Mitte. . Gabriele Spork wurde eher unerwartet Bezirksbürgermeisterin in Mitte. Ihre wichtigsten Themen sind: Soziale Gerechtigkeit, Bildung, Quartiere stärken, Nahversorgung für Riemke, ein Gemeinschaftstreff in Altenbochum

Gabriele Spork (50) ist seit der Kommunalwahl in der Bezirksvertretung Mitte und wurde gleich zur Bezirksbürgermeisterin gewählt, nachdem Dieter Heldt kurzfristig zurückgetreten war. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder. Die examinierte Altenpflegerin liebt ihren Job: „Es ist mein Traumberuf“, sagt sie. Das Soziale, die Empathie, schlummerten schon immer in ihr. Zuvor hatte Gabi Spork von 1994 bis ‘98 die Kneipe Fliegenpils an der Hofsteder Straße. WAZ-Redakteurin Sabine Vogt sprach mit der neuen Bezirksbürgermeisterin.

Wie kam es so plötzlich zum Ehrenamt Bezirksbürgermeisterin?

Gabi Spork: Ich stand auf Listenplatz zwei. Ich wollte zwar in Heldts Fußstapfen treten, aber nicht sofort. Geplant war, dass ich zunächst als normales Mitglied in den Bezirk gehe, um die Arbeit kennenzulernen. Als Dieter Heldt dann seine Wiederwahl nicht annahm, dachte ich: Upps. Aber ich bin niemand, der kneift.

Wie war Ihr politischer Werdegang?

Spork: Eigentlich war ich schon früh politisch aktiv. Angefangen hat’s mit Mai-Demos, ich war in der Friedensbewegung. Seit elf Jahren bin ich in der SPD. Der Kontakt kam über die Elternarbeit in Kita und Schule zustande. Genauso lange bin ich im Ortsverein Riemke, seit vier Jahren im Stadtbezirk.

Was sind für Sie die wichtigsten Themen dieser Legislaturperiode?


Spork: Quartiere stärken, soziale Gerechtigkeit, besonders im Bereich Bildung, Erhalt von Bäumen, Nahversorgung für Riemke – hier fehlen noch immer Investoren – sowie ein geeigneter Standort, um diese Lücke zu füllen.

Wo wollen Sie Ihre eigenen Schwerpunkte setzen?


Spork:
Ich sehe mich eher als jemanden, der zuhört. Bürgerbeteiligung ist mir enorm wichtig. Ich verstehe mich als Vermittler, solange es moralisch nicht verwerflich ist, was die Leute erwarten. Die Bürgerfragestunde zu Beginn jeder Bezirkssitzung ist eine gute Sache. Die Stärkung der Stadtteilzentren liegt mir am Herzen, etwa Initiativen wie Stadtteilladen Grumme, Alsenwohnzimmer, HaRiHo und Friedenskirche.

Was läuft gut im Bereich Bezirk Mitte, was sollte ausgebaut werden?


Spork: Der Stadtumbau West ist eine tolle Sache; gut auch, dass das Projekt in Goldhamme weiterlaufen kann. Die Seniorenbüros hatten einen guten Start, auch die Stärkung der Stadtteilzentren geht voran


Fundierte Erkenntnisse setzen

Was sollte sich ändern, wie sieht der neue politische Stil aus, auch in Bezug auf die anhaltende Debatte über die mögliche Öffnung der Hordeler Straße?


Spork: Ich habe immer betont, allen Seiten gegenüber gesprächsbereit zu sein, aber auch, dass mit mir keine kurzfristige Lösung zu machen ist, mit der dann Fakten geschaffen würden. Es laufen bereits Gespräche zu diesem Thema. Es macht doch keinen Sinn, ad hoc 80.000 Euro für eine Ampel usw. aufzubringen. Wir wollen auf fundierte Erkenntnisse vieler Beteiligter setzen. Natürlich werde ich auch mit der CDU reden. (Anm. d. Red.: In der jüngsten Bezirksvertretungssitzung war ein Runder Tisch zum Thema vereinbart worden; der soll voraussichtlich im November stattfinden).


Im Bezirk Ost werden Sprechstunden speziell für Jugendliche angeboten. Ein Beispiel, das aufgegriffen werden könnte?


