Bochum-Hiltrop. 1954 wurde die Siedlungsgemeinschaft Hiltroper Heide gegründet. Elf Anwohner der ersten Stunde wohnen noch heute hier – und wollen nicht weg.

„Wir, mein erster Mann Gerd und unsere Tochter Rita, gehörten im Dezember 1953 zu den ersten, die in eines der neuen Häuser einziehen durften. Vorher wohnten wir bei meinen Eltern in Essen“, erinnert sich Else Hutmacher. Die 90-Jährige, die bis heute in ihrem Haus in der Marshall-Siedlung wohnt, gehört zu den elf Gründungsmitgliedern der Siedlergemeinschaft Hiltroper Heide, die noch dabei sind. Der Verein ehrte sie nun anlässlich des 65-jährigen Bestehens in der Gastronomie Kalinka (ehem. Katholisches Vereinshaus Gerthe).

Blick auf die Rückseite der ersten Häuser an der Dreihügelstraße 1 bis 35 im Jahr 1954. Die ersten Ein- und Zwei-Familienhäuser hatten noch einen Schuppen für Gartengeräte und Kleintierhaltung.
Blick auf die Rückseite der ersten Häuser an der Dreihügelstraße 1 bis 35 im Jahr 1954. Die ersten Ein- und Zwei-Familienhäuser hatten noch einen Schuppen für Gartengeräte und Kleintierhaltung. © Repro: Wicho Herrmann

Kassenwart Marian Kraus übernahm die Begrüßung der gut 80 Gäste. „Am 1. Januar 1954 gründeten wir unsere Siedlergemeinschaft in der ehemaligen Gaststätte ,Punge’ in Hiltrop-Dorf“, berichtet er. Alle Bewohner und Inhaber der 399 errichteten Ein- und Zwei-Familienhäuser mit insgesamt 506 Wohnungen waren dabei.

Am 3. Juli 1955 entstand daraus ein Verein, der Mitglied im „Deutschen-Siedler-Bund“ (DSB; heute Verband Wohneigentum), Regionalgruppe Dortmund wurde. Erster Vorsitzender war Franz Zimmermann. Ihm zur Seite standen Fritz Pott, Emil Reppstadt und Franz Schaab.

Bauarbeiten bereits ab 1952

„Der Bau der Siedlung begann bereits 1. August 1952 mit dem Straßenbau und den Kanalisationsarbeiten“, so Kraus weiter. Am 1. Oktober 1952 starteten die Hochbauarbeiten. Bauträger und Verwalter der Baumaßnahme war die „Bochumer Heimstätte“, heute VBW. Schon zu jenem Zeitpunkt stand fest, wer einziehen sollte.

Elf Gründungsmitglieder

Die Siedlergemeinschaft Hiltroper Heide gründete sich am 1. Januar 1954. Voran ging seit Sommer 1952 der Siedlungsbau in drei Abschnitten nördlich der Frauenlobstraße und westlich des Castroper Hellwegs.

Der heutige Vereinsvorstand ehrte zum 65. Geburtstag elf Jubilare, die seit den Anfangstagen dabei sind: Das sind Willi Bonin, Herbert Dziarstek, Marianne Glomp, Else Hutmacher, Peter Kastropp, Heinrich Ladwiq, Josef Lause, Karl Lindner, Ursula Prager, Ruth Schimpke und Ilse Weiß.

Der Verein unterstützt bis heute seine Mitglieder bei Wohnungs- und Nachbarschaftsfragen. Hinzukommen zahlreiche Gemeinschaftsaktionen über das Jahr. Höhepunkt ist Ende August das Siedlungsfest sowie der jährliche Ausflug.

„Die Betriebsräte und die Gewerkschaft IG Bergbau suchten bereits Anfang 1952 Bewerber unter den Bergleuten der Zechen „Lothringen“Constantin“ und „Mont-Cenis“ aus“, weiß der Kassenwart zu berichten. Die Architektengemeinschaft Buderus/Arent, die die Siedlung plante, präsentierten diesen Anfang September 1952 in der Aula der Volksschule Eifelstraße (heute Hilda-Heinemann-Schule) die gesamte Siedlung als Modell.

Häuser nach Modell ausgesucht

„Wir durften da auch schon unser Haus aussuchen“, erzählt Else Hutmacher. Warum Bergleute in den Genuss der Wohnungen kamen, weiß Walter Spiller, der ab Mai 1976 33 Jahre lang Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Hiltroper Heide war. Mit zwölf Jahren zog er 1954 ein. „Es herrschte nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Wohnungsnot. Die Amerikaner, die über den Marshallplan die Kredite für die Siedlung gaben, meinten, dass die Bergleute die wichtigsten Mitglieder des Wiederaufbaus in Deutschland seien“, berichtet der 78-Jährige.

Siedlungsfeste waren immer ein Erlebnis. Der Nachwuchs im Leiterwagen anno 1957. Im Bild vorne: Fritz Hutmacher und Rita Wundscher.
Siedlungsfeste waren immer ein Erlebnis. Der Nachwuchs im Leiterwagen anno 1957. Im Bild vorne: Fritz Hutmacher und Rita Wundscher. © Repro: Wicho Herrmann

Der Grund: Ob Strom- oder Stahlerzeugung, Benzinproduktion oder Kochen und Heizen in den Wohnungen: alles lief fast nur mit Hilfe der Kohle. Ende 1953 sowie Anfang 1954 zogen 252 Bergleute von der Zeche Lothringen und 126 von der Zeche Constantin in die neuen Häuser ein. Allesamt hatten sich entschlossen, Eigenheimbesitzer zu werden.

„Habe keinen Tag bereut“

„Ab Januar 1954 ging es dann ans Abbezahlen“, sagt Hutmacher dazu. Das Fazit der 90-Jährigen: „Ich habe an keinem Tag bereut, hier zu wohnen. Wir hatten über alle Jahre eine sehr gute Nachbarschaft. So lange es geht, will ich hier wohnen bleiben.“ Ihre Freundinnen Emmie und Lisbeth nicken zustimmend.