Bochum. . Eppendorf schneidet beim „Gemeinschaftsgefühl“ sehr gut ab. Die Heimatfreunde wundert das nicht. Sie arbeiten offensiv daran, dass das so bleibt.

Was in Eppendorf „Gemeinschaftsgefühl“ bedeutet, das wird beim WAZ-Termin vor Ort deutlich. Zum Gespräch mit dem Heimatverein erscheint nicht nur der Vorsitzende, sondern fast der komplette Vorstand nebst weiteren Interessierten.

Ohne Umschweife kommt die große Runde am großen Tisch in der Scheune des Thorpe-Heimatmuseums auf kommunikative Art zusammen – und widmet sich ausgiebig den neugierigen Fragen des Reporters. Dazu wird Kaffee eingeschenkt; ohne viel zu fragen, kommt immer wieder Nachschub. Und es wird weiter geredet.

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Wenn man auf diese Weise den Vorsitzenden Joachim Fuhrmann-Randau und dessen Mitstreitern kennenlernt, wundert man sich nicht über den Satz, der gleich nach der Begrüßung fällt: „Dass Eppendorf beim WAZ-Stadtteilcheck ganz vorn landet, hat uns nicht gewundert“, sagt Geschäftsführer Gerd Robok. „Sonst hätten wir ja auch ‘was falsch gemacht“, wirft Christian Schreiber, der Schatzmeister, ein. Große Erheiterung! Nein, falsch gemacht haben sie nicht viel in Eppendorf. Sondern, was den Zusammenhalt im Sprengel angeht, eine ganz Menge richtig.

Eine Siedlung, die bereits 890 als Abbingthorpe urkundlich erwähnt worden ist

Eppendorf ist ein Ortsteil, der „eigentlich“ zu Wattenscheid gehört, und doch ist das Zugehörigkeitsgefühl nicht wirklich festgepflockt. „Manche Eppendorfer fühlen sich als Wattenscheider, andere eher als Bochumer, wegen der Nähe zu Weitmar“, sagt Hermann Lüke. Tatsächlich ist Eppendorf mit seinen rund 10.000 Einwohnern nicht gerade klein; das Einzugsgebiet erstreckt sich von der Bahnlinie an der Engelsburg über den Dorfkern Am Thie bis zum Munscheider Damm. Ob nun Bochumer oder Wattenscheider, das spielt am Ende dann doch keine Rolle. „Schreiben Sie einfach, Eppendorfer sind Eppendorfer!“, sagt Robok. Wieder Heiterkeit und zustimmendes Kopfnicken.

Zum traditionellen Osterfeuer des Eppendorfer Heimatvereins kommen über 1000 Besucher.
Zum traditionellen Osterfeuer des Eppendorfer Heimatvereins kommen über 1000 Besucher. © Gero Helm

Was das Geheimnis des Zusammenhalts angeht, so ist es eigentlich gar keines. Eppendorf ist eine alte Siedlung, sie wurde bereits 890 als Abbingthorpe urkundlich erwähnt. Entsprechend viel Zeit stand zur Verfügung, um zusammenzuwachsen. „Wir waren halt immer ein Dorf im Sinne des Wortes“, sagt Schriftführerin Inga Schreiber, „und sind es bis heute geblieben.“ Wenn sie zum Einkaufen in den Rewe ins „Dorf“ ginge, schildert Helga Behler, wüsste sie nie, wann sie wieder zu Hause sei: „So viele Leute treffe ich unterwegs.“ Zeit auf einen Schnack ist immer, und die Themen gehen nie aus.

Helga Behler (74) ist in Eppendorf groß geworden.
Helga Behler (74) ist in Eppendorf groß geworden. © Gero Helm

Das Vereinswesen vor Ort und das gute ökumenische Zusammenspiel der katholischen und evangelischen Gemeinden haben die Eppendorfer als weiteren Baustein für ihr Heimatverbundenheit ausgemacht. Und, bei aller Bescheidenheit, auch sich selbst: An der Engelsburger Straße 9 führt der Verein seit 1998 das „Thorpe-Heimatmuseum“, bestehend aus diversen historischen Fachwerkhäusern, einer Streuobstwiese, Bienenstöcken, Schafhaltung, Kräutergarten, Museum und Ausstellungsstätten.

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Märchenstunden und Osterfeuer

„Hier am Museum laufen alle Aktivitäten der Eppendorfer zusammen“, sagt Fuhrmann-Randau, und niemand widerspricht. Märchenstunden gehören ebenso zum Angebot wie die herbstliche Apfellese. Und natürlich das Osterfeuer. „Da sind immer über 1000 Leute mit dabei“, sagt Robok stolz.

Allerhand Superlative also. Fast zu schön, um wahr zu sein, oder?

Na ja, entgegnen die Heimatfreunde, ein paar Misslichkeiten gäbe es schon. Zum Beispiel die vielen Neubauten, die rein architektonisch betrachtet immer öfter so gar nicht zum gewachsenen Ortsbild passten. Vergessen dürfe man auch nicht, dass die Bodenpreise in den letzten Jahren „in die Höhe geschossen“ seien. Der Stadtteil rangiert in der Beliebtheitsskala in Bochum weit oben, was die Wohn- und Lebensqualität angeht. Das hat seinen Preis: „Für viele, die sich für ein Haus oder Grundstück interessieren, ist Eppendorf inzwischen unerschwinglich geworden“, sagt Schreiber. Ein bisschen so wie in Stiepel also, oder in Altenbochum – ebenfalls Viertel, die als bevorzugt gelten. Und die man sich leisten können muss.

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„Irgendwann wird jeder, der hier wohnt, Eppendorfer“

Dass sich Eppendorf durch den Zuzug von Neubürgern in seinem Markenkern verändern, dass aus dem „Dorf“ dereinst ein „gehobenes Wohnquartier“ werde könnte, wo keiner keinen mehr kennt und abends alle in ihren Häusern bleiben, befürchten die Heimatfreunde übrigens nicht. Das wäre auch viel zu pessimistisch gedacht für einen Sprengel, dessen Bewohner seit über 1000 Jahren immer wieder Zugezogene integriert haben. „Irgendwann wird jeder, der hier wohnt, Eppendorfer“, sagt Hugo Hardering. Der 81-Jährige muss es wissen. Er fand „erst“ vor 15 Jahren in Eppendorf seine neue Heimat. Und möchte nicht mehr weg von hier.