Spork:
Im Bezirk Mitte gab’s mal Sprechstunden, doch es kam keiner. Wenn heute jemand ein Anliegen hat, meldet er sich telefonisch ( 910-2007), und ich kümmere mich. Sprechstunden mit Jugendlichen sollten dort stattfinden, wo die Jugendlichen sich aufhalten.

Gewerbe, Infrastruktur, Wirtschaftsförderung: Was ist im Bezirk Mitte wichtig, auch, wenn die politischen Entscheidungen an anderer Stelle fallen?


Spork:
Die Frage ist doch, wo kann die Stadt, die Politik, den Unternehmen entgegenkommen, z.B. auch in Fragen mangelnder Nahversorgung. Ich bin offen für jeden, der eine Anregung geben möchte, oder Wünsche hat. Man muss natürlich Interessen abwägen zwischen Betrieben und Wohngebieten.

Welche städtebaulichen Vorhaben drängen sich auf? Welche Schandflecken sind noch ein Ärgernis?


Spork: Die nächsten Pläne betreffen die Mensa der Goetheschule und die Stadtentwicklung Goldhamme. Bauruinen nerven an der Kohlenstraße – die dortige Villa. Auch im Kortumpark muss viel gemacht werden; der Brunnen liegt trocken.

Senioreneinrichtung Glockengarten: Wie weit sind die Bemühungen um Erhalt des Gemeinschaftssaals für den Stadtteil Altenbochum?


Spork: In der Post im Stadtteil liegt eine Liste aus, in der sich jeder eintragen kann, der für den Erhalt ist. Die Stadt ist indes nicht zuständig, bekanntlich wurden die kommunalen Altenpflegeeinrichtungen in eine eigene Gesellschaft ausgelagert (SBO mit den Häusern Glockengarten, Bayern- und Grabelohstraße, d. Red.). Klar ist, der alte Saal wird mit abgerissen. In Planung scheint ein kleinerer Saal für bis zu 60 Personen. Ich unterstütze ausdrücklich die Forderung des Seniorenbeirats, dass für Altenbochum ein Ersatz als Treffpunkt geschaffen werden muss.

Wie bewerten Sie die bisherige Zusammenarbeit mit Ihren Koalitionspartnern?

Spork: Ich empfinde die Zusammenarbeit mit meinen Koalitionspartnern als ungemein offen, bereichernd und konstruktiv. Sie ist von Vertrauen und Sympathie geprägt.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit der Opposition? Sehen Sie sie eher als politische Gegner oder als Mitstreiter für das Wohl des Bezirks?

Spork: Ich bin pragmatisch und daher grundsätzlich an Lösungen interessiert. Mein Eindruck von den Bezirksvertretern der CDU ist, dass diese auch den Bürger im Blick haben. Wir werden sicher miteinander über Ziele und Wege dahin reden, streiten und sicherlich gelegentlich auch mal einig sein.

CDU hofft auf mehr Zusammenarbeit im Gremium 

James Wille ist als CDU-Fraktionschef der Oppositionsführer im Bezirk. Auch er schlägt versöhnliche Töne an.

Sehen Sie durch den Wechsel von Dieter Heldt auf Gabi Spork als Bezirksbürgermeister einen neuen politischen Umgang?
James Wille:
Dass Gabi Spork Gesprächsbereitschaft zeigt, z.B. zur Hordeler Straße,

ist schon ein Fortschritt, nachdem es zuvor jahreslang nur ideologische Grabenkämpfe gab.

Was sind für Sie aktuell die wichtigsten Themen?


Wille:
Wir wollten uns eigentlich um die Pflege der Parks kümmern, doch Sturmtief Ela fegte alle Pläne über den Haufen; nun gilt es, die Schäden zu beseitigen. Außerdem geht es um Flüchtlinge, auch im Bezirk Mitte wird es in Riemke einen Unterkunfts-Standort geben. Das wird eine vorrangige Aufgabe sein.

Sie haben angeregt, dass der Bezirk Mitte mehr Eigenmittel bekommen müsse. Bleiben Sie dabei?


Wille:
Wir werden dem Rat vorschlagen, mittelfristig eine gerechtere Verteilung zu schaffen. Der Bezirk Mitte trägt als einer von fünfen mit 60 Prozent die Hauptlast des Sanierungsstaus. Wir bekommen 900 000 Euro, brauchen mindestens das Doppelte. Aber das ginge natürlich zu Lasten der anderen.