Gelsenkirchen. Blauer Fluss in grüner Aue: Das soll einmal die renaturierte Emscher auf ihrer ganzen Länge sein, das ist sie heute bereits über eine weite Strecke.

Blauer Fluss, der in grüner Aue sanft dahinplätschert. Das soll einmal die renaturierte Emscher auf ihrer ganzen Länge sein, das ist sie heute bereits über eine weite Strecke. Auf seiner letzten Jahreshauptversammlung zeichnete der Ende Januar 2016 ausscheidende Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft, Dr. Jochen Stemplewski, ein Bild von einer schönen Revier-Welt. Nicht zuletzt, weil der Umbau dieser Alt-Kloake nach seinen Worten weiterhin im Plan liegt.

Im Jahr 2020, so lautete am Mittwoch in Bochum erneut die Ansage, soll das Mammutprojekt beendet sein. Ein Milliarden-Vorhaben. Mehr als 4,5 Milliarden Euro teuer, um es genauer zu benennen. Getragen wird der Emscher-Umbau zu etwa 82 Prozent von der Region durch die sie fließt; sprich: von den Verursachern. Die restlichen 18 Prozent kommen vom Land NRW und der Europäischen Union. Das Projekt versetzte jüngst Bundespräsident Joachim Gauck anlässlich einer Veranstaltung in Essen in Erstaunen, zumal der es bis dahin noch gar nicht kannte.

Zugewinn an Natur- und Freizeitraum

Gelsenkirchen gehört – nicht nur gefühlt – zu den zentralen Städten des Umbaus. Hier wurde Ende Oktober in Heßler der Durchbruch des unterirdisch verlaufenden Abwasserkanals, das Herzstück des Projekts, gefeiert, was selbstverständlich ein Thema für Jochen Stemplewski war.

Wie ein blaues Band soll die renaturierte „Schwatte“ ab 2020 durch die Mitte des Reviers fließen. Damit verbunden werden allgemein ein (erhoffter) Zugewinn an nutzbarem Natur- und Freizeitraum, auch um die Attraktivität der Stadtbilder zu erhöhen, um das Wort Schönheit nicht zu sehr zu strapazieren.

Die jüngsten Zahlen

Am Rande der Jahresversammlung kursierten auch die jüngsten Zahlen für Gelsenkirchen. Die Emschergenossenschaft hat demnach im Rahmen des Umbaus schon 414 Millionen Euro investiert. Insgesamt sind für den Kanalbau und die Gewässerumgestaltung Aufwendungen in einer Höhe von 640 Millionen Euro geplant. Davon wurden 396 Millionen Euro für den Bau von Abwasserkanälen eingebracht. Von insgesamt 56 Kilometern an geplanten neuen unterirdischen Kanälen sind 36 fertig gestellt. Noch 20 also bis 2020.

Irgendwie klingt alles nach Superlativ. Nach: Mehr geht nicht, schon gar nicht so reibungslos. 18 Millionen Euro flossen in den ökologischen Umbau von Gewässern sowie in die Regenrückhaltung. Angekündigt sind hier Investitionen in einer Höhe von 74 Millionen Euro. Umgebaut ist aktuell ein einen Kilometer langer Abschnitt des Lanferbachs (Buer/Beckhausen/Horst); weitere 32 Kilometer der Gelsenkirchener Gewässer sollen noch renaturiert werden – und von 530 000 Kubikmetern Rückhalteraum sind nach Angaben der Emschergenossenschaft bereits 270 000 geschaffen worden.

Fertig ist von der Emscher bis fast an die Essener Stadtgrenze der Abwasserkanal parallel zum Schwarzbach im Süden der Stadt. Die Renaturierung dieses Gewässers befinde sich in der Planung, heißt es. Derzeit baut die Emschergenossenschaft im Bereich des Sellmannsbachs und des Hüller Bachs. Auch die Rohre für den Abwasserkanal Emscher sind verlegt, nun werden die Schächte auf Gelsenkirchener Gebiet ausgebaut.

Fundamente werden gegossen

Eine große Maßnahme ist der Bau des Pumpwerks Gelsenkirchen auf der Emscher-Insel an den Sutumer Brücken. Der Rohbau ist fast fertig. Zurzeit werden nach Angaben der Genossenschaft in mehr als 30 Metern Tiefe die Fundamente für die gewaltigen Pumpen gegossen, die einmal mit verhindern sollen, dass das Ruhrgebiet im wahrsten Sinne des Wortes absäuft. Die Maschinen- und Elektrotechnik soll 2016 installiert werden. In Betrieb gehen soll die Anlage ein Jahr später, wenn auch der Abwasserkanal Emscher erstmals das Schmutzwasser der Region aufnimmt.