Bochum. . Seit 22 Jahren engagiert sich das Fanprojekt beim VfL Bochum gegen Gewalt, Homophobie, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und mehr. Der Fußball ist dabei nur der Aufhänger. Die Arbeit mit den Fans ist das eine, die Arbeit für die Fans das andere, denn das Team betreibt auch Lobbyarbeit.
Fußball ist ein Sport, der die Menschen bewegt, für Emotionen sorgt. Manchmal schwappen die, gerade im und um das Stadion, über. Das Fanprojekt Bochum versucht seit über 20 Jahren, diesem Trend entgegenzuwirken. „Für viele ist Fußball ein Ventil, durch unsere Angebote sorgen wir dafür, dass die Jugendlichen die Luft woanders raus lassen können“, sagt Ralf Zänger, Leiter des Fanprojekts in Bochum.
Den Zugang zu den Jugendlichen bekommt das gewaltpräventive Projekt über den Fußball, zum Beispiel bei Auswährtsfahrten, bei denen immer mindestens ein Mitarbeiter aus dem Fanprojekt dabei ist. „So etwas kann ein wichtiger Einstieg in unsere Arbeit sein“, sagt Zänger. Dabei treffen die VfL-Anhänger bei U18-Fahrten nach dem Duell der Lieblingsklubs in einer lockeren Gesprächsrunde auf die Gästefans. So lernen die Jugendlichen schon früh, dass die Konkurrenz auf dem Spielfeld sich nicht auf den Alltag ausbreiten muss.
Gegen Rassismus und Homophobie
Mit dem Aufhänger Fußball will das Fanprojekt in vielen Bereichen etwas bewegen, ob beim Engagement gegen Rassismus und Homophobie oder bei Aktionen wie Straßenfußball mit dem mobilen Soccer-Court. Klare Regeln stehen dabei ebenso wie der Spaß im Vordergrund. Auch Bildung ist immer ein Thema. Beim Projekt „Soccer meats learning“, das von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt wird, können die Jugendlichen im Stadion lernen. Themen wie Politik werden modern angefasst, mit Rap-Songs und Graffiti schmackhaft gemacht. Beim IT-Fitnesscamp steht, ebenfalls im Stadion, die Berufsorientierung im Vordergrund.
Für alle Fans von 14 bis 27 Jahren
Die Zielgruppe des Fanprojekts sind die 14- bis 27-Jährigen, doch es wird generationenübergreifend gearbeitet. Die Älteren machen bei vielen Aktionen noch mit, sind oft später im ehrenamtlichen Bereich tätig oder vermitteln Kontakte für verschiedene Projekte.
In Bochum wird das Fanprojekt zu 50 Prozent vom Fußball getragen, und zu je 25 Prozent von Land und Stadt. In Bochum sind auch die Arbeiter-Wohlfahrt (AWO) und das Jugendamt Träger.
Die Arbeit mit den Fans ist das eine, die Arbeit für die Fans das andere, denn das Team betreibt auch Lobbyarbeit. „Wir sind eine Drehpunkteinrichtung. Es gibt immer zwei Seiten jeder Medaille, zwischen denen es zu vermitteln gibt. Akzeptanz und Toleranz sind da zwei wichtige Stichworte“, sagt Zänger, der auch in der Stadionverbots-Kommission sitzt: „Ich bin grundsätzlich für den Dialog und die Arbeit mit den Fans und sehe Stadionverbote auch kritisch. Es gilt, die Fankultur zu verstehen, Entscheidungen transparent zu machen.“ Die Kommission allerdings gibt nur Empfehlungen weiter, die letzte Entscheidung liegt beim Verein.
Diplom-Sozialarbeiter vom Jugendamt der Stadt Bochum
In Deutschland gibt es 55 Fan-Projekte, davon 15 in NRW, Bochum war eines der ersten bundesweit. Wegen der guten Verbindung zu den anderen Einrichtungen, stimmen sich die Fanprojekte im Vorfeld der Spiele auch mit den Vereinen in Sachen Sicherheit ab, tauschen im „Kurvengespräch“ letzte Infos aus. Mit drei hauptamtlichen, neben Zänger sind das Benjamin Bödecker sowie Florian Kovatsch, und zwei Honorar-Kräften arbeitet das Fan-Projekt insgesamt aber mit allen im Fußball involvierten Institutionen zusammen, um zu vermitteln, Lösungen zu finden und neue Projekte zu starten.
Zänger ist ein alter Hase, er ist schon 22 Jahre dabei, hat das Fanprojekt von den Kinderschuhen an begleitet und mit aufgebaut. Der Diplom-Sozialarbeiter vom Jugendamt der Stadt Bochum hat als Jugendlicher selbst beim VfL gespielt, seine Liebe zum Verein muss der 53-Jährige wegen seiner Tätigkeit beim Fanprojekt aber im Zaum halten. „Ich muss ja die Distanz wahren“, sagt Zänger: „Mein größter Wunsch wäre es, dass die Menschen, die im Fußball miteinander zu tun haben, mehr miteinander reden.“