welheim ausrücken. Knapp 30 Leute engagieren sich aktiv bei der Ortswehr, dazu kommen die Ehemaligen. Inzwischen sei es schwieriger geworden, Nachwuchs zu finden, sagt der Leiter der Ortswehr, Gerd Leyener. „Das liegt auch am Wegfall der Wehrpflicht“, so seine Beobachtung. Bis dahin hätten sich immer noch regelmäßig Männer bei der Freiwilligen Feuerwehr verpflichtet, um keinen Wehr- oder Zivildienst leisten zu müssen. Stattdessen konnten sie sich für mehrere Jahre im Zivil- und Katastrophenschutz verpflichten – dazu zählt auch die Freiwillige Feuerwehr. Dieses Nachwuchsreservoir ist seit einiger Zeit weggefallen.

Wichtig sei, dass sich die Feuerwehr auch für den Stadtteil einsetzt, sagt Leyener. Einmal im Jahr lädt die Feuerwehr deshalb zum Erbsensuppenessen ins Gerätehaus. In der großen Gulaschkanone, die hinter den Löschfahrzeugen in der Fahrzeughalle steht, wird angerichtet – und alle Boyer und Bottroper Bürger sind eingeladen. „Das ist unsere feste Tradition“.

2004 sind die Boyer Feuerwehrleute in ihr Gerätehaus an der Wilhelm-Tenhagen-Straße umgezogen. Dort haben sie großzügige Umkleiden und Schulungsräume. Schließlich müssen auch die Boyer – wie alle freiwilligen Kräfte – einmal wöchentlich zum Dienstabend antreten. Immer freitags stehen Theorie und Praxis auf dem Programm.

Für die Verpflegung zuständig 
Die Gulaschkanone kommt beim Erbsensuppen-Essen zum Einsatz.
Die Gulaschkanone kommt beim Erbsensuppen-Essen zum Einsatz.

Was auffällt im Boyer Gerätehaus: Die große Küche direkt an der Fahrzeughalle. Die hat mit einer ganz besonderen Aufgabe der Ortswehr zu tun. Die Feuerwehr Boy ist nämlich verantwortlich für die Verpflegung bei längeren Einsätzen. „Das fängt an mit Getränken und reicht bis zu Mahlzeiten bei längeren Einsätzen“, sagt der stellvertretende Ortswehrführer Markus Urbanneck.

Bei Einsätzen entscheiden Einsatzleiter und Lagedienst, ob Verpflegung benötigt wird. Ist das der Fall, werden die Boyer benachrichtigt. Zuletzt etwa beim Brand der Villa an der Armeleler Straße. Der Einsatz begann in der Nacht und zog sich bis zum Morgen. In einer solchen Situation brauchen die Feuerwehrleute ausreichend Flüssigkeit und müssen auch etwas essen – es gab Leberkäsbrötchen. Als nach dem Pfingssturm Ela Einstzbereitschaften aus dem Münsterland in Bottrop waren haben die Boyer sie bekocht.

In großen Kühlschränken im Gerätehaus lagern immer einige Dinge für den ersten Noteinsatz. „Zusätzlich haben wir eine Vereinbarung mit einem Bottroper Großhändler. Den können wir anrufen und dort Tag und Nacht einkaufen“, sagt Urbanneck. Gekocht wird im Gerätehaus, dann geht es zum Einsatzort. Je nach Bedarf, seien dafür zwei bis acht Leute nötig.

Bei Gefahrgutunfällen sind die Boyer zuständig 

Bei Unfällen mit Gefahrgut sind die Boyer Feuerwehrkräfte ebenfalls gefordert. In so einem Fall sind sie zuständig für die Dekontamination von Personen und Verletzten. Das ist eine der Sonderaufgaben, die sie innerhalb der Stadtfeuerwehr übernehmen.

Das entsprechende Material, steht bei der Berufsfeuerwehr in der Fahrzeughalle. Dort ist alles in einem Container fertig zusammen gestellt. Im Falle des Falles nimmt ein Spezialfahrzeug den Container huckepack und bringt ihn zum Einsatzort. Hier ist dann die Ortswehr gefragt. Sie baut alles auf, bereitet es entsprechend vor und übernimmt dann auch die Dekontamination vor Ort.

„Durch diesen Denkontaminationsplatz werden die Betroffenen dann durchgeschleust und begutachtet“, erklärt Gerd Leyener das Vorgehen. Eine solche Einheit gehört zum Katastrophenschutz. Deshalb stellt das Land den Container zur Verfügung. „Für den Aufbau und den Betrieb brauchen wir neun Personen“, ergänzt Urbaneck. Dafür werden die Ortswehrmitglieder speziell ausgebildet.