Bottrop. . Nach 24 Jahren an der Spitze der Emschergenossenschaft blickt Jochen Stemplewski auf eine sich verändernde Stadt. Ein Interview.

Was ihn in Bottrop in dem Vierteljahrhundert an der Spitze der Emschergenossenschaft am meisten beeindruckte? „In dieser Stadt kann man mit den Entscheidern, aber auch mit den Bürgern etwas bewegen“, sagt Dr. Jochen Stemplewski. Bewegt hat der scheidende Wasser-Manager eine Menge, und immer war es von derart großer Dimension, dass sich ganze Stadtansichten veränderten. Kein Wunder angesichts einer runden Milliarde Euro, die 2020 allein in Bottrop investiert sein wird.

Der Emscher-Umbau setzte sich in Bewegung, als Anfang der 90er Jahre neue Kläranlagen entlang der Emscher errichten werden sollten. „Wir wollten das Problem mit dem Klärschlamm vor Ort lösen. Das setzte neue Techniken voraus. Es war nicht leicht, einen Standort für die größte und modernste Anlage zu finden. Bottrop bot dazu die Möglichkeit.“ Das Klärwerk blieb innovativ bis in die Gegenwart. Ihre Betreiberin hat es zu einem regenerativen Kraftwerk ausgebaut und ist dabei, den beträchtlichen Energiebedarf aus eigener Erzeugung zu decken. Nicht ohne Grund gehört die Emschergenossenschaft zu den Gesellschaftern der Innovation City.

Köttelbecken müssen weg

Frühjahr 1992: Der Neubau der Kläranlage ist beschlossen. Von links: Bürgermeister Paul Helbig, Heinz-Christian Baumgart (Emschergenossenschaft), Jochen Stemplewski, Klaus Matthiesen, MdL Klaus Strehl, Karl Ganser (IBA).
Frühjahr 1992: Der Neubau der Kläranlage ist beschlossen. Von links: Bürgermeister Paul Helbig, Heinz-Christian Baumgart (Emschergenossenschaft), Jochen Stemplewski, Klaus Matthiesen, MdL Klaus Strehl, Karl Ganser (IBA). © Emschergenossenschaft

Auch wenn der Anlass überwiegend technischer Art war, so schwang doch von Anfang an die Idee mit, die unzeitgemäßen und auch unfallträchtigen Köttelbecken verschwinden zu lassen und den Nebenarmen der Emscher wieder eine naturnahe Gestalt zu geben. Mehr noch, es sollte ein Kulturraum mit Aufenthaltsqualität entstehen. Die Internationale Bauausstellung Emscherpark (IBA) war geboren. „Ein entscheidender Impuls“, sagt Stemplewski, der als treibende Kräfte die damaligen Landespolitiker Christoph Zöpel und Klaus Matthiesen nennt.

Die Kläranlage im Bau: Eines der größten und modernsten Klärwerke in Europa entsteht an der Emscher in Bottrop. 1996 wird sie fertig.
Die Kläranlage im Bau: Eines der größten und modernsten Klärwerke in Europa entsteht an der Emscher in Bottrop. 1996 wird sie fertig. © Emschergenossenschaft

Weite Teile des Nebenarmsystems der Emscher sind in Bottrop inzwischen unterirdisch verrohrt, um die Schmutzfracht zur Kläranlage zu transportieren. An der Oberfläche plätschern saubere Bäche. „Wir stießen im Bottroper Oberlauf der Boye auf einen Fisch, der in einem unbelasteten Refugium überlebt hatte: die Emschergroppe. Sie ist für uns zu einer Art Wappentier geworden“, sagt Stemplewski. Die Groppe wurde längst auch in anderen Nebenläufen angesiedelt. Unterdessen taucht überall in den renaturierten Bereichen eine beachtliche Zahl an tierischen Heimkehrern auf.

Stadtkultur

Der Kirchschemmsbach fließt seit 2008 wieder naturnah.
Der Kirchschemmsbach fließt seit 2008 wieder naturnah. © WAZ

Das urbane Leben entlang der umgestalteten Bach- und Flussläufe verändert sich. Einst abgewandt, richten sich Wohnbebauung und Gärten wieder zu den Gewässern aus. Begleitende Rad- und Spazierwege sind Teil der Freizeitkultur geworden. „Die Umgestaltung wirkt in die Fläche“, beobachtet Stemplewski. Ganz stark übrigens in Ebel, wo die einstige Kläranlage zum Kulturort Berne-Park wurde.

Stemplewski spricht von einem Perspektivenwechsel, der seinerzeit Veränderungen einläutete. „Ich hatte die Gelegenheit, etwas für meine Heimat zu tun“, resümiert der scheidendende Verbandschef. Dafür sei er dankbar. „Der Stadt Bottrop bin ich in den vergangenen Jahrzehnten immer besonders eng verbunden gewesen. Ich bin sicher, dass es auch künftig als Privatmann Gelegenheiten gibt, wieder nach Bottrop zu kommen.“