Bottrop/Gladbeck. Überraschung im Prozess um Mord auf dem Bauernhof: Die Ex-Geliebte des Angeklagten ließ ankündigen, sie wolle schweigen.
Caritas-Mitarbeiter und Schweinezüchter Thomas S. (40), vor dem Essener Schwurgericht wegen des Mordes an seiner Ehefrau Andrea (35) angeklagt, hatte in seiner Aussage am Dienstag von einem Fremden als Mörder gesprochen. Dass aber ausgerechnet seine ehemalige Freundin von der Grenzstraße in Dorsten sich selbst in den Verdacht der Tat rückt, wird er wohl kaum beabsichtigt haben.
Bislang hatte sie bei der Essener Strafjustiz niemand in der Nähe des Mordes gesehen. Für Verwunderung sorgte deshalb ihre über einen Anwalt vorgetragene Ankündigung, vor dem Schwurgericht die Aussage zu verweigern. Das würde problemlos gehen, wenn sie mit dem Angeklagten verwandt oder verlobt wäre. Aber das ist sie nicht. Sie aber will nach § 55 der Strafprozessordnung die Auskunft verweigern, um „sich selbst oder einen nahen Angehörigen nicht in die Gefahr der Strafverfolgung zu bringen“. Sinn der Vorschrift ist, dass ein Zeuge nicht lügt, wenn er nach seiner Tatbeteiligung gefragt wird und tatsächlich dafür verantwortlich ist. Dem Schwurgericht gefiel diese Ankündigung jedenfalls nicht. Richter Andreas Labentz sagte, dass die Kammer es nicht gut finde, dass der Anwalt dieser Zeugin, Siegmund Benecken, aus derselben Kanzlei komme wie Hans Reinhardt, Verteidiger des Angeklagten. Jetzt soll die Ex-Geliebte ein anderes Mal gehört werden.
Ihr Ehemann sagte aus. Der 44-Jährige bemühte sich um Sachlichkeit. Ob er sich erklären könne, warum seine Frau schweigen wolle? „Sie hat einfach Angst vor einer Aussage“, sagte er. Das klang nachvollziehbar, wenn man als Nebenbuhlerin einer später ermordeten Frau vor Gericht auftreten soll.
Am dritten Prozesstag hörte das Gericht Arbeitskollegen und eben den Ehemann der Geliebten. Deutlich wurde, dass der Angeklagte es mit der Wahrheit nicht so genau nahm. Ein Arbeitskollege schilderte, wie er neben Thomas S. stand, als dieser vom Notarzt den Tod der Ehefrau mitgeteilt bekam: „Das ging mir nahe. Er weinte bitterlich, schrie und übergab sich.“ Richter Labentz: „Da hat er Ihnen was vorgespielt. Nach eigenen Worten wusste er ja schon von ihrem Tod.“ Und als der Ehemann der Geliebten Thomas S. mal gefragt hatte, ob an den Fremdgehgerüchten etwas sei, soll der Angeklagte ebenfalls gelogen haben: „Da ist nichts dran. Schick mir doch einen hinterher, dann siehst Du es.“